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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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sie war bemüht, sich keinerlei Regung anmerken zu lassen.
    Â»Ich bin froh, dass er sie geschnappt hat«, fügte Jack hinzu.
    Honor erstarrte. »Warum?«
    Jack rutschte unruhig auf der Bettkante hin und her. »Weil es besser ist, wenn nicht dauernd Männer wie Donovan durch unsere Gegend reiten. Sie stören ehrliche Leute nur bei der Arbeit und machen den Frauen Angst.«
    Â»Bist du etwa der Ansicht, Sklaven sollten besser nicht flüchten?«
    Â»Honor, du weißt, dass wir die Sklaverei nicht gutheißen. Schließlich glauben wir daran, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Aber …« Jack unterbrach sich.
    Â»Aber was?«
    Â»Ach, wie soll ich das jemandem erklären, der aus einem Land kommt, in dessen System die Sklaverei nicht von Anfang an fest verankert war?«, seufzte Jack. »Es ist leicht, die Sklaverei zu verurteilen, wenn man die Folgen nicht bedenken muss.«
    Â»Was für Folgen?«
    Â»Wirtschaftliche Folgen. Wenn die Sklaverei morgen abgeschafft würde, wäre das Amerikas Untergang.«
    Â»Wieso?«
    Â»Baumwolle und die daraus gewebten Stoffe gehören zu den wichtigsten Produkten unseres Landes. In den Südstaaten wird die Baumwolle mit Hilfe von Sklaven angebaut, und in den freien Nordstaaten wird sie zu Stoff weiterverarbeitet. Beide Seiten sind voneinander abhängig. Könnte man die Baumwolle dank der Sklaven nicht zu einem günstigen Preis ernten, müssten die Fabriken im Norden schließen.«
    Honor dachte darüber nach und wünschte sich einen klareren Kopf, um besser gegen Jack argumentieren zu können.
    Â»Ich weiß, dass die englischen Freunde entschiedene Sklavereigegner sind«, fuhr Jack fort. »Wir Amerikaner sehen das nicht anders, nur sind wir vielleicht ein bisschen pragmatischer. Seinen Überzeugungen im Alltag treu zu bleiben, ist viel schwieriger, als sie nur zu predigen. Denk nur einmal an die vielen Baumwollstoffe, die du für deine Quilts verarbeitest. Selbst wenn du sie in England gekauft hast, sind viele von ihnen durch Sklavenarbeit produziert worden. Wenn möglich, kaufen wir Stoffe, die ohne Sklavenarbeit hergestellt wurden, aber das ist schwierig, denn es gibt nur wenige sklavenfreie Plantagen.« Er strich über ein grünes Chintzquadrat, das Teil eines Blocks in Honors Signaturquilt war. »Dieses Stoffstück hier wurde wahrscheinlich in Massachusetts aus Baumwolle von einer Südstaatenplantage gewebt. Würdest du den Quilt deswegen wegwerfen?«
    Honor umklammerte den Rand des Quilts, als rechnete sie damit, dass Jack ihr die Decke jeden Moment entreißen könnte. »Willst du damit sagen, dass wir den Sklaven nicht bei der Flucht helfen sollen?«
    Â»Sie verstoßen gegen das Gesetz, und das kann ich nicht billigen. Ich würde einen flüchtenden Sklaven nicht aufhalten, aber ich würde ihm auch nicht helfen. Beihilfe zur Flucht steht unter Strafe – sie wird mit Geldbußen, Gefängnis oder Schlimmerem geahndet.« Während er sprach, war ein bitterer Zug um seinen Mund getreten.
    Er verschweigt mir etwas, dachte Honor. Sollte eine Frau nicht alles über ihren Ehemann wissen? »Jack …«
    Â»Ich muss jetzt beim Melken helfen.« Noch bevor Honor etwas sagen konnte, war Jack aus dem Zimmer verschwunden.
    Honor lag im Bett und weinte um die Frau, die ihr Wasser gebracht hatte und nun Donovan in die Hände gefallen war.
    Als Honor am nächsten Nachmittag von einem Nickerchen erwachte, saß Belle Mills neben ihr. Honor glaubte noch zu träumen und blinzelte, doch sie täuschte sich nicht: Eine Haube, wie Belle sie trug, hätte sie niemals erträumen können. Von der breitesten Krempe, die Honor jemals gesehen hatte, ringelten sich duftige Spitzenbänder hinab. Zugebunden war die Haube mit einer grell orangefarbenen Schleife, die Belles gelblichen Teint noch betonte. Der ausgesprochen damenhafte Stil der Haube ließ Belles kräftigen Kiefer und die vorgewölbten Augen noch stärker hervortreten, wodurch ihr Gesicht noch männlicher wirkte.
    Â»Honor Bright, wie konntest du es wagen, einfach klammheimlich zu heiraten? Ich musste es ausgerechnet von meinem Bruder erfahren, und nichts hasse ich mehr, als Neuigkeiten aus seinem Munde zu hören. Ich war wirklich beleidigt, und wenn Donovan mir nicht gesagt hätte, dass du krank bist, und ich mich nicht überzeugen wollte, dass deine neue Familie sich auch

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