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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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büßen müssen. Jetzt hat sie uns satt, alle miteinander.
    – Seltsam, dass sie uns nicht aus dem Haus wirft. Von der Insel jagt.
    – Ich glaube, sie hat einen noch größeren Feind ausgemacht als uns. Diesen Finnen. Gestern Abend sagte sie: Wir sitzen alle in einem Boot. Und jemand versucht, es zu kentern.
    – So ist sie. Wer die Crew angreift, bekommt es mit dem Käpt’n zu tun. Wer sie knebelt und fesselt, der will auch ihrer Tochter Böses, ihrem Bruder. Ihren Gästen.
    Sassie hatte die Massage unterbrochen. Ihre Hände strichen über die Haut seines Nackens. Zwei ihrer Finger zogen in Schleifen über seine Halswirbel, trudelten über die Schulterblätter und an seinen Rippen entlang, bis sie am Saum seiner Badehose haltmachten. Als sie die Berg- und Talbahn seines Rückgrates wieder erstiegen, spannte sein Körper sich mit einem Ruck an.
    – An was für Leute sind wir da geraten?, fragte Sassie. Jukki und Erkki, wie harmlos klingen diese Namen.
    – Ich will nicht über diese Finnen reden, stöhnte er.
    – Was wisst ihr? Ihre Finger trommelten auf seinem Hintern.
    – Erkki betreibt Spielhallen, er handelt mit Waffen. Forss hat es erzählt. Er macht sein Geld mit Schutzgelderpressung und Prostitution.
    – Und Jukki? Wieso behauptet er, nur eines der Kaninchen getötet zu haben? Wenn er die Wahrheit sagt, wer hat dann das andere auf dem Gewissen? Wer hat es an die Käfigwand genagelt?
    – Vergiss nicht, sie sind zu zweit gekommen.
    – Der Unbekannte, der in Heidis Zimmer steckte?, fragte Sassie, als dröhnend ein Boot in die Bucht einfuhr, eine weiße Straße ins Wasser pflügte und davonzog. Zerstreut sahen sie dabei zu, wie ein Schwall auf die Insel zurollte, behäbig, flaschengrün, fast durchsichtig.
    Myrbäck nutzte den Moment der Ablenkung, drehte sich blitzschnell auf den Rücken und warf dabei sein Badetuch über die Beule in der Hose. Ihre Hand lag jetzt auf seinem Bauch.
    – Du könntest machen, dass du verschwindest, sagte er. Sie sind nicht hinter dir her. Du bist in die Sache hineingeraten.
    – Nein. Ich laufe nicht weg vor Kaninchentötern, die Jukki heißen oder Erkki. Wer bin ich denn? Während sie weiter auf das Meer sah, wanderten ihre Finger unter das Handtuch und zogen sanft an den Haaren, die spärlich unterhalb seines Nabels wuchsen.
    Ja, wer bist du?, fragte sich Myrbäck. Sassie hatte Jan und ihn auf einige ihrer Besorgungen begleitet, auch dabei geholfen, Volvos oder Subarus zu besorgen, einen alten Toyota Hilux hatte sie unter seiner Anleitung selbst kurzgeschlossen. Er hatte das Gefühl, dass sie an den Autoaufbrüchen nicht bloß teilnahm, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sondern weil sie es spannend fand. Wenn sie am Ende solcher Ausflüge auf die Insel zurückkehrten, schien sie lebhafter als an Tagen, die sie nur hier am Haus verbrachte.
    – Wovon hast du gelebt?, fragte er. Früher.
    – Von allem Möglichen. Nach der Schule habe ich als Kassiererin im Supermarkt gearbeitet. Aber nie wieder, im Leben nicht. Ich ertrage manches, einen steifen Nacken, verstauchte Finger, entzündete Nägel, nicht aber den Lärm. Die Endlosschleifen mit abscheulicher Musik, die Durchsagen. Später saß ich in Callcentern, per Headset ans Telefon geleint, und nachts lag ich wach, weil die Stimmen des Tages mit mir sprachen. Tobende Geschäftsleute, für die an Bord überbuchter Maschinen kein Platz aufzufinden war. Nein, nein, nie wieder. Mir bringt das Klettern Spaß. Ich mag es oben. In der Luft. Ich falle gern.
    Sie zog ihre Hand unter seinem Handtuch hervor, legte sie auf seine Brust und kniff in seine Brustwarze.
    In der Bucht hatte sich Heidi Meter um Meter tiefer vorgewagt. Das Wasser reichte ihr bis an die Knie. Mit hohlen Händen schöpfte sie es über die Oberschenkel. Sie sah gequält aus. Am Morgen hatte das Wasser keine vierzehn Grad gehabt, noch vor dem Frühstück hatte er die Temperatur gemessen.
    – Warum macht ihr euch nicht aus dem Staub?, fragte Sassie. Wer zwingt euch zum Bleiben? Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Stirn.
    – Niemand. Ja, vielleicht sollten wir verschwinden. Aber wohin?
    Mit einem Kniefall verschwand Heidi plötzlich im Wasser. Nur ihr Kopf sah noch heraus. Zwei, drei Sekunden lang hielt sie es aus, dann sprang sie nach Luft japsend an das Ufer. Sie wickelte sich in ihr Handtuch und legte sich in eine Kuhle im Sand.
    Sassies Worte gaben ihm zu denken. Ihm fiel die Schwarzhaarige aus dem Kino ein.
    – Ja, du hast Recht. Wir

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