Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
Vom Netzwerk:
schaltete sich nach wenigen Sekunden wieder aus. Es war zum Verrücktwerden! Bis auf den vorgesprochenen Ansagetext befand sich keine Nachricht auf der Speicherkarte. Schließlich lief er ins Wohnzimmer, wo Sabina mit angezogenen Knien auf der Couch saß, soeben das Handy weglegte und sich durch die Haare fuhr.
    »Warum ist keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter?«
    »Ich habe alle vor einer halben Stunde gelöscht«, murmelte sie, ohne aufzusehen.
    Hogart wurde übel. »Warum?«
    »Was heißt warum’?« Sie sah auf. Sorgenfalten zierten ihre Stirn, ihre Augen waren rot gerändert. »Weil die Karte voll war. Sie hat nur ein Speichervolumen von fünfzehn Minuten. Ständig läutet das Telefon. Ich musste Kurts Patienten zurückrufen, um die Termine abzusagen. Danach habe ich alle Nachrichten gelöscht.«
    Wie zur Bestätigung läutete das Telefon im Vorraum. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein und Tatjanas Stimme war zu hören. »Die Hogarts sind nicht zu Hause …«
    »Was machst du eigentlich hier?«, fragte sie.
    Hogart lehnte den Kopf an den Türrahmen und schloss für einen Moment die Augen. Wäre er doch nur eine Stunde früher gekommen. »Lassen sich die Nachrichten irgendwie wiederherstellen?«
    Sabina lachte auf. »Gelöscht ist gelöscht. Verrätst du mir nun, was du hier willst?«
    »Die Kripo kommt in Kürze vorbei. Die Ermittler haben einen Durchsuchungsbefehl.«
    Sabinas Rücken versteifte sich. Sie saß starr auf der Couch mit einem versteinerten Gesichtsausdruck. »Niemand kommt mir in diese Wohnung!«
    Hogart seufzte. »Du wirst es nicht verhindern können. Besser du lässt sie rein, sie durchsuchen alles, finden nichts und ziehen wieder ab.«
    Da nun die Idee mit dem Anrufbeantworter wie eine Seifenblase zerplatzt war, blieb ihm nur noch eine einzige Chance, Kurt so schnell wie möglich aus der Sache rauszuholen. Er musste sein Alibi preisgeben.
    »Ich gehe in Kurts Praxis«, sagte er.
    »Was willst du dort?«
    »Ich …«
    Wieder läutete das Telefon und Sabina verdrehte die Augen. Während sie mit einem von Kurts Klienten telefonierte, nahm Hogart den Praxisschlüssel vom Bord neben der Eingangstür und verließ die Wohnung.
     
    In der unteren Etage des Nebengebäudes lag die Praxis. Auf der Milchglasscheibe klebte ein Blatt Papier mit dem Aufdruck Vorübergehend geschlossen - nähere Informationen unter … darunter stand Sabinas Handynummer.
    Hogart sperrte die Tür auf und trat ein. Die typische Geruchsmischung aus Tigerbalsam und verschiedensten Massageölen empfing ihn. In dem länglichen Gebäude folgten nach der Kleiderablage und einer Toilette Kurts Sprechzimmer und ein Büro. Dahinter lagen zwei Massagekabinen mit gepolsterten Liegen. Durch die breite Glasfront zur Straße fiel grelles Licht ins Büro, doch in den Kabinen waren die Rollos heruntergezogen. Hogart setzte sich hinter Kurts Schreibtisch. Möglicherweise hatte Ostrovsky gar nicht in Kurts Wohnung, sondern in seiner Praxis angerufen. Doch an das Telefon auf dem Tisch war kein Anrufbeantworter angeschlossen. Hogart lehnte sich im Stuhl zurück und starrte auf die Plakate an der Wand. So sahen sie also aus, die Reflexzonen, Nervenbahnen und Dutzenden Akupunkturstellen. In der Ecke stand eine menschengroße Puppe, ähnlich jener, die er in Ostrovskys Badezimmer gesehen hatte. Irgendwie musste er die Adresse der Patientin herausfinden, mit der Kurt den Freitagabend verbracht hatte, während Sabina und Tatjana bei Hogarts Mutter zu Besuch gewesen waren.
    Als er sich im Lederstuhl zurücklehnte, die Füße auf dem Schreibtisch, aus dem Fenster starrte und nachdachte, hielt ein Wagen vor dem Haus. Gomez und einige Kollegen in Zivil stiegen aus. Unter ihnen war auch der lange Kerl mit dem Wuschelkopf und der John-Lennon-Brille. Die verschwendeten keine Minute. Die Tinte von Hausers Unterschrift auf dem Durchsuchungsbefehl war noch nicht einmal trocken, und die Ermittler stürmten bereits wie eine Horde Elefanten ins Haus, um jeden Quadratzentimeter der zweistöckigen Wohnung umzukrempeln. Wenn die sich in den Kopf gesetzt hatten, dass in ihrer Untersuchungshaftzelle der richtige Mann saß, brachte sie nichts und niemand von dieser Idee ab. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Truppe in der Praxis auftauchen würde, um auch hier alles auf den Kopf zu stellen.
    Hogart nahm die Beine vom Tisch und zog die Schubladen auf. Er wusste, dass sein Bruder keinen Computer besaß. Er wühlte sich durch Briefe, Fotos, Stadtpläne,

Weitere Kostenlose Bücher