Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
dass der Brand mit dem Verschwinden der Familie zu tun hat. Das habe ich irgendwie im Gefühl.«
»Du und deine Gefühle«, sagte Mellberg. »Es gibt keinerlei konkrete Hinweise auf einen Zusammenhang. Ich weiß, du hast zwar einige Male richtiggelegen, aber diesmal bist du auf dem Holzweg.« Mellberg stand auf. Er schien stolz darauf zu sein, die Wahrheit des Tages ausgesprochen zu haben.
Patrik zuckte mit den Schultern und ließ die Bemerkung an sich abperlen. Er gab schon lange nichts mehr auf Mellbergs Meinung, falls er es je getan hatte. Er verteilte die Arbeitsaufgaben und beendete die Sitzung.
Auf dem Weg zur Tür kam Martin auf ihn zu und zog ihn beiseite.
»Kann ich mir heute Nachmittag freinehmen? Ich weiß, es kommt ein bisschen plötzlich, aber …«
»Natürlich, wenn du etwas Wichtiges vorhast. Worum geht es denn?«
Martin zögerte. »Eine private Angelegenheit. Ich möchte jetzt lieber nicht darüber sprechen. Falls das für dich in Ordnung ist.«
Auch wenn es Patrik kränkte, dass Martin sich ihm nicht anvertraute, hielt ihn irgendetwas in dessen Stimme davon ab, weiter nachzufragen. In all den Jahren hatte sich zwischen ihnen ein so enges Verhältnis entwickelt, fand Patrik, und Martin müsste ihm deshalb eigentlich genug vertrauen, um ihm zu sagen, wenn etwas nicht stimmte.
»Ich schaffe das irgendwie nicht«, sagte Martin, als hätte er Patriks Gedanken gelesen. »Ist es okay, wenn ich nach dem Mittagessen gehe?«
»Klar, gar kein Problem.«
Martin zwang sich zu einem Lächeln und drehte sich um.
»Du«, sagte Patrik. »Wenn du reden willst, weißt du ja, wo du mich findest.«
»Ja.« Martin zögerte einen Augenblick. Dann verschwand er im Flur.
Schon auf dem Weg nach unten wusste Anna, welcher Anblick sie in der Küche erwartete. Dan in seinem alten Bademantel, der mit einem Becher Kaffee in der Hand vollkommen in die Zeitung versunken war.
Als sie über die Schwelle trat, lächelte er.
»Guten Morgen, Liebling.« Er richtete sich auf, damit sie ihm einen Kuss geben konnte.
»Guten Morgen.« Anna drehte den Kopf zur Seite. »Ich habe mir noch nicht die Zähne geputzt«, entschuldigte sie sich, aber es war bereits zu spät. Dan stand wortlos auf und stellte seine Tasse ins Spülbecken.
Warum war es bloß so verdammt schwierig? Die ganze Zeit sagte und tat sie die falschen Dinge. Sie wollte doch, dass alles wieder in Ordnung kam. Wieder wurde wie vorher. Auch sie wünschte sich die Selbstverständlichkeit zurück, mit der sie vor dem Unfall miteinander umgegangen waren.
Dan begann mit dem Abwasch, und sie umarmte ihn von hinten und legte die Wange an seinen Rücken, doch das Einzige, was sie spürte, war die Frustration in seinem angespannten Körper. Die übertrug sich nun auf sie und ließ die Sehnsucht nach Nähe abklingen. Ob und wann sich wieder eine solche Gelegenheit ergeben würde, ließ sich nicht sagen.
Seufzend löste sie sich von Dan und setzte sich an den Küchentisch.
»Ich muss mich endlich aufraffen, wieder zu arbeiten.« Sie legte sich eine Scheibe Brot auf den Teller und griff nach dem Buttermesser.
Dan drehte sich um, lehnte sich an die Spüle und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Was willst du denn machen?«
Anna zögerte ein wenig. »Am liebsten würde ich mich selbständig machen«, sagte sie schließlich.
»Das ist eine super Idee! Was hast du dir denn vorgestellt? Willst du einen Laden eröffnen? Ich kann mich umhören, wo was frei ist.«
Dan strahlte übers ganze Gesicht, aber aus irgendeinem Grund wirkte seine Begeisterung dämpfend. Es war ihre Idee, und die wollte sie nicht teilen. Warum, wusste sie selbst nicht so genau.
»Ich möchte das allein machen.« Sie bemerkte selbst den scharfen Ton.
Dans fröhliches Gesicht veränderte sich auf einen Schlag.
»Mach das.« Er klapperte wieder mit dem Geschirr herum.
Scheiße, Scheiße, Scheiße, fluchte Anna innerlich und verkrampfte die Hände.
»An einen Laden habe ich auch schon gedacht, aber ich würde auch Einrichtungsaufträge annehmen und für die Leute Antiquitäten suchen und so.« Sie versuchte mit ihrem Geplapper, Dan zu besänftigen, aber er klapperte mit Gläsern und Tellern und reagierte nicht einmal. Sein Rücken wirkte hart und unversöhnlich.
Anna legte ihr Butterbrot wieder hin. Sie hatte den Appetit verloren.
»Ich gehe eine Runde raus.« Sie ging nach oben, um sich anzuziehen. Dan antwortete nicht.
»Wie nett, dass du Zeit für ein kleines Mittagessen hattest«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher