Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Wasser war wärmer geworden oder er ließ es erneut neben sich herlaufen.
»Das wird nichts mehr bringen, denke ich. Und wir wissen ja, was wirklich geschehen ist. Hör dich heute einfach mal um, was Sydney den Schülern so erzählt hat.«
»Wie meinst du das? Bleiben wir etwa hier?«, wunderte sich Cassidy mit einer Mischung aus Freude und gesundem Misstrauen.
»Fürs erste«, bestätigte Angel. »Sydney hält es offenbar für angemessen, dass wir uns ein Bild von ihrem Imperium machen, bevor wir eine Entscheidung treffen. Ich hab eine Weile darüber nachgedacht und bin inzwischen ganz ihrer Meinung. Wirf du heute mal einen Blick auf die Kinder. Wie es ihnen so weit von zu Hause geht und was die Sicarii ihnen eintrichtern.«
»Ich soll hier allein durch die Stadt laufen?«
Angel nickte. »Sydney will unbedingt, dass wir ihr und Jade aus freien Stücken helfen. Aus Überzeugung für ihre Sache.« Sie machte eine kurze Pause und beugte sich mit ihrem Kaffeebecher über die Brüstung. »Sieh dich doch mal um. Das müssen tausende von Kindern sein! Wir haben selbst neunundvierzig im Kloster zusammengepfercht und ich würde sie lieber an einem Ort wie diesem aufwachsen sehen, als ständigen Angriffen, Krankheiten und Hungersnöten ausgesetzt zu sein.«
»Die scheinen dich ja richtig beeindruckt zu haben.«
»Vielleicht«, sagte Angel. »Aber bevor ich unseren Nachwuchs auch nur in die Nähe der Sicarii lasse, muss ich wissen, ob sie in Alexandria überhaupt willkommen wären. Offiziell befinden wir uns schließlich noch im Krieg.« Entschlossen drehte sie sich zu Cassidy um. »Das ist deine Aufgabe. Ich muss mich mit Jade um andere Dinge kümmern und Dog kann ich nicht allein auf die Stadt loslassen. Du bist nun für die Zukunft von Jesse und all seinen kleinen Freunden verantwortlich.« Ihre Schülerin vergaß um ein Haar zu atmen und schluckte überwältigt. Als Angel das sah, setzte sie sofort nach, um ihren Augenblick der Schwäche auszunutzen. »Willst du mir nicht langsam mal sagen, wie lange du schon von Faith weißt?«
Cassidy fühlte sich, als wäre sie vom Regen in die Traufe gekommen. Erst belud Angel sie mit größerer Verantwortung als je zuvor, nur um sie kurz darauf in ihrer eigenen Schuld zu ertränken.
»Seit ... seit wir im Kloster waren«, stammelte sie wahrheitsgemäß hervor. »Sie trägt ein Tattoo der Bacchae auf ihrer linken Schulter. Ich hab es entdeckt, als sie vom Baumhaus gestürzt ist.«
»Und warum hast du mir nichts davon erzählt?« Angels Stimme klang monoton und ausdruckslos. Sie schien sie bisher weder zu verurteilen noch Verständnis zu zeigen. Cassidy drehte sich aus ihrem Blickfeld und sah auf die Straße hinab.
»Was hättest ihr denn mit ihr gemacht?«, fragte sie ins Leere. »Sie hat Victor ermordet und die Sicarii Silver Valley erobern lassen.«
Angel starrte an ihr vorbei. Die Bilder von Victors blutiger Leiche erschienen vor ihren Augen.
»Du hast mir doch selbst gesagt, dass ich herausfinden soll, was mit Caiden nicht stimmt«, fuhr Cassidy fort. »Genau das habe ich getan. Faith hat uns geholfen, uns allen das Leben gerettet! Sie hat das Notfalltor von Silver Valley gesprengt. Und sie ist zu dir auf die Flachstelle in den Bergen geklettert, als sogar Kim sich über dich lustig gemacht hat!«
»Du dachtest also, du könntest sie zum Überlaufen bewegen?«, fasste Angel zusammen. Dabei rieb sie ihre Hände an der heißen Kaffeetasse.
»Ich hab es gehofft. Für uns und ... für Caiden«, antwortete Cassidy nickend und drehte sich wieder zu Angel um. »Wenn ich gewusst hätte, dass sie in der Biosphäre dermaßen durchdrehen würde ...!«
»Das haben die sich selbst zuzuschreiben«, beschwichtigte Angel sie kaltherzig. »Yuen hat Scarlet zwei Jahre lang festgehalten, verhört, unter Drogen gesetzt, gefoltert und versucht, sie gegen ihre eigenen Leute zu wenden.«
»Das ist die andere Sache, von der ich dir erzählen muss. Yolanda hat mir gesagt, dass Doktor Webb Scarlet angeblich freigelassen hat. Aber das stimmt nicht.«
Angel setzte zu einem Schluck Kaffee an und deutete ihr mit den Augenbrauen an fortzufahren.
»Als ich auf dem Brückenpfeiler saß, hab ich einen Punkt in der Brille bemerkt, der sich in dieselbe Richtung wie Scarlet bewegt. Warte. Ich zeig‘s dir.« Cassidy lief ins Gästezimmer, holte ihre Hightechbrille und blickte hindurch. »Na bitte. Ich seh sie immer noch. Vierhundertsiebenundsechzig Meter von unserer Position«, sagte sie und reichte
Weitere Kostenlose Bücher