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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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von der Kutsche. »Wie kannst du mir nur so viele Damen aus Oberlin schicken? ›Ich will auch so ’ne graugelbe Haube wie das Quäkermädchen haben‹, drängeln sie. Kannst du mir bitte sagen, wie ich da nachkommen soll, wo du nicht mehr da bist, um mir zu helfen?« Belle nickte Abigail und Adam zu. »Sie sind sicher Abigail. Adam kenne ich schon. Ich bin Belle Mills, die Putzmacherin aus Wellington. Ich weiß nicht, was Honor über mich erzählt hat – vermutlich gar nichts, sie redet ja nicht viel, oder? Na, wollen Sie mich nicht reinbitten, aus der Sonne raus? Ganz schön heiß heute.«
    Da Abigail die Hausherrin war, wartete Honor, dass sie Belle zu sich auf die Veranda einlud. Doch Abigail starrte nur Belles Kopfbedeckung an, einen Strohhut mit breiter Krempe, auf der ein weißer Spitzenstreifen über rotes Band gelegt war. An der Seite prangte noch dazu ein Bukett Seidenkirschen.
    Honor wartete nicht länger und begrüßte Belle. »Ich freue mich sehr, dich zu sehen, Belle. Komm, setz dich zu uns.«
    Belle trat auf die Veranda und ließ sich in den Schaukelstuhl sinken, den Adam ihr hinschob. »Ach, das tut gut. Nein, dieses Gerüttel auf dem Wagen, wirklich fürchterlich!«, stöhnte sie und zog die Spitzenhandschuhe aus. In Wellington hatte Honor sie noch nicht einmal auf ihren Spaziergängen Handschuhe tragen sehen. Das elegante Paar wirkte fremd an Belle, vor allem als sie es auszog und darunter ihre breiten Hände und knochigen Finger zum Vorschein kamen. Hut und Handschuhe vertrugen sich nicht mit der mageren Figur und den breiten Schultern der Putzmacherin. Einen größeren Kontrast zu den üppigen Kurven und runden Schultern, die die gerade vorherrschende Mode verlangte, hätte es kaum geben können. Wenn Frauen neuerdings wie Tauben aussehen sollten, glich Belle Mills einem Bussard.
    Â»Abigail, vielleicht hätte unser Gast gern etwas zu trinken«, schlug Adam vor.
    Â»Oh!« Abigail eilte ins Haus. Es war ihr sichtlich unangenehm, dass man sie daran erinnern musste.
    Â»Aha, das ist also Faithwell«, meinte Belle und schaute sich um. »Ich hab es noch nie bis hier raus geschafft. Ist das die ganze Stadt?« Sie nickte in Richtung Kaufladen.
    Â»Schon, aber es gibt noch ein paar Höfe im Umland«, erwiderte Adam. »Außerdem wächst Faithwell noch. Es ziehen ständig neue Familien her.«
    Â»Da habe ich keine Zweifel, aber wahrscheinlich nur Quäker, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein anderer Mensch bereit wäre, über diese Fahrspur zu fahren. Wie die nach einem kräftigen Regenschauer aussieht, will ich lieber gar nicht wissen. Der Matsch ist ja schon auf der Straße zwischen Wellington und Oberlin schlimm genug.«
    Als Abigail mit Gläsern, einer Flasche mit dunklem Inhalt und einer Karaffe Wasser zurück aus dem Haus kam, nickte Belle. »Brombeersaft, stimmt’s? Ich bin beeindruckt, dass ihr den noch vom letzten Sommer übrig habt. Ich hätte schon im Oktober alles ausgetrunken.«
    Abigail, die gerade einschenkte, hielt inne. Anscheinend konnte sie nicht gleichzeitig gießen und denken.
    Â»Keine Sorge, Schätzchen, das war ein Kompliment«, fügte Belle hinzu. »Nur eine gute Haushälterin schafft es, die besten Sachen für ihre Gäste aufzuheben.« Sie wandte sich an Honor. »Ich hatte gehofft, dass du zum 4. Juli nach Wellington kommst, aber wahrscheinlich war es zu weit für dich.«
    Â»Wir feiern den 4. Juli nicht«, bemerkte Adam.
    Â»Wirklich nicht? Amüsiert ihr Quäker euch nicht auch mal gern ein bisschen?«
    Â»Wir wollen kein Dokument feiern, das nicht alle Menschen als freie Bürger Amerikas einschließt.«
    Â»Wir waren in Oberlin und haben uns die Reden gegen die Sklaverei angehört«, fügte Honor hinzu.
    Â»Hätte ich mir doch denken können, dass ihr Quäker lieber den Abolitionisten zuhört, als in der Luft herumzuballern. Ich persönlich hab nichts gegen ein bisschen Schießen. Wie geht denn das Geschäft drüben in Oberlin?«
    Â»Ganz ordentlich«, sagte Adam. »Ich hätte aber nichts dagegen, wenn noch mehr los wäre.«
    Â»Ich wette, ihr verkauft nicht viel Satin und Samt, oder?«
    Â»Nein, kaum.«
    Belle schmunzelte. »Die Leute in Oberlin haben eben nichts mit schicken Sachen am Hut. Ich bin froh, dass ich nicht dort Putzmacherin bin,

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