Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
nicht gern, wenn ich mithelfe.«
»Und das nicht ohne Grund. Du hast dich schon in äußerst brenzlige Situationen gebracht.«
»Aber am Ende ist immer alles gutgegangen.«
Erica ließ sich nicht entmutigen. Sie war der Meinung, am vergangenen Abend einen genialen Einfall gehabt zu haben. Daraufhin hatte sie sich sofort aus dem Haus geschlichen und Gösta angerufen. Es hatte zwar gewisser Überredungskünste bedurft, ihn hinter Patriks Rücken herzulocken, aber nun saß er hier.
»Wir zwei haben etwas gemeinsam.« Sie setzte sich ihm gegenüber. »Wir wollen beide unbedingt wissen, was an diesem Ostersonnabend auf Valö passiert ist.«
»Stimmt, aber die Polizei beschäftigt sich ja mit dem Fall.«
»Und das ist auch gut so, aber du weißt doch selbst, wie ineffektiv polizeiliche Ermittlungen manchmal sind, wenn man sich an alle Vorschriften und Regeln hält. Ich bin da viel freier.«
Gösta sah immer noch skeptisch aus. »Das mag sein, aber wenn Patrik davon erfährt, wird es ungemütlich. Ich möchte nicht, dass …«
»Genau deshalb darf Patrik nichts davon wissen«, fiel Erica ihm ins Wort. »Du besorgst mir heimlich einen Teil des Ermittlungsmaterials und bekommst dafür alles, was ich ans Tageslicht befördere. Sobald ich etwas herausfinde, gebe ich es an dich weiter. Du präsentierst es Patrik und erntest die Lorbeeren, und ich kann das Material später zu einem Buch verarbeiten. Auf diese Weise hat jeder was davon, auch Patrik. Er will schließlich den Fall lösen und den Brandstifter fassen. Er wird keine Fragen stellen, sondern dankbar alles annehmen, was ihm geboten wird. Außerdem ist die Dienststelle doch besonders dünn besetzt, wenn Martin krank ist und Paula im Urlaub. Da kann es bestimmt nicht schaden, wenn jemand mitarbeitet.«
»Vielleicht hast du recht.« Göstas Miene hellte sich ein wenig auf. Erica nahm an, dass ihm die Vorstellung gefiel, Lorbeeren zu ernten. »Hast du wirklich keine Angst, dass Patrik etwas ahnt?«
»Nein, er wird keinen Verdacht schöpfen. Er weiß doch, wie wichtig dir dieser Fall ist.«
Da es sich anhörte, als ob im Wohnzimmer ein dramatischer Endspurt stattfand, raste Erica nach nebenan. Als sie Noel ermahnt hatte, Anton in Ruhe zu lassen, und ein Pippi-Langstrumpf-Film eingeschaltet war, kehrte Ruhe ein, und sie konnte wieder in die Küche gehen.
»Die Frage ist, wo wir anfangen. Habt ihr schon was über das Blut gehört?«
Gösta schüttelte den Kopf. »Noch nicht, aber Torbjörn und seine Leute arbeiten da draußen weiter und versuchen, noch mehr zu finden. Sie hoffen, dass sie im Laufe des Tages erfahren, ob es sich um Menschenblut handelt oder nicht. Bis jetzt haben wir nur über den Brand einen vorläufigen Bericht, den Patrik gestern kurz vor Feierabend bekommen hat.«
»Habt ihr schon Leute verhört?« Erica konnte vor Neugier kaum still sitzen. Sie würde nicht aufgeben, bevor sie ihren Teil dazu beigetragen hatte, dieses Mysterium aufzuklären. Dass zudem ein großartiges Buch daraus werden konnte, war eher Nebensache.
»Gestern habe ich aufgelistet, in welcher Reihenfolge wir die betreffenden Personen befragen sollten. Außerdem habe ich begonnen, nach ihren Adressen zu suchen. Das ist nicht ganz einfach, wenn so viel Zeit vergangen ist. Zum einen sind die Leute schwer zu finden, zum anderen erinnern sie sich nur noch vage. Mal sehen, was dabei herauskommt.«
»Glaubst du, dass die Jungs etwas damit zu tun haben könnten?«
Er wusste sofort, wen sie meinte. »Der Gedanke ist mir natürlich auch schon gekommen, aber ich bin mir nicht sicher. Wir haben sie mehrmals verhört, und ihre Aussagen stimmten überein. Außerdem haben wir keine physischen Spuren gefunden, die darauf hindeuteten …«
»Habt ihr überhaupt keine konkreten Spuren gefunden?«, unterbrach ihn Erica.
»Nein, viele Anhaltspunkte hatten wir nicht. Nachdem mein Kollege Henry und ich Ebba allein im Haus vorgefunden hatten, gingen wir zum Steg hinunter. Dort trafen wir die Jungs, die gerade mit dem Boot zurückkamen. Sie sahen wirklich so aus, als ob sie gerade vom Fischen kämen.«
»Habt ihr das Boot untersucht? Schließlich ist ja nicht ausgeschlossen, dass die Leichen im Meer versenkt worden sind.«
»Es wurde genauestens untersucht, aber es gab keine Blutspuren oder ähnliche Dinge, denn die müssten nachzuweisen sein, wenn in einem Boot fünf Tote transportiert wurden. Ich frage mich sowieso, ob die Jungen überhaupt in der Lage gewesen wären, die Leichen zum
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