Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
Pyttan.
»Nett, mal hier zu sein und zu sehen, wie es der anderen Hälfte geht.« Lachend schlug Sebastian Percy so fest auf den Rücken, dass dieser husten musste.
»Bei euch ist es ja auch sehr schön!«
Percy grinste in sich hinein. Pyttan hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, was sie von Sebastians protzigem Haus mit den zwei Swimmingpools und dem Tennisplatz hielt. Von der Grundfläche her war es zwar viel kleiner als Fygelsta, die Einrichtung aber dafür umso kostspieliger. »Geschmack kann man eben nicht kaufen«, sagte sie immer, wenn sie bei Sebastian zu Besuch gewesen waren, und rümpfte die Nase über Goldrahmen und überdimensionale Kristalllüster.
»Komm, setz dich.« Percy führte Sebastian zum Tisch, der auf der Terrasse gedeckt war. In dieser Jahreszeit war Fygelsta unübertreffbar. Der herrliche Park erstreckte sich, so weit das Auge reichte. Viele Generationen hatten ihn liebevoll gepflegt, aber nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er genau wie das Schloss verkommen würde. Solange Percy die Finanzen nicht geordnet hatte, mussten sie auf einen Gärtner verzichten.
Sebastian setzte sich und lehnte sich zurück. Die Sonnenbrille hatte er nach oben geschoben.
»Ein Schluck Wein?« Pyttan hielt ihm eine Flasche erstklassigen Chardonnay hin. Obwohl sie wenig von der Idee gehalten hatte, Sebastian um Hilfe zu bitten, wusste Percy, jetzt, wo die Entscheidung gefallen war, würde sie ihn voll unterstützen. Es gab ja auch kaum Alternativen.
Nachdem sie Sebastian eingeschenkt hatte, stürzte der sich auf die Vorspeise, noch bevor die Gastgeberin ihm guten Appetit gewünscht hatte. Er schaufelte den Krabbencocktail in sich hinein und kaute mit offenem Mund. Percy fiel auf, dass Pyttan sich abwandte.
»Ihr habt also Probleme mit der Steuer?«
»Es ist ein Elend.« Percy schüttelte den Kopf. »Diesen Leuten ist nichts mehr heilig.«
»Da hast du recht. Arbeit lohnt sich in diesem Land nicht mehr.«
»Zu Vaters Zeiten war das anders.« Nach einem fragenden Blick in Pyttans Richtung aß Percy sein Brot mit Messer und Gabel. »Es könnte ja auch anerkannt werden, dass wir unheimlich viel geleistet haben, um dieses Kulturgut zu erhalten. Das Haus ist ein Teil der schwedischen Geschichte, und meine Familie hat sich nie vor der schweren Verantwortung gedrückt, die so ein Erbe mit sich bringt.«
»Doch nun weht ein anderer Wind.« Sebastian schwenkte seine Gabel. »Die Sozis sind ja an und für sich schon lange am Ruder, und die bürgerliche Regierung hat uns auch nichts genützt. Du sollst eben nicht mehr besitzen als dein Nachbar, sonst reißen sie dir das letzte Hemd vom Leib. Ich habe das auch zu spüren bekommen. Mir haben sie eine dicke Nachzahlung aufgebrummt, aber Gott sei Dank nur auf das Geld in Schweden. Wer schlau ist, bringt sein Vermögen ins Ausland, da kann einem das Finanzamt nicht wegnehmen, wofür man sich so abgerackert hat.«
Percy nickte. »Tja, mein Kapital war ja immer größtenteils ans Schloss gebunden.«
Er war nicht dumm, sondern wusste genau, dass Sebastian ihn jahrelang ausgenutzt hatte. Meistens hatte er sich das Schloss ausgeliehen, um sich hier mit Geschäftsleuten zu treffen oder mit einer der vielen Damen zu vergnügen, mit denen er nebenbei anbändelte. Percy fragte sich, ob Sebastians Frau etwas ahnte, aber im Grunde ging ihn das nichts an. Da Pyttan ihn an der kurzen Leine hielt, hätte er selbst nie den Mut zu einem Seitensprung gehabt. Im Übrigen sollten andere Ehepaare doch machen, was sie wollten.
»Dein Vater hat dir doch auch einiges hinterlassen.« Sebastian hielt Pyttan sein leeres Weinglas hin. Sie ließ sich nicht anmerken, was sie davon hielt, und schenkte es noch einmal randvoll.
»Ja, aber du weißt doch …« Percy wand sich wie ein Aal. Er sprach entsetzlich ungern über Geld. »Dieses Anwesen in Schuss zu halten verschlingt Unsummen, und die Lebenshaltungskosten steigen andauernd. Heutzutage ist doch alles furchtbar teuer.«
Sebastian grinste. »Der Alltagskram kostet einen ganzen Batzen.«
Ungeniert musterte er Pyttan, von den teuren Diamantohrringen bis zu den Louboutins mit den hohen Absätzen. Dann wandte er sich an Percy.
»Wie kann ich dir helfen?«
»Also …« Percy zögerte zunächst, fasste sich aber nach einem Blick zu seiner Frau ein Herz. Er musste das Problem irgendwie lösen, denn sonst würde sie sich wahrscheinlich nach Alternativen umsehen. »Es geht natürlich nur um ein kurzfristiges Darlehen.«
Es folgte
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