Die Endzeit Chroniken - Nemesis (German Edition)
Legionären hatte sie sich bereits ausmalen können, dass ihre Ranger das nötige Gegengewicht darstellen sollten. »Und was erhalten wir als Gegenleistung?«
»Was wollt ihr haben?«, erwiderte Sydney knapp und verzichtete bewusst auf Floskeln der Entschuldigung für das angerichtete Leid.
»Die südlichen Wastelands, die ihr Cor Syrte getauft habt«, antwortete Angel. »Alles davon. Von eurem Pass bis nach Silver Valley.«
Azure verschluckte sich bei ihrer Forderung beinahe und musste sich gerade hinsetzen, um wieder Luft zu bekommen. »Ihr habt nur noch fünfhundert Leute!«, widersprach sie. »Was wollt ihr mit diesem riesigen Stück Wüste anfangen?«
Bevor Angel eine Antwort formulieren konnte, kam ihr Sydney bereits zuvor.
»Es gibt dort mehr als nur Wüste«, mutmaßte sie blinzelnd. »Eagle Village verfügt über eine Windkraftanlage, Jaguar Bay über fruchtbares Farmland, dessen Ertrag sich mit unseren Anbaumethoden verzehnfachen lassen wird. Aber das ist nicht alles, oder?«
Angel fürchtete, dass ihr das Wort Ölquelle mitten auf die Stirn geschrieben stand. Was sonst hätte so einen großen Wert, dass sie nicht darauf verzichten würde? Vielleicht das üppige Wasserreservoir in den Bergen? »Unsere Leute haben dort ihr ganzes Leben zugebracht, bis ihr sie aus ihren Dörfern vertrieben, ihre Familien getötet, ihr Vieh geschlachtet und ihre Häuser verbrannt habt!«, giftete sie Azure zu und hoffte, die Verhandlungen mit ihrer künstlich aufgebauten Wut in eine andere Richtung lenken zu können. »Es ist ihr Land! Und wenn ich sie davon überzeugen soll, für euch in die Schlacht zu ziehen, dann muss es ihnen zurückgegeben werden!«
»Dennoch hat Azure nicht Unrecht, oder?«, konterte Sydney und Angel war sich nicht sicher, ob sie auf ihren Bluff hereingefallen war. »Wie dem auch sei, dein Preis entbehrt nicht einer gewissen Logik.«
»Torus wird im Dreieck springen, wenn er davon erfährt«, warnte sie Azure.
»Torus ist die Vergangenheit«, widersprach ihr Jade.
»Ah – Colonel David Grant.« Azures rosafarbene Augen weiteten sich gönnerhaft. »Er schläft sich also immer noch auf der Karriereleiter nach oben?«
»Genug!« Sydney hielt sie mit streng erhobener Hand zurück. »Die ganze Diskussion entbehrt jeder Grundlage, solange wir den Aufstand der Vultures nicht beendet haben. Wenn das geschehen ist, wird der Imperator für unsere Ideen empfänglich sein.«
»Dann reisen wir morgen zum Kriegsgefangenenlager in Cor Decat«, schlussfolgerte Jade. Sie stand auf und stellte sich mit starrem Blick neben Angel. »Da werden wir sehen, wie groß dein Einfluss wirklich ist. Deinen Freund Johnny wirst du als Ersten überzeugen müssen!«
Der tiefsitzende Argwohn in Angels braunen Augen war selbst für ungeübte Beobachter weithin sichtbar. Ohne sie einer Antwort zu würdigen, nickte sie den anderen beiden zu und verließ den Saal.
»Stopp!«, rief ihr Sydney auf der Türschwelle nach. »Bleibt noch einen Tag bei uns. Das Lager läuft euch nicht davon und weder Scarlet noch die Legion kann in den kommenden Wochen dagegen vorgehen.« Sie trat in die Mitte des Marmorkreises und breitete gönnerhaft ihre Arme aus. »Genießt die Gastfreundschaft von Alexandria. Besucht eine Vorlesung, das Badehaus oder den Markt. Morgen Abend findet ein Konzert im Theater statt, zu dem wir euch herzlich einladen.« Als Angel zögerte, setzte Sydney ein freundliches Lächeln auf, ehe sie ihr den Rücken zudrehte und hinzufügte: »Deine Leute sollten wissen, wem sie sich anschließen!«
***
»Wer bist du eigentlich?«, fragte Angel, als sie den Themis-Tempel in Clarissa-Tamaras Begleitung verlassen hatte und sie im Morgengrauen den menschenleeren Platz überquerten. »Was bist du?«
C.T. trug nach wie vor keine sichtbare Waffe. Sydney hatte ihr aufgetragen, Angel zu eskortieren, und obwohl Sydney keineswegs überrascht auf ihren fehlgeschlagenen Abhörversuch reagiert hatte, schien die vermeintliche Arbiterin ihren Ausbruch aus dem Apartment persönlich zu nehmen.
»Ich bin keine Bacchae«, erwiderte sie wortkarg und zog dabei an einer Zigarette.
Angel schwenkte den Kopf zu ihr und wartete, ob sie sich zu einer längeren Erklärung verleiten ließ. Als das nicht geschah, bohrte sie weiter.
»Ist es dir verboten, mir zu antworten?«
C.T. verzog mürrisch das Gesicht und blies resigniert den Zigarettenrauch durch ihre Nasenlöcher. Vor nicht mal zehn Minuten hatte Sydney behauptet, keine Geheimnisse
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