Die englische Episode
sah sie mit fremden Augen an.
«Florence», sagte er und sein Blick wurde wieder vertraut: kühl und höflich. «Ich habe dich geweckt, verzeih. Geh wieder zu Bett, ich werde nicht mehr herumlaufen und mit den Dielen knarren.»
Sie ignorierte, was er sagte. Er sah wirklich nicht aus wie ein Wolf, doch sein Gesicht war selbst im sanften Schein der Kerzen bleich und seine Augen tief umschattet, sein Haar, gewöhnlich makellos frisiert, lag wirr auf seinen Schultern. Er hatte Rock und Weste abgelegt undsein Hemd geöffnet, als habe ihm die Halsbinde den Atem abgeschnürt.
«So lass mich dir doch helfen, William», sagte sie. «Ich bin nicht dumm, falls du das denken solltest, irrst du. Ich weiß, dass es dir nicht gut geht.»
«Aber
du
irrst dich, Florence. Es geht mir gut, ich bin nur ein wenig müde. Ich sollte weniger ausgehen, das ist alles. Morgen …»
«Nein, William.» Florence’ Stimme klang sanft, doch unerschüttert. «Nein. Das ist es nicht.» Sie trat näher zu ihm und hielt seinen Blick fest. «Andere mögen auf deine Heiterkeit hereinfallen, ich nicht. Du trägst eine Last, und ich mag nicht länger zusehen. Nein», sie griff nach seinen Händen, die er beschwichtigend erhob, und drückte sie wieder hinunter. «Hör mir zu. Wäre ich sanft und edel, würde ich dir anbieten, unsere Ehe auflösen zu lassen. Aber das bin ich nicht, und so schnell gebe ich nicht auf. Wenn du Schulden oder irgendwelche Händel hast, werden wir das lösen. Vergiss nicht, ich habe vier Brüder und weiß um diese Dinge. Ich meine auch nicht das Geld meines Vaters», fügte sie rasch hinzu, «ich habe selbst, nun ja, einiges, von dem du nichts weißt. Meine Großmutter war reich und eine kluge Frau.»
«Kannst du immer nur an das verdammte Geld denken?» Seine Stimme klang müde. «Geld ist nicht alles, Florence. Aber vielleicht hast du Recht und es ist am besten, wenn wir diese Ehe auflösen. Wenn du das Geschwätz der Leute erträgst, will ich …»
«Nein! Du hast nicht zugehört. Ich habe gesagt, dass ich das
nicht
will. Noch nicht. Bitte, William, könntest du versuchen, mir zu vertrauen? Nur versuchen? Ich liebe dich, auch wenn dir das eine weitere Last sein mag, undich will nicht, dass unsere beider Leben sich immer weiter voneinander entfernen, wir sind jetzt schon wie Fremde und …»
Da schloss er sie plötzlich fest in seine Arme und der Rest ihrer Worte, die allerdings schon ganz überflüssig waren, erstickten an der warmen Haut seiner Halsbeuge.
«Du hast schlecht gewählt», hörte sie seine Stimme in ihrem Haar flüstern. «Ich wollte alles richtig machen und habe alles falsch gemacht. Kein Geld, Florence, das ist es diesmal nicht. Oder doch», er lachte leise und hart, «das ist es, nur ganz anders, als du denkst. Florence», er löste seine Arme gerade genug, um sie anzusehen, «wenn du mich wirklich …»
Er presste die Lippen aufeinander.
«‹Liebst›», half sie mit tapferem Trotz aus, «‹wirklich liebst›.»
«Wenn du mich wirklich liebst», wiederholte er wie ein Kind bei einer Grammatikübung mit einem vorsichtigen Lächeln, «gib mir noch einige Tage Zeit. Was ich getan habe, ist schändlich, mehr als das, und ich muss versuchen, einen Weg zu finden, da herauszukommen. Wenn es überhaupt einen gibt. Vielleicht muss ich England verlassen, dann kannst du neu über unsere Ehe entscheiden. Nur ein paar Tage noch, Florence. Aber ich weiß nicht, ob du mir dann noch verzeihen kannst. Es ist nicht zu verzeihen.»
«Versuch es, William. Sag es mir gleich und du wirst sehen.»
Da ließ er sie unvermittelt los und trat einen halben Schritt zurück. «Du hast gesagt, ich soll dir vertrauen. Wie kann ich das, wenn du mir nicht vertraust?»
Seine Worte trafen sie wie eine Ohrfeige. «Das ist ganz einfach, Willliam», sagte sie schroff. «Weil ich dir bisher keinen Grund zum Misstrauen gegeben habe, du mir aber sehr wohl. Viele Gründe.» Sie spürte ihre Fingernägel schmerzhaft in ihren Handflächen und versuchte ihren Zorn zu besänftigen. «Aber es macht nichts», fuhr sie fort, schon auf dem Weg zur Tür. «Ich werde warten. Einige Tage, wie du gesagt hast. Und vergiss nicht, ich bin stärker, als du denkst.»
Bevor sie die Tür ins Schloss zog, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. «Ist es ein Duell, William?»
«Nein.» Er schüttelte den Kopf. «Kein Duell, ganz bestimmt nicht. Es tut mir Leid, Florence, ich wollte dich nicht …»
Da schloss sie schnell die Tür, und so
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