Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
Vom Netzwerk:
denn in Oberlin könnte ich wohl nie etwas Ausgefalleneres als Honors Haube machen.« Belle warf einen Blick auf die schlichten Kleider von Abigail und Honor, Adams kragenloses Hemd und die Hosenträger, die er darüber trug. »Zu welchem Stoffhändler in Cleveland gehen Sie?«
    Während Abigail die Gläser vollschenkte und Honor sie herumreichte, plauderte Belle so unbefangen mit Adam übers Geschäft, dass Honor fast neidisch wurde. Aber schließlich gehörte es zu Belles Beruf, auf jeden Menschen zugehen zu können. Noch dazu hatte sie die besondere Gabe, aufrichtiges Inte resse mit trockenem Humor und Ungezwungenheit zu verbin den.
    Â»Sie haben einen ähnlichen Akzent wie Honor«, sagte sie gerade zu Adam. »Kommt ihr beide aus derselben englischen Stadt?«
    Adam bestätigte dies, was für Belle der Startschuss war, ihn und Honor mit Fragen über Bridport zu löchern. Während sich die anderen über England unterhielten, wippte Abigail immer schneller und schneller in ihrem Schaukelstuhl. »Darf es noch etwas zu trinken sein?«, unterbrach sie schließlich und sprang auf.
    Â»Aber gerne, danke.« Belle hielt Abigail ihr Glas hin und zwinkerte Honor zu, während Abigail einschenkte. »Und woher kommen Sie, Abigail?«
    Â»Aus Pennsylvania.«
    Â»Na, ist doch typisch Ohio. Wir kommen alle von woandersher.«
    Â»Und wo ist Ihre Heimat?«, fragte Adam.
    Â»Kentucky – hört man das nicht am Akzent? Mich hat es nach hier oben verschlagen, weil mein Mann nach Cleveland wollte, um mit Dampfschiffen auf dem Lake Erie zu spekulieren. Und ich hab gedacht, Cleveland wär allemal interessanter als unser Kaff in Kentucky. Gut, war ja auch so.«
    Â»Du warst verheiratet?«, rief Honor erstaunt.
    Â»Bin ich immer noch. Der Schurke hat sich vom Acker gemacht – und mein Bruder war leider einer der Gründe dafür. Die beiden waren nie einer Meinung. Keine Ahnung, wo mein Mann abgeblieben ist. Ach, er taugte nichts, der Kerl, und ich war dumm. Trotzdem hätte ich ihn lieber selbst zum Teufel gejagt, als es Donovan zu überlassen. Dieser Mistkerl.« Belle hielt inne. »Entschuldigt mein Fluchen. Jedenfalls bin ich froh, dass ich ihn los bin – die Eisenbahn wird die Dampfschiffe ohnehin bald verdrängt haben. In Cleveland habe ich dann das Putzmacherhandwerk gelernt, eins der wenigen, in denen Frauen selbstständig tätig sein können. Dann hab ich mich in Wellington niedergelassen und den Laden aufgemacht. Anfangs hab ich auch Oberlin in Erwägung gezogen, aber die mögen dort ja keine Federn und Farben, im Gegensatz zu mir.« Sie leerte ihr Glas in einem Zug. »Also, Honor, zeigst du mir jetzt den Rest von Faithwell? Ich muss mir ein wenig die Beine vertreten. Und setz die graue Haube auf, ich würde sie gern im Einsatz sehen.«
    Honor war noch immer ganz verdattert von der Nachricht, dass Belle Mills verheiratet war, lief aber los, um ihre Haube zu holen. Normalerweise hätte sie die graugelbe Haube in Faithwell nicht zum Spaziergang getragen, aber der Frau, die sie genäht hatte, konnte sie den Wunsch kaum abschlagen.
    Als sie die zerfurchte Fahrspur entlangspazierten und den Nachbarsfamilien zunickten, die sich nach dem Ersttagessen auf den Eingangsveranden ihrer Häuser versammelt hatten, hakte Belle sich bei Honor unter. Alle starrten Belle und ihren Hut und Honor und ihre Haube an, doch Belle schien das gar nicht zu bemerken. »Hat dich Donovan belästigt, seit du hier bist?«
    Â»Er ist ein paarmal vorbeigeritten, aber angehalten hat er nicht.« Dass Donovans Grinsen und Winken bei Abigail und Adam jedes Mal düstere Mienen hervorgerufen hatten, erwähnte Honor nicht.
    Â»Gut. Glaub aber bloß nicht, dass das so weitergeht. Donovan findet es einfach unwiderstehlich, die Menschen genau dann mit seiner Aufmerksamkeit zu beglücken, wenn sie es überhaupt nicht brauchen können.«
    Sie gingen an der Schmiede vorbei und dann am Kaufladen. Belle schaute durch die Fenster. »Nicht besonders viel Auswahl, was?«, bemerkte sie. »Wie viele Familien leben denn hier?«
    Â»Fünfzehn, einschließlich der Höfe außerhalb.«
    Â»Oh je, so groß war das Kaff in Kentucky, aus dem ich komme. Ich weiß also, was das bedeutet. Wie kriegen wir dich nur aus dem Haus raus?«
    Â»Bitte? Was meinst du damit?«
    Belle blieb stehen und schüttelte Honors

Weitere Kostenlose Bücher