Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Neceskolonie anlocken würde.
»Hast du was zum Abbinden? Irgendwelche sauberen Tücher?«, raunte sie in die ungefähre Richtung des Prätorianers. Sie erhielt keine Antwort. Dafür flog ihr ein eingeschweißtes Dreieckstuch, das eigentlich für gebrochene Arme gedacht war, zusammen mit einer weiteren Mullbinde entgegen.
»Bist du fertig?«, fragte Angel. »Kann ich meine Hand wiederhaben?«
Jade nickte mit aufgerissenen Augen, in denen sich Schmerz und grenzenlose Wut spiegelten. Als Angel ihre Hand zurückzog, ächzte sie als Ausgleich für den verbotenen Schrei und krümmte sich nach vorne.
»Liegenbleiben!«, befahl Angel und drückte sie zurück auf den Boden. »Die Blutung hält sich in Grenzen. Der Stab hat deine Nierenarterie verfehlt.«
Jade wollte etwas darauf antworten, aber ihr fehlten die Worte. Angel drehte sich erneut zu Anderson um.
»Das muss genäht werden. Wie viel Zeit haben wir?«
»Vierzehn Stunden.«
»Bitte was?«
»Die Neces ...«, knirschte Jade, halb vor Schmerzen, halb wütend über die unsanfte Behandlung. »... verlassen ihre Kolonien nur bei Nacht.«
»Und die Ragnars brauchen einen neuen Fluchtplan«, fügte Anderson hinzu.
»Na schön«, sagte Angel und holte ihren Kampfstab hervor. »Irgendwelche Farbwünsche?« Sie schnippte einen kleinen Hebel zur Seite und öffnete das Nähset. »Wir haben weiß, olivgrün und schwarz.«
Jade rollte mit den Augen. Hätte sie der Schmerz nicht nahezu gelähmt, wäre sie Angel wohl an den Hals gesprungen.
»Okay, schwarz steht dir sicher prächtig«, entschied sie daraufhin eigenmächtig. »Willst du eine Narkose?«
»Sind da etwa auch Betäubungsmittel drin?«
»Nicht direkt«, erwiderte Angel, ballte die Faust und holte weit aus.
Jade hob panikartig die Hände hoch. »Geht ohne! Ich beiß die Zähne zusammen!«
»Auch gut«, sagte Angel und stach beherzt zu.
Jade stöhnte mit zusammengekniffenen Augen und biss auf ihren Lederkragen. Angel zeigte unterdessen durchaus Talent bei der blutigen Arbeit. Ihre Stiche wiesen medizinische Kenntnisse auf und sie kam schnell voran, was bei Behandlungen ohne jegliche Betäubung bitter nötig war.
»Hast du Jennys Arzneibeutel dabei?«, fragte sie Anderson, nachdem sie auch Jades Rückenwunde verschlossen hatte.
Wieder flogen ihr zwei Packungen entgegen, diesmal die orangefarbenen Plastikzylinder mit den Pillen aus Alexandria.
»Eine erstklassige Unfallversorgung«, meinte Angel, als sie Jade die Medikamente mit ihrer Feldflasche zum Schlucken gab. »Ich weiß gar nicht, worüber du dich so aufregst. Juckt es sonst noch irgendwo?«
Jade schüttelte vehement mit dem Kopf, aber Angel traute ihr nicht ganz und untersuchte sie persönlich, als vermutete sie, dass die Bacchae aus Angst vor einer weiteren Tortur andere Wunden verschweigen könnte. Zu ihrer Erleichterung fand sie nichts und ließ ihre wenig dankbare Patientin in Ruhe.
»Was ist bei euch passiert?«, fragte sie Anderson und hockte sich neben seine Stellung, von wo aus sie einen Blick auf das Schlachtfeld werfen konnte.
»Da wir den genauen Kurs der Ragnars kannten, erschien es uns leicht, einen effektiven Hinterhalt zu errichten«, erklärte er und zeigte auf geeignete Positionen. Autowracks oder Stahlschrottberge dienten hervorragend zur Wegelagerei. »Als die Plane von der LRAD gezogen wurde, hat Clarissa ihre Taktik durchschaut. Sie befahl den sofortigen Rückzug, noch bevor Herrin Jade die Funkstille gebrochen hat.«
»Warum seid ihr dann nicht abgehauen?«
»Weil Prätorianer nicht vor dem Feind fliehen!«, erwiderte Anderson entrüstet. »Und die Nocturnals überbringen höchstens Befehle. Sie erteilen sie nicht. Clarissa hat die Stellung daraufhin eigenmächtig verlassen. Als die Beschallung begann, sind wir sofort aufgeflogen. Ich habe versucht, die Ordnung wiederherzustellen, aber ...«
»Das Ding wurde gebaut, um Chaos zu säen«, fiel ihm Jade dazwischen. Sie hatte sich aufgerappelt und zu den Steinen gekniet. Ihre linke Hand drückte auf die blutige Stelle. Sie riss sich vor dem Prätorianer jedoch zusammen, um keine Schwäche zu zeigen.
»Wo haben die das Teil eigentlich her?«, fragte Angel.
»Von uns. David hat mir gestern Abend gemeldet, dass sein erwarteter Militärkonvoi mit dem Screamer nicht in Camp Tanis angekommen sei. Er wollte ihn gegen die Vultures einsetzen. Anscheinend sind uns die Ragnars zuvorgekommen.«
»Glaubst du, die wissen, dass du hier bist?«
»Du meinst ...? Clarissa oder die anderen
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