Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
stand auf, um weiter abzuwaschen.
»Alles wieder gut?«, fragte sie.
»Alles wieder gut«, sagte Patrik.
Er saß im Dunkeln und sah sie an. Es war ihre Schuld. Anna hatte seine Schwäche ausgenutzt und ihn dazu getrieben, Ebba zu betrügen. Er hatte ihr das Versprechen gegeben, sie in guten und in schlechten Tagen zu lieben, bis dass der Tod sie schied. Er wusste zwar mittlerweile, dass sie die Schuld an dem trug, was passiert war, aber das änderte nichts daran. Er liebte sie und wollte ihr verzeihen. In einem schicken Anzug hatte er vor ihr gestanden und ihr Treue versprochen. Sie sah so schön aus in ihrem schlichten weißen Kleid, als sie ihm in die Augen sah, seine Worte hörte und sie in ihrem Herzen bewahrte. Nun hatte Anna alles kaputtgemacht.
Stöhnend bohrte er den Kopf ins Kissen. Ebbas Kissen. Mårten wollte es am liebsten wegschleudern, damit Annas Geruch es nicht besudelte. Ebba hatte immer das gleiche Shampoo benutzt, und das Kissen roch nach ihrem Haar. Er saß mit geballten Fäusten im Bett. Ebba hätte hier neben ihm liegen, auf ihr schönes Gesicht das Mondlicht so fallen sollen, dass Nase und Augen im Schatten lagen. Ebbas nackte Brust hätte sich neben ihm heben und senken sollen. Er starrte Annas Brüste an. Sie sahen anders aus als die kleinen Knospen Ebbas. Narben schlängelten sich über Annas Bauch. Unter seinen Fingerspitzen hatten sie sich rau angefühlt, und nun ekelte er sich vor ihnen. Vorsichtig streckte er die Hand aus und zog die Bettdecke über ihren Körper. Diesen widerwärtigen Körper, der sich an ihn gepresst und die Erinnerung an Ebbas Haut ausgelöscht hatte.
Bei dem Gedanken wurde ihm übel. Er musste es ungeschehen machen, damit Ebba zu ihm zurückkehrte. Eine Weile saß er regungslos da. Dann nahm er sein eigenes Kissen und legte es langsam auf Annas Gesicht.
Fjällbacka 1951
E s geschah vollkommen unerwartet. Sie hätte nichts gegen Kinder gehabt, aber als die Jahre ins Land gingen, ohne dass etwas passierte, hatte sie nüchtern festgestellt, dass sie keine bekommen würde. Da Sigvard bereits erwachsene Söhne hatte, schien ihre Unfruchtbarkeit auch ihn nicht zu bekümmern.
Doch vor etwa einem Jahr war sie aus unerklärlichen Gründen furchtbar müde geworden. Sigvard befürchtete das Schlimmste und schickte sie zu einer gründlichen Untersuchung zum Hausarzt. Sie selbst hatte ebenfalls gedacht, sie könnte Krebs oder eine andere tödliche Krankheit haben, aber dann stellte sich heraus, dass sie im Alter von dreißig Jahren plötzlich schwanger war. Der Arzt konnte es ihr nicht erklären, und Laura brauchte mehrere Wochen, um die Nachricht zu verdauen. Ihr Leben verlief ziemlich ereignislos, und das kam ihr sehr gelegen. Sie war am liebsten zu Hause, wo alles sorgfältig ausgewählt und durchdacht und sie die Herrscherin war. Nun würde etwas die perfekte Ordnung zerstören, die sie so mühevoll hergestellt hatte.
Die Schwangerschaft brachte seltsame Krämpfe und unerwünschte körperliche Veränderungen mit sich, und die Erkenntnis, dass sich in ihr etwas befand, das sie nicht kontrollieren konnte, versetzte sie in Panik. Nach einer grauenhaften Entbindung beschloss sie, sich nie mehr etwas Derartigem auszusetzen. Nie wieder wollte sie diese Schmerzen, die Ohnmacht und das Animalische einer Geburt erleben. Sigvard zog also endgültig ins Gästezimmer. Er schien nicht viel dagegen zu haben, sondern war mit seinem Leben zufrieden.
Die erste Zeit mit Inez war ein Schock gewesen. Dann fand sie Nanna, die gesegnete, wunderbare Nanna, die ihr die Verantwortung für das Baby abnahm und ihr erlaubte, ihr normales Leben wieder aufzunehmen. Nanna zog sofort bei ihnen ein. Sie schlief direkt neben dem Kinderzimmer, so dass sie nicht nur nachts, sondern immer, wenn es nötig war, zu Inez eilen konnte. Sie kümmerte sich um alles, und Laura konnte kommen und gehen, wie es ihr passte. Meistens warf sie nur einen kurzen Blick ins Kinderzimmer, und manchmal freute sie sich sogar über das Mädchen. Inez war bald ein halbes Jahr alt und sah bezaubernd aus, wenn sie nicht gerade schrie, weil sie Hunger oder eine volle Windel hatte. Mit diesen Dingen musste sich allerdings Nanna herumschlagen. Laura war froh, dass trotz der überraschenden Veränderung in ihrem Leben nun alles wieder seine Ordnung hatte. Veränderungen mochte sie überhaupt nicht, und je weniger Einfluss die Geburt des Mädchens auf ihr Leben nahm, desto besser konnte sie damit umgehen.
Laura rückte die
Weitere Kostenlose Bücher