Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
mehr vor Angel zu haben. Wenn sie jetzt nickte, überführte sie ihre Herrin der Lüge.
»Das Volk nennt uns Nocturnals«, presste sie zwischen ihren schmalen Lippen hervor. »Wir sind der Geheimdienst des Imperiums und unterstehen den Bacchae. Die Prätorianer sind die stählerne Faust, wir das unsichtbare Auge.« Sie zog herausfordernd die Augenbrauen hoch. »Zufrieden?«
»Bacchae, Prätorianer, Nocturnals«, murmelte Angel mit gespielter Beiläufigkeit. »Wie seid ihr auf all die Namen gekommen?«
»Viele davon stammen von Sophia, der ersten Bacchae«, erklärte C.T. Es war offenbar ein Thema, über das sie frei sprechen durfte und dementsprechend ergriff sie die Gelegenheit, Angel auf dem Weg damit zu beschäftigen. »Sophia war vor dem Zusammenbruch die Anführerin einer Söldnertruppe, die sich die Prätorianische Legion nannte. Als sie auf die Sicarii traf, war die Sekte fast ausgelöscht worden, aber Sophia erkannte das Potential des fruchtbaren Lands, der aufgeklärten Menschen und nicht zuletzt der Rohstoffreserven. Sie hat das Imperium erschaffen und es in seine heutige Form geschmiedet.«
»Und wie ist sie gestorben?«
C.T. schwenkte den Kopf herum. »Das fragst du Jade besser selbst.«
»Hab ich dich durch meine Aktion in Schwierigkeiten gebracht?«, fragte Angel und kam dabei nicht umhin zu bemerken, dass Clarissa sie nicht mehr respektvoll mit ihr ansprach.
»Nein«, knurrte Clarissa nicht ganz aufrichtig. »Herrin Sydney hat damit gerechnet. Sie hat nur vergessen, mich darüber zu informieren.«
»Hätte sie mich deiner Meinung nach nicht gewähren lassen sollen?«
C.T. schwieg ein paar Schritte und zuckte schließlich mit den Schultern. »Es spielt keine Rolle, was du mit angehört hast. Wenn ihr die Stadt verlasst, bist du entweder auf unserer Seite oder tot.«
Angel runzelte die Stirn. »Ist das eine Drohung?«
»Eine Tatsache«, sagte C.T. so unbedarft, dass Angel ihr instinktiv Glauben schenkte. »Für Jade und Sydney bist du nur lebend von Wert. Aber wenn die Kosten zum Schutz eurer Leute deinen Nutzen übersteigen, werden sie ihren Schild von euch nehmen.«
»Du bist erstaunlich gut informiert.«
»Ich bin eine Nocturnal«, entgegnete ihr C.T. mit unterschwelligem Stolz in der Stimme. »Anders als die Prätorianer sind wir über alles im Imperium unterrichtet. Ohne uns wären selbst die Bacchae blind.«
»Dann kannst du mir vielleicht sagen, wie es zurzeit in unserem Kloster aussieht?«
C.T. blinzelte sie skeptisch an und vermutete offenbar einen Trick, um ihre Behauptung zu überprüfen. »Nein«, sagte sie ernst. »Aber ich werde mich etwas für dich umhören.«
»Wie lange bin ich denn unentdeckt geblieben?«, wollte Angel aus rein professioneller Neugier wissen.
»Du hast es bis zu Sophias Grab geschafft«, antwortete C.T. »Scarlet hätte dir den Geheimgang niemals zeigen dürfen.«
»Warum nicht?« Jetzt hatte sie definitiv ein Thema angeschnitten, auf dass C.T. nicht eingehen durfte. Als Angel merkte, wie sie nach einer glaubwürdigen Ausrede suchte, kam sie ihr taktvoll zuvor. »Scarlet hat mir immerhin die Augen verbunden.«
Ein Hauch von Anerkennung erschien auf Clarissas Gesicht, weil Angel den Weg trotz der Augenbinde wiedergefunden hatte. Sie zog die Tür zu ihrem Wohnblock auf, rief den Fahrstuhl und eskortierte Angel tatsächlich bis vor die Tür. Ein junger Mann hatte den Posten des Arbiters übernommen und schloss ihnen einem Butler gleich die Tür auf.
»Euer Frühstück wird um neun Uhr serviert«, sagte C.T. mit einer höflichen Verbeugung. »Herrin Jade wird euch eine Stunde später abholen. Wendet euch bis dahin an Dominique, sofern ihr noch einen Wunsch habt.« Sie zeigte auf den jungen Mann, der sich ihrer Verbeugung anschloss.
Angel begriff schnell, dass sie vor dem Diener ihre Tarnung aufrechterhalten wollte. Mit einem ausgedehnten Gähnen, das sie nicht mal vortäuschen musste, machte sie ihr klar, dass sie sich diesmal wirklich schlafen legen würde.
8 – Unverdeckte Aufklärung
A ngel fuhr am nächsten Morgen aus den Federn, als sie Cassidy vor Schreck aufschreien hörte. Übermüdet und benebelt von der entbehrungsreichen Nacht benötigte sie drei Versuche, um ihren Kampfdolch auf dem Nachttisch zu fassen zu kriegen; die einzige Waffe, die ihr in Alexandria erlaubt war. Dog schnarchte wohlig im Bett neben ihr, aber ihn zu wecken erachtete sie ohnehin als unnötig. Angel war schon immer mit ihren eigenen Problemen fertiggeworden.
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