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Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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zu widersprechen. Fast die ganze Nacht war er aufgeblieben und hatte sich das Material noch einmal angesehen. Patrik wollte er jedoch nichts davon erzählen, weil der weitere Eigeninitiativen im Moment sicher nicht zu schätzen wusste. Gösta gähnte hinter vorgehaltener Hand. Die Enttäuschung über die trostlose Nachtschicht ließ sich nicht so recht abschütteln. Er hatte nichts Neues entdeckt, nichts hatte sein Interesse geweckt, und die alten Notizen hielten ihn schon lange zum Narren. Andererseits wurde er das Gefühl nicht los, dass die Lösung direkt vor seiner Nase lag. Sie musste sich in einem dieser Papierstapel verbergen. Früher hatte es ihn einfach geärgert, dass er nicht darauf kam, und es waren Neugierde und möglicherweise seine Berufsehre gewesen, die ihm keine Ruhe gelassen hatten. Nun trieb ihn Sorge an. Ebba war nicht mehr sicher, und ihr Leben hing davon ab, dass sie denjenigen fassten, der die Anschläge auf sie zu verantworten hatte.
    »Da vorne links.« Er zeigte auf eine Abzweigung.
    »Ich weiß, wo wir hinmüssen.« Patrik ging todesmutig in eine Linkskurve.
    »Offenbar hast du die Führerscheinprüfung immer noch nicht bestanden.« Gösta hielt sich fest.
    »Ich fahre ausgezeichnet.«
    Gösta rümpfte die Nase. Als sie sich dem Hof von Schrott-Olle näherten, nickte er.
    »Das wird nicht lustig für seine Kinder, wenn sie hier mal für Ordnung sorgen müssen.«
    Der Ort erinnerte eher an einen Schrottplatz als an ein Wohnhaus. Es war in der Gegend üblich, Olle anzurufen, wenn man etwas loswerden wollte. Egal, worum es sich handelte, er war gern behilflich und holte alles ab. Rings um ein paar Gebäude und Lagerhallen standen nun Autos, Kühlschränke, Anhänger, Waschmaschinen und alle möglichen anderen Dinge herum. Während Patrik zwischen einer Tiefkühltruhe und einem alten Volvo Amazon parkte, entdeckte Gösta sogar eine Trockenhaube aus einem Frisiersalon.
    Ein vertrocknetes Männlein in einer Zimmermannshose kam auf sie zu.
    »Es wäre schön gewesen, wenn Sie etwas früher gekommen wären. Der Tag ist ja schon halb vorbei.«
    Gösta sah auf die Uhr. Es war fünf nach zehn.
    »Hallo, Olle. Sie haben was für uns.«
    »Sie haben sich ja wahnsinnig viel Zeit gelassen. Was treibt die Polizei eigentlich den ganzen Tag? Da niemand nach dem Kram gefragt hat, habe ich ihn einfach liegen gelassen. Steht dahinten neben den Sachen von dem verrückten Grafen.«
    Sie folgten Schrott-Olle in eine dunkle Scheune.
    »Welcher verrückte Graf?«, fragte Patrik.
    »Ich weiß gar nicht, ob er wirklich ein Graf war, aber er hatte jedenfalls einen adeligen Namen.«
    »Sie meinen von Schlesinger?«
    »Ja, genau. Er war berüchtigt, weil er mit Hitler sympathisierte, und sein Sohn hat sogar auf Seiten der Deutschen gekämpft. Der Junge war kaum dort angekommen, da hatte er schon eine Kugel im Kopf.« Olle wühlte nun in dem Gerümpel. »Und falls der Alte nicht schon vorher verrückt war, ist er es spätestens dann geworden. Er dachte, die Alliierten würden kommen und ihn auf der Insel angreifen. Sie würden’s mir nicht glauben, wenn ich Ihnen von den merkwürdigen Dingen erzählte, die er da draußen trieb. Am Ende bekam er einen Schlaganfall und starb.« Schrott-Olle hielt inne, sah sie im dämmrigen Licht blinzelnd an und kratzte sich am Kopf. »Wenn ich mich recht entsinne, war das 1953. Eine Zeitlang wechselten die Besitzer, bis dieser Elvander das Haus kaufte. Mein Gott, allein die Idee! Auf der Insel ein Internat eröffnen und lauter feine Pinkel anlocken. Das musste doch schiefgehen.«
    Er murmelte leise vor sich hin, während er weitersuchte. Eine Staubwolke stieg auf, so dass Gösta und Patrik husten mussten.
    »Hier ist das Zeug. Vier Kartons voll. Die Möbel blieben drin, als das Haus vermietet wurde, aber von den anderen Sachen konnte ich einiges retten. Solche Dinge darf man nicht einfach wegwerfen, und außerdem hätten die Leute ja auch zurückkommen können. Allerdings glaubten die meisten, genau wie ich, dass sie tot sind.«
    »Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, der Polizei mitzuteilen, dass Sie die Sachen hatten?«, fragte Patrik.
    Schrott-Olle streckte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe es Henry doch gesagt.«
    »Was? Henry wusste, dass die Sachen hier waren?«, fragte Gösta. Das wäre nicht sein einziges Versäumnis gewesen, aber es ja hatte keinen Sinn, wütend auf jemanden zu sein, der tot war und sich nicht mehr verteidigen konnte.
    Patrik

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