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Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engel warten nicht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Versendaal
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die beiden Männer hinter der Scheibe ihn an. Er hatte vergessen, die Skihaube überzuziehen, noch immer steckte sie zusammengeknüllt in seiner Faust.
    Während Myrbäck die Maske über sein Gesicht rollte, ließ ihn ein Fauchen aufzucken. Holzapfel warf sein Schweißgerät an. Er trug Schutzhelm und Visier, stand vor der Hecktüre, und ein Lichtbogen am Ende des Schweißbrenners zeichnete Schlangen in die Luft.
    Irritiert vom Nachspiel des gleißenden Lichts auf seiner Netzhaut sah Myrbäck dabei zu, wie Poffe sich rücklings auf den Asphalt legte. In der einen Hand hielt er zwei Aluminiumdöschen, in der anderen, was aussah wie eine Zigarette mit Drähten, den Zünder. Poffe machte sich flach wie eine Flunder und robbte unter das Auto. Seine Jeans rutschte aufwärts und legte ein Tattoo auf sonnengebräunter Haut frei: ein flammendes Herz, durchstochen von einem Pfeil der Liebe.
    Wer trägt sein Herz am Unterschenkel, fragte sich Myrbäck, und warum war er selbst hier so nutzlos, überzählig? Es war plumper Betätigungsdrang, der ihn seine Flinte hochreißen und mit dem hölzernen Kolben gegen die Tür des Beifahrers schlagen ließ. Die beiden Geldboten sahen nicht einmal auf.
    Jemand griff ihn bei den Schultern und drängelte ihn roh beiseite. Es war Juhani, der Raum für sich und sein Gewehr schaffte. Seine Waffe sah schwer und gedrungen aus, gefährlicher als die von Forss und Göransson oder gar seine eigene Attrappe. Er richtete den dicken schwarzen Lauf gegen die Seitenscheibe, zielte auf den Kopf des Fahrers und drückte ab. Der Schuss krachte, das Glas erzitterte, bildete in seiner Mitte rauchige Schleier und einen opalen Glanz, mehr geschah nicht.
    Durch das Klingeln in seinen beiden Gehörgängen vernahm Myrbäck Schreie gedämpften Fluchens. Poffes tiefe Stimme kam von unter dem Wagen. Er hatte Mühe, den Sprengstoff in die vorgebohrten Löcher im Unterboden zu versenken. Angestrengt zuckte er mit seinen Beinen und trat in die Luft.
    Per Ola Forss fuchtelte mit seiner Pistole vor der Frontscheibe herum. Er räusperte sich ein paar Mal und spuckte aus, dann schrie er:
    – Kommt raus, ihr Schweine! Wir erwischen euch! Sowieso!
    Die Männer in der Fahrerkabine reagierten nicht auf den Wüterich, der die gleiche Uniform trug wie sie. Wenn sie ihn überhaupt hören konnten. Sie sprachen abwechselnd in ein Mikrofon. Es war deutlich, dass sie sich davor hüteten, in die Gesichter ihrer Angreifer zu blicken. Vielleicht zählten sie im Geiste die Sekunden bis zu ihrer Rettung durch die Polizei, dachte Myrbäck. So würde ich es machen. Augen zu, Finger in die Ohren und bis tausend zählen.
    Während er überlegte, weshalb die Wächter des Geldes so gar nicht wie erhofft handelten, sondern stur in ihrer Verschanzung ausharrten, sah er, dass Sassie auf sie zulief. Sie hatte ihren Fluchtwagen verlassen.
    Warum macht sie das?, fragte er sich. Das ist so nicht geplant.

M it großen Schritten folgte sie dem Seitenstreifen und erreichte den Transporter, als Pontus Dahlin unter dem Wagen hervorgekrochen kam. Seine Maske war ihm verrutscht, und Schweiß hatte sich auf seinen Augenlidern gesammelt. Als er aufstand, schrie er in ihr Ohr:
    – Alle weg und bis zehn zählen!
    Auf der Stelle machte sie kehrt und sprang, als sie bei acht angekommen war, schräg die Böschung hinauf. Sie warf sich ins Gras und drückte ihr Gesicht in ein rosafarbenes Bett aus Kleeblüten. Aus den Augenwinkeln sah sie noch, wie Holzapfel mit seinem schweren Schweißgerät in Richtung Waldrand taumelte, da sprang der Geldtransporter mit seinem Hinterteil in die Höhe. Ein zufriedenes Puffen wie aus einem Dampfbügeleisen, mehr hörte sie nicht. Rauch stieg unter dem Boden des Wagens hervor.
    – Teufel und Hölle. Scheiße und Kacke. Poffe brüllte, was seine Skimaske zuließ. Er stand vor der Hecktüre. Sie hatte standgehalten. Ich habe es doch gesagt. Das Zeugs taugt nicht.
    Sie hatten gestritten. Aber es war nun mal kein Dynamit in dem Baucontainer gewesen, sondern Aluminiumnitrat. Nach einer nächtlichen Probesprengung des Geldautomaten im Entree des ICA-Supermarkts von Ösmo, bei dem der Tresor komplett aus seiner Fassung gesprengt worden und auf den Gehweg geplumpst und der Kartenleser bis vor »Pindos Pizzeria« geschleudert war, hatten sie entschieden, dass derlei Sprengkraft nicht nur für schwedisches Granitgestein und Tresore taugte, sondern erst recht für die Karosserie eines Geldtransportwagens. Sogar für einen mit Stahl und

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