Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Aufsehen zu erregen.«
»Was ist mit Felicia? Kann die dir nicht helfen?«, fragte Cassidy.
»Du hast sie doch gehört«, antwortete Jade. »Sie hat Wichtigeres zu tun, als mir unter die Arme zu greifen.« Sie runzelte die Stirn und fügte mit einem Gesichtsausdruck hinzu, der nur als Geistesblitz beschrieben werden konnte: »Hast du nicht gesagt, Jiao hätte ihren Wasserstoffwagen bei Charles stehengelassen? Sie lagert bei ihm immer mehr als genug Reserveflaschen ein.«
Cassidy nickte zaghaft und fragte sich dabei, wie weit Jades und Jiaos Bekanntschaft in Wirklichkeit ging.
»Aber die Armee wird den doch bestimmt beschlagnahmt haben, oder nicht?«
»Im Leben nicht«, erwiderte Jade kopfschüttelnd. »Die sind seit dem Krieg gegen Jiaos Leute sehr vorsichtig, was deren Technik angeht. Außerdem haben sie nur die Hälfte von Angels Team ausgeliefert bekommen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sie den Geländewagen als Köder für Angel benutzen.«
»Na toll. Der fällt also flach«, kombinierte Dog entmutigt.
»Ganz im Gegenteil«, entgegnete Jade. »Bestimmt haben die nicht mehr als eine Handvoll Legionäre auf der Farm zurückgelassen und wissen noch gar nichts von Jiaos Luftangriff auf den Konvoi. Außerdem können sie einer direkten Anweisung von mir nicht einfach widersprechen.« Mit diesen Worten drehte sie sich zur Tür um und rief über ihre Schulter: »Pack deine Sachen! Wir holen uns das Prachtstück!«
2 – Respekt
» F ür eine Bande von angeblich allmächtigen Agentinnen fahrt ihr verdammt erbärmliche Schüsseln!«, beschwerte sich Dog von der ausgeleierten Rückbank. Jade fuhr seit ihrem Aufbruch von der verwitterten Farm, auf der sie Cassidy von Jiao getrennt hatte, einen uralten Kombi, der wirklich nur noch den Begriff Rostlaube verdiente. Das erklärte auch, warum sie auf einen neuen fahrbaren Untersatz für die Reise nach Alexandria bestanden hatte.
»Anders als die Legionäre oder die Sacerdos werden die Bacchae von niemandem bezahlt«, erwiderte sie mit einem defensiven Unterton, der ihren Unmut darüber zum Ausdruck brachte. »Wir müssen selbst für unsere Ausrüstung Sorge tragen, was uns eben manchmal zur Improvisation zwingt.«
Cassidy hatte die Beine angezogen und blickte verängstigt aus der fehlenden Beifahrertür. Sie musste sich bei scharfen Rechtskurven gut festhalten, um nicht aus dem scheppernden Schrotthaufen geschleudert zu werden. Einen Sicherheitsgurt suchte sie vergeblich. Die ganze Fahrt über flog ihr zudem der feine Steppensand ins Gesicht, so dass ihre Haut jeder Scharfschützentarnprüfung standgehalten hätte, als sie nach gut drei Stunden endlich auf den Feldweg zu Charles‘ Farm abbogen.
Mit krächzendem Husten und Würgen reinigte sie ihre Atemwege und nahm an, dass Jade den Wagen in sicherem Abstand parken und zu Fuß die Lage sondieren würde. Doch stattdessen trat die ebenfalls völlig versandete Fahrerin jetzt erst recht auf das Gaspedal. Sie jagte die Nuckelpinne mit einem derart lauten Geklapper auf das Herrenhaus zu, das den ans Auto gehängten Dosen einer Hochzeitsgesellschaft ähnelte. Nicht einmal der schwerhörige Victor hätte sie bei diesem Lärm überhören können.
Erst als Jade direkt vor Charles‘ Wohnsitz den Motor abstellte, kehrte wieder Ruhe ein. Bis auf ein paar Sklaven, die in der Abenddämmerung von den Feldern zurückkehrten und sie neugierig beäugten, konnten sie niemanden sehen. Jade stieg aus und wies Dog an, ihr mit dem Maschinengewehr im Arm nicht von der Seite zu weichen. Cassidy sollte in der Nähe des Wagens bleiben. Widerwillig folgte der Hüne ihrem Befehl, während sich Cassidy den Staub aus den Klamotten klopfte und sich anschließend hinter den Vorderreifen der Beifahrerseite hockte.
Dog zeigte auf die Scheune, in der Jiao den Geländewagen abgestellt hatte. Sie gingen ein paar Schritte darauf zu, doch bevor sie hineinsehen konnten, öffneten sich die Doppeltüren des Herrenhauses. Charles wurde von einer glatzköpfigen Frau in sandfarbener Legionärskleidung und rotem Barett bis zur Rampe gefahren. Anschließend winkte sie Jade herbei. Nun stand fest, dass die Armee längst nicht abgezogen waren. Ehe der alte Rollstuhlfahrer etwas zu sagen vermochte, ergriff die Soldatin das Wort.
»Was führt euch in diese Gegend, Herrin?«, rief sie Jade angespannt entgegen. Sie hatte ihren Respekt vor den Bacchae nicht vergessen, doch ihr selbstsicheres Auftreten und ihre vorwurfsvolle Stimmlage machten deutlich, wie
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