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Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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bedrückende Stille, aber Sebastian schien das nichts auszumachen. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    »Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte er langsam. »Aber das sollten wir zwei alten Schulkameraden unter vier Augen besprechen.«
    Pyttan schien Widerspruch einlegen zu wollen, doch nach einem ungewöhnlich strengen Blick von Percy schwieg sie. Er und Sebastian verständigten sich wortlos.
    »Das ist sicher am besten so.« Er streckte sich.
    Sebastian grinste jetzt übers ganze Gesicht. Erneut hielt er Pyttan sein Glas hin.
    Da es in der Mittagshitze auf dem Gerüst unerträglich war, arbeiteten sie drinnen.
    »Sollen wir mit dem Fußboden anfangen?«, fragte Mårten, als sie das Esszimmer in Augenschein nahmen.
    Probehalber zog Ebba an einem Streifen Tapete, der sich mühelos von der Wand löste. »Ist es nicht besser, mit den Wänden anzufangen?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob der Boden wirklich trägt. Einige Dielen sind stellenweise verfault. Wahrscheinlich müssen wir uns darum zuerst kümmern.« Er trat etwas fester auf ein Bodenbrett, das unter seinem Stiefel nachgab.
    »Okay, dann eben zuerst der Boden.« Ebba setzte die Schutzbrille auf. »Wie gehen wir vor?«
    Es machte ihr nichts aus, hart und genauso lange wie Mårten zu arbeiten, aber da er mit Renovierungen mehr Erfahrung hatte, musste sie sich auf sein Fachwissen verlassen.
    »Mit Vorschlaghammer und Kuhfuß geht es am einfachsten, glaube ich. Soll ich den Hammer nehmen und du den Kuhfuß?«
    »Einverstanden.« Ebba griff nach dem Werkzeug, das Mårten ihr reichte. Dann legten sie los.
    Sie spürte das Adrenalin durch ihre Adern fließen, und in den Armen brannte es angenehm, wenn sie den Kuhfuß in die Ritzen stieß und die Dielenbretter nach oben bog. Solange sie ihrem Körper das Äußerste abverlangte, dachte sie nicht an Vincent. Wenn der Schweiß in Strömen rann und sich Milchsäure in ihren Muskeln sammelte, war sie für eine Weile frei. Dann war sie nicht mehr Vincents Mutter, sondern Ebba, die sich um ihr Erbe kümmerte, das Alte abriss und neu wieder aufbaute.
    Sie dachte auch nicht an den Brand. Nur wenn sie die Augen schloss, erinnerte sie sich an ihre Panik, an den Rauch, der in den Lungenflügeln brannte, an die Hitze, als sie ahnte, wie es sein musste, wenn sich die Flammen in die eigene Haut fraßen. Und sie erinnerte sich an das schöne Gefühl, schließlich aufzugeben.
    Deshalb blickte sie nach vorn und widmete sich hochkonzentriert und mit größerem Krafteinsatz als nötig den rostigen Nägeln, mit denen die Dielen an den Balken befestigt waren. Nach einer gewissen Zeit kamen die Gedanken wieder. Wer hatte ihnen das angetan? Und warum? Doch die Fragen führten zu nichts. Es gab niemanden. Die Einzigen, die ihnen möglicherweise Schaden zufügen wollten, waren sie selbst. Ihr war schon öfter der Gedanke gekommen, dass es besser gewesen wäre, wenn sie nicht mehr lebte, und sie wusste, dass Mårten das Gleiche über sich gedacht hatte. Alle anderen in ihrer Umgebung hatten ihnen nur Mitgefühl entgegengebracht. Niemand reagierte böswillig oder hasserfüllt, alle zeigten Verständnis für das, was sie durchmachten. Trotzdem ließ sich nicht bestreiten, dass irgendjemand draußen im Dunkel herumgeschlichen sein musste, um sie zu verbrennen. Ihre Gedanken drehten sich weiter im Kreis. Sie hielt inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Es ist verflucht heiß hier.« Mårten schlug so fest mit dem Hammer auf den Boden, dass die Splitter spritzten. Er arbeitete mit nacktem Oberkörper. Das T-Shirt hatte er sich an seinen Werkzeuggürtel gehängt.
    »Pass auf, dass du keinen Splitter ins Auge bekommst.«
    Ebba musterte seinen Körper im gleißenden Sonnenlicht, das durch die schmutzigen Scheiben hereinschien. Er sah noch genauso aus wie damals, als sie zusammengekommen waren. Ein schlanker, sehniger Körper, der trotz der körperlichen Arbeit keine Muskeln aufzubauen schien. Sie selbst hatte im vergangenen halben Jahr ihre weiblichen Formen eingebüßt. Sie hatte keinen Appetit mehr und mindestens zehn Kilo abgenommen. Genau wusste sie es nicht, denn sie machte sich nicht die Mühe, auf die Waage zu steigen.
    Eine Weile arbeiteten sie schweigend weiter. Eine Fliege stieß zornig gegen eine Fensterscheibe, bis Mårten das Fenster weit öffnete. Draußen herrschte absolute Windstille, so dass keine kühle Luft in den Raum drang, aber die Fliege hinauskonnte und sie das beharrliche Brummen nicht mehr zu hören

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