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Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)

Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)

Titel: Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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erlebt. In Eagle Village war sie ganz Herr der Lage gewesen, als sie Cassidy wie ein Stück Vieh auf dem Marktplatz begutachtet hatte. In Brackwood tänzelte sie um Angel herum wie eine Wildkatze, die mit ihrer Beute spielte, und in Arnac war sie die unbeugsame Befehlshaberin gewesen, die sich gegen vier bewaffnete Männer stellte, um ihrer Position Ausdruck zu verleihen. Zum ersten Mal wirkte sie nachdenklich und unentschlossen.
    Als Cassidy kurz davor war, sie nach ihren Sorgen zu fragen, trank Jade ihr Glas mit einem Mal aus.
    »Aufbruch morgen sechs Uhr«, sagte sie mit fester Stimme, stellte das leere Glas auf den Kamintisch und stampfte die Treppe zum zweiten Stock hoch, wo ihr die Hausdamen das Gästezimmer vorbereitet hatten. Cassidy blickte Jade verwundert hinterher, bis Dog mit den Schultern zuckte und sich gleichgültig nachschenkte.
    »Nehmt es ihr nicht übel«, brummte Charles. »Nur Jade weiß, was in Jade vorgeht.«
     
    ***
     
Als die Sklaven im Morgengrauen auf die Felder geschickt wurden, war Jade bereits mit der Überprüfung des Geländewagens beschäftigt. Sie wirkte abgekämpft und mit den Gedanken woanders, so als hätte sie die Nacht kaum geschlafen.
    Cassidy hingegen fühlte sich wie neu geboren. Nach dem Hubschrauberabsturz, den heißen Stunden in Arnac und dem klapprigen Auto hatte ihr das kuschlige Bett in dem Herrenhaus so richtig gutgetan. Die Belegschaft war schon den ganzen Morgen mit dem Schmieren von Broten und dem Kochen von Fleisch beschäftigt. Bei den Sicarii durften Sklaven nämlich keinen Hunger leiden, wie Charles ihr beim Frühstück erklärte.
    Nach jedem Eroberungsfeldzug des Imperiums fiel allen Besiegten der Status von Sklaven zu, in dem sie sich fünf Jahre bewähren mussten, sofern sie sich nicht friedlich unterworfen hatten. Wer den Gesetzen folgte und seiner zugewiesenen Arbeit nachging, erhielt im Laufe dieses Zeitraums den Status eines freien Menschen und hatte außerdem die Chance, die Staatsbürgerschaft des Sicariianischen Imperiums zu erlangen. Dabei legten die Sicarii für gewöhnlich großen Wert darauf, Familien zusammenzuhalten, damit die eroberten Völker ein Ziel vor Augen hatten, für das es sich zu leben lohnte. Die einzige Ausnahme bildeten Kinder unter zehn Jahren, die sofort den Status als Freie erhielten und nach Alexandria kamen. Ältere Kinder und Jugendliche wurden zunächst genauer untersucht, um festzustellen, ob sie noch formbar genug waren, oder stattdessen die Prozedur der Erwachsenen durchlaufen mussten.
    Wer sich nach dem Ende eines Krieges nicht unterwarf, wurde entweder ins Gefängnis gesteckt oder hingerichtet; je nach Gefährlichkeit. Unterschiede gab es lediglich bei Vernichtungskriegen, bei denen der Feind völlig ausgelöscht werden sollte, um beispielsweise einem neuen Verbündeten unter die Arme zu greifen, wie es mit den Rangern geschehen war.
    Charles vertrat die Einstellung, dass es beileibe kein perfektes System war, aber er beharrte auf dem Standpunkt, dass nach den Chaosjahren der Endzeit ein Schlussstrich gezogen werden musste. Bis auf seltene Zwischenfälle seien die Sicarii für ihn ein Segen gewesen. Er stimmte Jade zu, dass die Legion seit ihrer Niederlage in Silver Valley an Kontrollverlust litt, hielt sich jedoch mit Schuldzuweisungen zurück.
    Bei Strafgefangenen verfuhr das Imperium ähnlich. Es gab keine Haftstrafen von über sechs Jahren. Jeder längere Aufenthalt im Tartarus, dem sicariianischen Gefängnis, würde mit Sicherheit schwere psychische Folgen nach sich ziehen, die eine Resozialisierung in den meisten Fällen ausschlossen.
    Straftaten wie Kindesmisshandlungen, Mord aus niederen Motiven oder sexueller Missbrauch, die mit einer solch vergleichsweise kurzen Haftdauer nicht abgegolten werden konnten, führten häufig zu einer sofortigen Hinrichtung oder zum sogenannten Entzug der Menschlichkeit . Was das genau bedeutete, wusste Charles nicht. Allerdings wurden die Täter anschließend nie wieder gesehen.
    Alle anderen Verbrechen ließen sich alternativ mit einem verkürzten Dasein als Sklave abgelten. Der Großteil der sicariianischen Bürger begrüßte und respektierte diese Form der Strafe, weil ein Gesetzesbrecher damit zeigte, dass er seine Tat aufrichtig bereute und bereit war, dafür zu büßen. Man wurde auf den Sklavenmärkten wie im Altertum verkauft und das Geld kam den Geschädigten zugute.
    Cassidy hörte Charles‘ Ausführungen interessiert zu und verglich sie mit den Erzählungen ihres

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