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Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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in der kleinen Wohnung überall gut zu hören war. Schließlich hörte er Schritte.
    Als die Tür aufging, bekam Patrik einen Schreck. Martin sah wirklich krank aus. Er war unrasiert, ungekämmt und roch leicht nach Schweiß, aber dass Patrik ihn kaum wiedererkannte, lag vor allem an Martins erloschenem Blick.
    »Ach, du bist das.«
    »Darf ich reinkommen?«
    Achselzuckend machte Martin kehrt und schlurfte in die Wohnung.
    »Ist Pia bei der Arbeit?« Patrik sah sich um.
    »Nein.« Martin war vor der Balkontür stehen geblieben und starrte hinaus.
    Patrik runzelte die Stirn. »Bist du krank?«
    »Ich habe mich krankschreiben lassen. Hat Annika dir das nicht gesagt?« Mürrisch drehte er sich um. »Brauchst du ein Attest? Bist du gekommen, um dich davon zu überzeugen, dass ich nicht in der Sonne liege?«
    Normalerweise war Martin der gelassenste und gutmütigste Mensch, den Patrik kannte. So aggressiv hatte er ihn noch nie erlebt. Patriks Unruhe nahm zu. Irgendetwas stimmte hier tatsächlich nicht.
    »Komm, wir setzen uns.« Er deutete auf die Küche.
    Martins Zorn legte sich so schnell, wie er aufgeflammt war. Nun hatte er wieder diesen erloschenen Blick. Er nickte träge und ging hinter Patrik her. Als sie am Küchentisch saßen, sah Patrik Martin besorgt an.
    »Was ist passiert?«
    Etwa eine Minute lang herrschte Schweigen.
    »Pia wird sterben.« Martin starrte die Tischplatte an.
    Die Worte waren unbegreiflich, und Patrik konnte nicht glauben, dass er richtig gehört hatte.
    »Was meinst du damit?«
    »Sie ist seit vorgestern zur Behandlung im Krankenhaus. Offenbar hat sie Glück gehabt, dass so kurzfristig ein Platz frei war.«
    »Behandlung? Wieso?« Patrik schüttelte den Kopf. Pia und Martin waren ihm doch am Wochenende über den Weg gelaufen, und da hatte alles ganz normal gewirkt.
    »Wenn kein Wunder geschieht, hat sie vielleicht nur noch sechs Monate, sagen die Ärzte.«
    »Die Behandlung dauert noch sechs Monate?«
    Langsam hob Martin den Kopf und sah ihm in die Augen. Der nackte Schmerz in seinem Blick machte Patrik Angst.
    »Sechs Monate bis zu ihrem Tod. Dann hat Tuva keine Mutter mehr.«
    »Was … Wie … Wann habt ihr …?« Patrik merkte selbst, dass er hilflos stotterte, schaffte es aber nicht, einen vernünftigen Satz zu formulieren.
    Er bekam auch keine Antwort. Stattdessen brach Martin zusammen und weinte so heftig, dass es ihn schüttelte. Patrik ging zu ihm und legte die Arme um ihn. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Martins Tränen endlich versiegten und sein Körper sich entspannte.
    »Wo ist Tuva?«, fragte Patrik. Er hielt Martin noch immer fest.
    »Bei Pias Mutter. Ich schaffe das … im Moment nicht.« Wieder fing er an zu weinen, aber nun liefen ihm die Tränen lautlos über die Wangen.
    Patrik strich ihm über den Rücken. »Das ist gut, lass es raus.«
    Er kam sich etwas albern vor, weil er einen so abgedroschenen Satz von sich gab, aber was sollte man in dieser Situation sonst sagen. Was war schon falsch und was richtig? Es fragte sich, ob seine Worte überhaupt eine Rolle spielten. Vielleicht hörte Martin ihn gar nicht.
    »Hast du was gegessen?«
    Martin zog die Nase hoch, wischte sich mit dem Ärmel seines Bademantels übers Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Hunger.«
    »Das ist mir vollkommen egal. Du musst etwas essen.« Patrik inspizierte den Kühlschrank. Es gab jede Menge Vorräte, aber da es vermutlich sinnlos war, eine ordentliche Mahlzeit zuzubereiten, stellte er einfach Butter und Käse auf den Tisch. Dann toastete er ein paar Weißbrotscheiben, die er im Eisfach gefunden hatte, und schmierte zwei Butterbrote. Mehr würde Martin wahrscheinlich ohnehin nicht runterbekommen. Nach kurzem Überlegen machte er sich selbst auch ein Brot. In Gesellschaft fiel einem das Essen einfach leichter.
    »Jetzt sag mal, wie die Dinge liegen«, sagte er, als Martin das erste Brot gegessen und etwas mehr Farbe im Gesicht hatte.
    Abgehackt und stoßweise berichtete Martin alles, was er über Pias Krebs wusste, und erzählte von dem Schock, als sie aus heiterem Himmel von der Notwendigkeit einer heftigen Therapie erfuhren, die Pia möglicherweise trotzdem nicht helfen würde.
    »Wann darf sie nach Hause?«
    »Nächste Woche, glaube ich. Ich weiß nicht genau, ich habe …« Mit zitternder Hand griff Martin nach dem Brot und blickte verschämt zur Seite.
    »Hast du nicht mit den Ärzten geredet? Hast du Pia überhaupt schon im Krankenhaus besucht?«

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