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Die englische Freundin

Die englische Freundin

Titel: Die englische Freundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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Kind: Ihre Haut hatte die Farbe von Tee, und ihre Wangen waren rund wie Pfannkuchen. »Sind Sie gekommen, weil Sie mich verpfeifen wollen?«, fragte sie Honor.
    Â»Nein«, erwiderte Honor.
    Â»Ich habe keine Milch mehr für sie, deshalb schreit sie so.«
    Â»Dorcas, geh und hole einen Becher Milch. Und etwas zu essen«, befahl Honor.
    Dorcas blickte sie verblüfft an, ging dann aber zurück zum Haus.
    Während sie warteten, versuchte Honor dem Baby beruhigend zuzulächeln, doch es war ein verkrampftes Lächeln. »Wie alt ist die Kleine?«
    Â»Vier Monate. Ich weiß auch nicht, warum ich mit einem kleinen Baby ausgebüxt bin. Das ist nicht fair ihr gegenüber. Aber ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten.«
    Â»Wo kommt ihr beiden her?«
    Â»Kentucky. Der Weg ist zwar nicht so weit wie bei manchen anderen, aber dafür ist mir mein Herr dicht auf den Fersen, zusammen mit einem Sklavenfänger hier aus der Gegend.«
    Honor erstarrte. »Heißt er Donovan?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
    Â»Sind sie in der Nähe?«
    Â»Zuletzt hab ich sie in Wellington gesehen.«
    Â»Also nicht weit weg. Wir können euch beide nicht verstecken, aber solange ihr im Wald bleibt und euch von der Straße fernhaltet, seid ihr in Sicherheit.« Honor erklärte der jungen Frau, wo Mrs Reed wohnte, doch die hörte nicht zu; ihre Augen waren auf einen Punkt hinter Honor gerichtet. Dorcas kam zusammen mit ihrer Mutter zurück.
    Judith Haymaker hielt der jungen Frau einen Krug Milch hin. Sie nahm die Milch und versuchte sie dem Baby einzuflößen, doch weil das Kind noch nicht aus einem Krug trinken konnte, verschluckte es sich. Daraufhin hielt die Mutter den Finger in die Milch und ließ das Baby anschließend daran saugen.
    Â»Wer hat dich hergeschickt?«, wollte Judith wissen.
    Â»Eine Frau in Wellington, Ma’am«, stotterte die junge Frau, die sich ganz auf ihr Kind konzentrierte.
    Â»Wie hieß sie?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    Â»Wie hat sie ausgesehen?«
    Â»Eine weiße Frau, die aber irgendwie gelb war. Sie hat krank ausgesehen.«
    Â»Wo hast du sie getroffen?«
    Â»Im hinteren Teil eines Ladens.«
    Â»Was für ein Laden?« Judith ließ nicht locker. Honor versuchte, das Mädchen mit Blicken zu warnen.
    Â»Weiß nicht, Ma’am.« Das Mädchen schwieg eine Weile, dann hellte sich sein Gesicht auf. »Sie hatte Federn in den Taschen.«
    Honor stöhnte leise.
    Â»Wie? Hat sie Hühner gehalten?«
    Â»Nein, Ma’am. Es waren gefärbte Federn. Blaue und rote.«
    Â»Die Putzmacherin.« Judith warf Honor einen bösen Blick zu, bevor sie sich wieder an die junge Frau wandte. »Ist das Baby fertig mit der Milch?«
    Das Baby war tatsächlich eingeschlafen. Die junge Mutter sah aus, als könne sie selbst ein wenig Schlaf vertragen; ihr Kopf sackte immer tiefer auf ihre Brust.
    Â»Dann müsst ihr jetzt gehen.« Judiths Haltung duldete genauso wenig Widerspruch wie ihre Worte. Die Schwarze riss die Augen auf. Sie reichte Dorcas den Blechbecher und stand geschickt auf, ohne das Baby zu wecken. Obwohl sie noch so jung war, wirkte sie erfahren im Umgang mit der Kleinen. Sie legte das Baby in ein gestreiftes Tuch, das sie sich hinter den Rücken schob und vor ihrer Brust mehrmals verknotete, sodass das Baby ganz eng an sie geschmiegt lag. »Danke«, sagte sie und schaute dabei auf ihre Füße, dann marschierte sie los und verschwand zwischen Ahorn und Buchen.
    Judith ging zurück zum Haus. »Ich werde nach Wellington fahren und mit Belle Mills sprechen. Sie darf uns in Zukunft keine Farbigen mehr vorbeischicken.«
    Honor und Dorcas folgten ihr. »Ich würde lieber selbst mit ihr sprechen«, sagte Honor.
    Â»Ich will nicht, dass du dich mit ihr triffst. Sie hat keinen guten Einfluss auf dich.«
    Tränen brannten Honor in den Augen. »Dann werde ich ihr schreiben. Bitte.«
    Â»Dann schreib ihr, dass sie uns auch nicht mehr besuchen kommen soll«, knurrte Judith. »Sie ist hier nicht willkommen. Und du zeigst mir den Brief, bevor du ihn abschickst. Ich muss dir leider sagen, dass ich dir nicht mehr vertraue.«

Faithwell, Ohio
    3. des 4. Monats 1851
    Liebe Belle,
    ich schreibe Dir mit der Bitte, in Zukunft keine Flüchtlinge mehr zu uns nach Faithwell zu schicken. Zusammen mit meinem Mann und seiner Familie habe ich beschlossen,

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