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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Scheunentor, dessen Flügel weit offen standen. Honor sah die Heuballen, die sich fast bis unter die Dachbalken stapelten.
    Die Haymakers erwarteten sie auf der Eingangsveranda. Judith Haymaker hielt eine Bibel im Schoß, Dorcas flickte ein Hemd, und Jack hatte mit geschlossenen Augen still dagesessen, bis er aufsprang, um den Hund zurückzupfeifen. Dorcas verschwand im Haus, und Judith wies den Besuchern zwei Stühle mit steifen hohen Lehnen zu, bevor sie sich selbst wieder in den Schaukelstuhl setzte. Honor vermutete, dass der Schaukelstuhl nur von Judith benutzt werden durfte – es war die erste von vielen Haymaker-Regeln, die sie würde lernen müssen. Digger ließ sich knapp außer Reichweite der Schaukelstuhlkufen neben Judith nieder. Er war eindeutig ihr Hund; Honor war gleich klar, dass er sich niemals vor ihre Füße legen würde. Vielleicht hatte sie ja bei der Katze, die gerade über den Rasen pirschte und in einem der Blumenbeete neben der Verandatreppe verschwand, mehr Erfolg. Allerdings sah die Haymaker’sche Katze, eine alte Schildpatt, viel wilder aus als Honors Katze zu Hause in England.
    Adam und Jack unterhielten sich kurz über den Hafer und wann er erntereif sein würde, über die Geschäfte im Cox’schen Kurzwarenladen und das im Kongress debattierte neue Sklavengesetz, das Caleb Williams in der Andacht erwähnt hatte. Honor hätte gern genauer zugehört, doch sie war viel zu nervös, um sich auf ein so schwieriges Thema zu konzentrieren. Sie hatte ein Stück Patchwork mitgenommen und holte nun die braunen und grünen Sechsecke, an denen sie gerade arbeitete, aus der Tasche. Sie begann, die Stoffstücke mit überwendlichen Stichen zu einer Rosette zusammenzunähen, und spürte dabei, wie sie allmählich ruhiger wurde. Die vertraute Tätigkeit hatte diese Wirkung auf sie, immer und überall, selbst wenn sie an fremden Orten mit fremden Menschen zusammensaß.
    Judith beobachtete Honors schnelles und gleichmäßiges Arbeiten. »So ein kompliziertes Patchwork braucht Zeit«, bemerkte sie. »Machst du nie Applikationen? Das geht viel schneller. Selbst aneinandergesetzte Blöcke in Mustern wie ›Giftbeere‹, ›Fliegende Gänse‹ oder ›Stern von Ohio‹ würden schneller gehen als das, was du nähst.«
    Â»In England haben wir immer Patchworks gemacht.«
    Â»Aber du bist nicht mehr in England.«
    Honor senkte den Kopf.
    Als Dorcas eine Karaffe mit Wasser und Gläser brachte, hörte Judith auf zu schaukeln, und die Männer brachen ihr Gespräch ab. »Ich würde gern wissen, was Honor mit in die Ehe bringt«, fiel Judith mit der Tür ins Haus, als ihre Tochter einzuschenken begann.
    Â»Sie bringt sehr wenig, Judith«, erwiderte Adam. »Du kennst ihre Situation. Honor hat nie etwas anderes vorgegeben.«
    Â»Das weiß ich. Aber bringt sie überhaupt etwas mit? Zum Beispiel Quilts?« Judith wandte sich an Honor. »Wie viele Steppdecken hast du?«
    Â»Eine.«
    Â»Eine?« Judith war fassungslos. »Man hat mir erzählt, du seist eine erfahrene Quilterin, außerdem habe ich dich beim Quiltkränzchen nähen sehen. Und ich sehe, wie schnell du jetzt arbeitest.« Sie beugte sich vor und nahm Honors Stoffsechsecke in die Hand. »Du hast die flinksten Hände in Faithwell. Was hast du eigentlich daheim in England gemacht?« Honor spürte, wie viele Fragen sich hinter dieser einen verbargen: Wie hat die Tochter eines Seilmachers ihre Tage verbracht? War sie faul oder fleißig? Würde sie sich bei den Haymakers irgendwie nützlich machen können?
    Â»Ich hatte mehr Quilts«, erklärte Honor, »aber ich habe sie weggegeben, weil sie zu sperrig fürs Reisegepäck waren. Grace und ich konnten nur zwei Quilts mitnehmen, und der Hochzeitsquilt musste verbrannt werden, weil man befürchtete, er sei mit Gelbfieber infiziert.« Beschämt blickte Honor zu Boden. Sie hatte nicht damit gerechnet zu heiraten, zumindest nicht so bald, und jetzt war sie überhaupt nicht darauf vorbereitet. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass Jack sie trotzdem wollte.
    Â»Hat deine Schwester nicht mehr Quilts für die Hochzeit mit Adam mitgebracht?«
    Â»Die Quilts waren ihr nicht so wichtig, außerdem hat sie gedacht, sie könnte hier noch einige anfertigen.«
    Judith brummte etwas vor sich hin und reichte Honor das

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