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Die Engelsmuehle

Die Engelsmuehle

Titel: Die Engelsmuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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und die Ärzte ermordet hatte … nämlich eine Frau, die für gewöhnlich mit dem Malerpinsel arbeitete.

22
     
    Hogarts Aufstieg zu seinem Auto auf der Höhenstraße dauerte eine halbe Stunde. Er zog sich von Ast zu Ast und prustete bei jedem Baum mehrere Minuten lang keuchend vor sich hin. Aber Hauptsache, er hatte wieder mit dem Rauchen begonnen. Kurz bevor er die Leitplanke erreichte, schwor er sich, nie wieder einen Glimmstängel anzurühren, selbst wenn ihm erneut eine Frau vom Kaliber einer Madeleine Bohmann den Kopf verdrehen sollte.
    Mit völlig verdreckten Schuhen, zerrissener Hose, verschwitztem Hemd und aufgeschürften Händen voller Harz warf er sich hinter das Lenkrad. Er kramte das Handy hervor. Seit dem Einbruch in seiner Wohnung hatte das Display einen Sprung. Der Sturz über den Abhang war für das Handy auch nicht gerade förderlich gewesen. So wie das Telefon jetzt aussah, würde er dafür auf dem Flohmarkt nicht einmal einen Cent bekommen.
    Zunächst telefonierte er mit Garek. Das Gespräch dauerte nicht lange. Er gab Garek den Tipp, ein Spurensicherungsteam zum Unfallauto der Bohmanns zu schicken, da die Mordserie vermutlich länger zurückreichte, als sie bisher angenommen hatten. Von Garek erfuhr er, dass die Kripo bereits nach Madeleine suchte, sie aber weder ihr Telefon zu Hause abhob, noch sich in der Galerie Grimbaldi oder im Ausstellungsraum der Michaeiergruft aufhielt. Auch wenn sie im Moment die Unsichtbare spielte - die Beamten hatten endlich begriffen, dass die Künstlerin mit der Sache zu tun hatte.
    Anschließend telefonierte Hogart mit der Blumenhandlung, die einige Querstraßen von seiner Wohnung entfernt lag, wo er einen Rosenstrauß bestellte. Mit einer Karte, auf die er die Worte Ich wünsche Ihnen baldige Besserung, damit Sie bei unserem gemeinsamen Abendessen im Steakhaus fit sind diktierte, ließ er den Strauß ins Wilhelminenspital zu Elisabeth Domenik bringen.
    Dann fuhr er nach Hause, wo er ein heißes Bad nahm. Während eine Langspielplatte von Muddy Waters im Wohnzimmer lief, lag er mit geschlossenen Augen in der Wanne. Ein Schaumbad mit jeder Menge Kräuterextrakten war jetzt genau das Richtige. Nachdem er seine Schürfwunden versorgt hatte, begann er, die Unordnung in seiner Wohnung aufzuräumen. Bei dieser Gelegenheit warf er seine Zigarettenschachteln in den Mülleimer. Es war unglaublich, an welchen Orten er überall eine Notfallpackung Stuyvesant versteckt hatte. Gegen acht Uhr abends stieg er in den Wagen und fuhr in Richtung Donauturm. Es wurde Zeit, einige Sachen mit Linda Bohmann zu klären.
     
    Die Siedlung, in der sich Lindas Bungalow befand, lag zwischen der alten Donau und dem sogenannten Entlastungsgerinne, einem Seitenarm des Flusses. Auf diesem zu beiden Seiten von Wasser umgebenen Fleckchen Erde lag ein Park mit dem Donauturm und den hohen Gebäuden der UNO-City. Die Siedlung bestand aus einstöckigen Häusern, zwischen denen sich genug Bäume und Wiesen befanden, damit man sich in einer Gartenanlage wähnte. Die alten Bohmanns hatten gewusst, wie man lebte.
    Lindas Haus lag in einer Seitengasse der Strandbadstraße. Ihr blauer Van parkte direkt vor dem Gebäude. Mit dem Rollstuhl konnte sie vom Auto bequem die ebenerdige Eingangstür erreichen.
    Während Hogart läutete und wartete, blickte er die Straße hinunter. Ein blauer Toyota stand in einer Lücke zwischen den Bäumen. Zwei Männer saßen reglos im Wagen und beobachteten die Straße. Endlich hörte Hogart, wie sich die Räder des Rollstuhls auf dem knarrenden Flurboden näherten. Linda öffnete die Tür. Sie trug einen blauen Rollkragenpullover mit einer großen Modeschmuckkette aus Steinen und Holzkugeln. Wie immer war ihr Haar zu einem Knoten gebunden.
    Keine Beschimpfung. Die Frau nahm die schmale Lesebrille ab, wickelte das Lederband um die Bügel und lächelte ihn an. »Ich hatte nicht gedacht, dass Sie tatsächlich kommen.«
    Hogart räusperte sich. »Ich sage zwar nicht immer die Wahrheit, aber wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch.« Er holte eine Flasche Chateau la Montanage hinter seinem Rücken hervor. »Trinken Sie einen Cognac mit mir?«
    Sie sah ihn mitleidig an. »Ich habe bereits meine Tabletten genommen, aber das konnten Sie ja nicht wissen.« Sie rollte zur Seite. »Kommen Sie erst einmal herein.«
    Im Haus roch es nach Pfefferminze. Sämtliche Räume waren hell eingerichtet, mit weißen Teppichen, jeder Menge Pflanzen und Aquarellen an den Wänden. In einer

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