Die Engelsmuehle
Gebietskrankenkasse mussten die Unterlagen über Linda Bohmann liegen. Ihre Besuche und Therapien in der Dornauer-Klinik und …Im gleichen Moment dachte er an den Brand im Archiv der Krankenkasse. Sämtliche Unterlagen waren samstagmorgens um vier Uhr früh vernichtet worden. Die Kripobeamten vom Branddezernat hatten die Angelegenheit als Unfall zu den Akten gelegt, angeblich wegen einer lecken Gasleitung im Keller. Aber wenn Magister Kohlschmied und Frau Domenik von der Medeen & Lloyd-Versicherung recht behielten und es sich tatsächlich um Brandstiftung handelte? Hogart hätte schon längst in der Sache aktiv werden müssen. Ihm liefen abwechselnd ein kalter und ein heißer Schauer über den Rücken. Er glaubte nicht an Zufälle. Womöglich hatten die Morde und der Brand etwas miteinander zu tun. Hogart war zu sehr in Gedanken versunken, als dass er der Litanei von Aufgaben aufmerksam folgte, in der sich Garek verlor.
»… sitzen nicht herum und drehen Däumchen. Wir arbeiten rund um die Uhr. Hauser macht uns ganz schön Druck und …«
»Hauser?« Schlagartig war Hogart wieder bei der Sache.
»Was denkst du denn? Er ist unser Staatsanwalt in diesem Fall.«
»Ausgerechnet, so eine Scheiße!« Hogart lachte auf. »Da ist doch etwas faul!«
»Halt die Klappe!« Garek sah sich nach der offenen Wohnungstür um, als er Schritte hörte. »Das ist sein Zuständigkeitsbereich.«
Einer der Beamten trat ins Treppenhaus, ein langer Kerl mit Wuschelkopf und’ einer John-Lennon-Brille, der ziemlich verschlafen aus der Wäsche schaute.
Garek runzelte die Stirn. »Mann, Krajnik, ich hoffe, du hast da drin nichts angefasst.«
»Witzig. Du kannst jetzt in den Vorraum kommen. Der Tote ist im Badezimmer - sieht übel aus.«
»Kann nicht übler aussehen als bei dir zu Hause.«
»Leck mich!« Der Beamte verschwand wieder in der Wohnung.
Garek grinste. »Die Typen von der Spurensicherung verstehen keinen Spaß.« Er wurde wieder ernst und starrte auf Hogarts Hände, die er immer noch tief in den Taschen vergrub. »Hast du etwas in der Wohnung gefunden, von dem ich wissen sollte?«
Hogart versuchte, so gelassen wie möglich zu wirken, während er den Schlüssel umklammerte. Gleichzeitig dachte er an Staatsanwalt Hauser, die angeblich lecke Gasleitung in der Krankenkasse und Ostrovskys Angst, bestimmte Informationen der Kripo zukommen zu lassen. Je mehr er über den Fall wusste, desto undurchsichtiger wurde die Sache. Schließlich schüttelte er den Kopf. Solange er nicht wusste, was sich in Faltls Schließfach befand, wollte er verhindern, dass der Schlüssel womöglich als Beweismittel aus der Sache verschwand.
Garek nickte. »Du kannst deinem Bruder nur helfen, indem du dich aus den Ermittlungen raushältst.« Er klopfte Hogart erneut auf die Schulter und verschwand in der Wohnung.
Hogart atmete tief durch und lief die Treppe hinunter. Als er durch das Haustor in den Innenhof trat, nahm er die Hände aus den Hosentaschen. Er trug immer noch die Latexhandschuhe. Seine Finger waren schweißnass. Er streifte sich die Gummihandschuhe ab und stopfte sie zu dem Schlüssel in die Hosentasche. Dann ging er zu seinem Wagen.
16
Hogart kam gegen acht Uhr abends in seine Wohnung. Mittlerweile hatte der Tischler tatsächlich seine Tür behelfsmäßig repariert, sodass sie sich auf- und zusperren ließ. Allerdings musste sich Hogart von innen gegen die Tür stemmen und die Klinke nach oben drücken, damit die Riegel ins Schloss schnappten. Die Räume sahen immer noch aus, als wäre Dschingis Khan durch die Wohnung geritten. Der Zustand erinnerte ihn an Faltls Wohnung - mit der Ausnahme, dass in seinem Badezimmer kein zu Tode gefolterter Mann hing.
Während er durch das Wohnzimmer ging, ließ er den Blick über die auf dem Boden verstreuten Schallplattenhüllen wandern. Im Moment lief alles schief. Er hatte keine Lust, die Wohnung aufzuräumen und seine Sachen zu sortieren. Stattdessen kochte er sich eine Tasse schwarzen Kaffee, schluckte dazu eine Schmerztablette und betrachtete sein malträtiertes Gesicht im Vorzimmerspiegel. Das rot blinkende Licht des Anrufbeantworters brachte ihn auf andere Gedanken. Er hörte sich die Aufnahme an.
Seine Mutter bellte ungefähr drei Minuten lang ins Telefon, bis das Band zu Ende war. Andernfalls hätte sie vermutlich so lange gezetert, bis ihr die Stimme versagte. Von Sabina hatte sie erfahren, dass Kurt nicht in Untersuchungshaft, sondern im Gefängnis saß. Sabina hatte durchklingen
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