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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Lachen brachte. »Gar nicht so leicht, einen Mann zu finden, den man aushält, das sag ich dir. Komm, Schätzchen«, sie hakte sich wieder bei Honor unter, »flanieren wir noch einmal an den Haymakers vorbei, damit sie unsere Kopfbedeckungen bewundern können. Wenn dich das nervös macht, musst du dir nur die Ringelblumen in ihrem Vorgarten anschauen. Die sind in Reih und Glied gepflanzt!«

Faithwell, Ohio
    11. des 7. Monats, 1850
    Liebste Biddy,
    gestern habe ich Deinen Brief erhalten, der mich sehr glücklich gemacht hat, obwohl die Neuigkeiten darin nun schon sechs Wochen alt sind. Als ich Deine Zeilen las, hatte ich fast das Gefühl, ich würde mit Dir zusammen durch die vertrauten Straßen gehen und hier und da stehen bleiben, um mit anderen Freunden zu reden. Besonders interessant fand ich, was Du mir über Deinen Besuch in Sherborne und die neuen Bekanntschaften, die Du dort geschlossen hast, geschrieben hast. Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.
    Ich sitze gerade draußen auf der Veranda, meinem Lieblingsplatz zum Schreiben und Nähen, und genieße die kühle Abendluft. Adam und Abigail sind im Haus geblieben, denn sie meinen, mit der Feuchtigkeit kämen auch die Mücken. Doch mir sind die Stiche egal, Hauptsache, ich kann eine Zeit lang allein sein. Vorhin hat es ein Gewitter gegeben wie fast an jedem Sommernachmittag. Die Gewitter sind hier viel heftiger und beängstigender als die wenigen echten Unwetter, die ich in Bridport erlebt habe. Bei uns spielen sich die Gewitter doch hauptsächlich über der See ab, und es blitzt nur hier und da ein wenig. Doch hier kommen die Gewitter urplötzlich, und der Himmel geht innerhalb weniger Minuten von blau in tiefschwarz über. Es regnet sintflutartig, manchmal kommt noch Hagel hinzu. Wenn er länger andauert, zerstört er das Getreide. Sobald es ein wenig regnet, verwandeln sich die Straßen gleich in Schlammflächen. In der letzten Woche ist der Himmel an einem Nachmittag sogar grün geworden, was laut Abigail heißt, dass sich ein Tornado nähert. Wir mussten unter den Küchentisch kriechen, obwohl ich bezweifle, dass er uns viel Schutz geboten hätte, wenn der Tornado wirklich durch Faithwell gekommen wäre. Ich habe gehört, dass so ein Tornado ganze Häuser in die Luft wirbeln und komplett zerstören kann.
    Doch nach einem Gewitter ist die Luft klar und frisch und endlich etwas kühler – ein wahrer Segen. Ich hatte schon vorher von der Hitze in Ohio gehört, doch diese heftigen Wetterumschwünge hätte ich mir niemals vorstellen können. Manchmal kann ich mich kaum noch bewegen, weil es selbst in der Nacht so schwül und stickig ist. Darum habe ich das Gewitter heute freudig begrüßt.
    Ich habe eine echte Neuigkeit zu berichten: Heute ist in der Fünfttagandacht das Aufgebot von Adam und Abigail verlesen worden. In zehn Tagen wollen die beiden heiraten. Eigentlich hatte ich gedacht, dass ein Aufgebot innerhalb einer Periode von drei Wochen mehrmals verlesen wird, damit die Gemeinde Zeit hat, über die Verbindung nachzudenken, aber hier in Amerika geht offenbar alles schneller.
    Adam und Abigail hatten mir vor der Andacht nichts von ihrer Absicht erzählt, sodass ich genauso überrascht war wie der Rest der Gemeinde, als das Aufgebot verlesen wurde. Hinterher haben die anderen Gemeindemitglieder Adam und Abigail gratuliert, allerdings habe ich die Glückwünsche als sehr oberflächlich empfunden. Es hat nicht diese freudige Stimmung in der Luft gelegen, die man normalerweise spürt, wenn eine Hochzeit angekündigt wird. Adam und Abigail waren recht wortkarg und sogar ein bisschen verlegen. Vermutlich heiraten sie, weil das eine praktische Lösung für unsere schwierige häusliche Situation ist.
    Grace ist erst sechs Wochen tot, daran hätte ich Adam gerne erinnert. Er hat mir den ganzen Tag nicht in die Augen sehen können. Mehr noch, Abigail und er sind mir aus dem Weg gegangen; aber um ehrlich zu sein, ich ihnen auch. Obwohl es sehr heiß und schwül war, bin ich nach der Andacht fast den ganzen Nachmittag im Garten geblieben und habe Unkraut gejätet. Erst das Gewitter hat mich ins Haus getrieben.
    Ein paar Frauen haben gleich für morgen ein sogenanntes »Quiltkränzchen« organisiert, um Abigail bei den Quilts für ihren Ehestand zu helfen. Mutter, Grace und ich haben daheim manchmal tagelang an einer Tagesdecke

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