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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Unterholz und blieb im Gestrüpp hängen. Das Gewicht ihres Bauches bremste sie, außerdem spürte sie einen ziehenden Schmerz in Leisten und Innenschenkeln. Doch die Frau verlangsamte ihr Tempo nicht und war bald nur noch als schemenhafte Bewegung zwischen den Bäumen zu erkennen. Einmal blieb Honor stehen und lauschte – Donovans Pferd war nicht mehr zu hören. Wahrscheinlich durchsuchte er gerade die Scheune und die anderen Hofgebäude. Hinter sich hörte sie den Wagen mit seiner Heuladung den Fahrweg entlang zur Scheune rumpeln. Was würden Jack und Donovan zueinander sagen, wenn sie sich begegneten? Würde Donovan ihren Mann fragen, ob er die entlaufene Sklavin gesehen habe? Würde Jack es ihm verraten oder lügen? Honor erschauderte, dann eilte sie weiter, um ihre Begleiterin einzuholen.
    Die Schwarze lehnte an einem Ahornstamm am Waldrand. Der Weg vor ihnen war nur ein schmaler Streifen verkrusteten Lehms, der sich in Richtung Osten und Westen erstreckte. Diagonal gegenüber auf der anderen Seite leuchtete grün das weitläufige Maisfeld der Haymakers. Der Mais stand hoch und reif da, würde aber erst im Herbst geerntet werden, wenn die Kolben in ihren Hüllblättern getrocknet waren. Der Anblick der Maisreihen erinnerte Honor an den Tag, als sie zum ersten Mal mit Jack in einem Maisfeld gelegen hatte. Die Röte stieg ihr ins Gesicht. Es war gerade ein Jahr her, doch es schien unglaublich weit hinter ihr zu liegen.
    Â»Sie können jetzt heimgehen«, sagte die entflohene Sklavin, »ab hier komme ich allein zurecht. Ich warte im Feld, bis es dunkel ist, und wenn mich keiner mehr sehen kann, laufe ich weiter.«
    Honor schüttelte den Kopf. »Ich komme mit.«
    Die Frau blickte auf Honors Bauch. »In diesem Zustand? Sind Sie sicher?«
    Â»Das Baby kommt erst in einem Monat. Ich fühle mich gut.«
    Honors Begleiterin zuckte die Schultern und drehte sich zum Weg um, blickte in beide Richtungen und lauschte. »Na dann, kommen Sie.« Sie trat aus dem Wald, und Honor folgte ihr. Das Sonnenlicht blendete sie so, dass sie blindlings hinter der Frau herlief. Im nächsten Moment betrat Honor unter lautem Geraschel das Maisfeld.
    Â»Psst!«
    Honor blieb stehen, und die Stängel schnellten um sie herum zurück.
    Â»Gehen Sie langsam, sonst machen Sie zu viel Lärm«, flüsterte die Frau. »Außerdem dürfen wir beim Laufen keine Pflanzen umknicken, damit niemand sehen kann, dass wir hier waren. Wir gehen in die Mitte des Feldes und warten da. Jetzt folgen Sie mir.«
    Vorsichtig liefen sie durch eine Maisreihe und versuchten, weder zu rascheln noch Stängel umzuknicken. Honor heftete den Blick auf den Rücken der Frau, wo sich unter dem Stoff des braunen Kleides ein Schweißfleck abzeichnete. Als sie mehrere Meter tief ins Feld eingedrungen waren, bog die Frau ab, durchquerte ein paar Reihen und lief vorsichtig im Zickzack durch die dicht stehenden Maispflanzen. Schließlich entschied sie sich für eine neue Reihe und ging in dieser wieder geradeaus. Sie lief und lief, viel weiter, als Honor allein jemals gegangen wäre. »Bitte«, hätte sie beinahe gesagt, »bitte halten Sie an.«
    Doch gerade als Honor die Hand nach der Frau ausstrecken wollte, blieb diese von allein stehen, sodass Honor beinahe in sie hineingelaufen wäre. Ihr war schwindelig, und das Baby drückte ihr auf die Blase.
    Die Frau setzte sich. »Hier können wir warten.«
    Honor lief noch einige Schritte weiter und ging dann in die Hocke. Es war so heiß, dass ihr Urin sofort im Boden versickerte. Sie ging zu der Frau zurück, setzte sich neben sie und öffnete ihr Bündel. Diesmal nahm die Schwarze eine Pflaume an. Honor genoss das saftige Fruchtfleisch und lutschte noch lange am Stein.
    Die Frau blickte sie von der Seite an. »Mir gefällt Ihre Haube«, sagte sie. »Erst denkt man, die ist nur grau, und dann blitzt plötzlich das Gelb auf wie ein Sonnenstrahl.«
    Â»Eine Freundin hat sie für mich gemacht.« Beim Gedanken an Belle Mills spürte Honor einen Stich. Sie hatte Belles Brief nie beantwortet, und jetzt würde sie die Freundin wohl nie wieder sehen.
    Im Maisfeld saß es sich unbequem. Die Sonne brannte auf die beiden Frauen hinab, denn die Pflanzen spendeten nicht viel Schatten. Die biegsamen rauen Blätter griffen nach Honor. Die Kolben quollen einladend aus den Hülsen, doch dies war

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