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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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liegen. Nichts von alledem würde dann noch eine Rolle spielen.
    »Ich werde den König übermorgen nach Calais begleiten«, verkündete Anne Boleyn ihren Hofdamen im Privatgemach der Königin.
    Anne war nach ihrer Ernennung zum Marquis von Pembroke mit neuem Selbstbewusstsein nach Hampton Court zurückgekehrt. Der König zeigte ihr gegenüber die Ergebenheit eines Welpen gegenüber seinem Herrchen. Fürwahr, dachte sie, wenn ich ihm einen Keks vor die Nase hielte, würde er Männchen machen und betteln – nun, vielleicht nicht gerade einen Keks, aber einen Anreiz anderer Art. Selbstverständlich würde sie das niemals tun. Es gehörte sich nicht, dass ein König bettelte.
    Sie hatte gerade die Messe besucht, die Thomas Cranmer, der neue Erzbischof von Canterbury, in der Königlichen Kapelle gelesen hatte, wo sie zusammen mit Heinrich auf der für den König reservierten Bank gesessen hatte. Die Fahrt nach Calais war Cranmers Vorschlag gewesen.
    »Es wäre klug, wenn Ihr in Eure Gespräche mit dem französischen König Euer Vorhaben der Annullierung Eurer Ehe einfließen lassen würdet, Euer Majestät. Ihr könntet sogar in Erwägung ziehen, Lady Anne mitzunehmen. Damit bekäme Francis Gelegenheit, die Frau kennenzulernen, die schon bald Eure neue Königin sein wird.«
    Wenn Anne in Bezug auf diesen neuen Erzbischof noch irgendwelche Zweifel gehabt hatte, so waren sie nach diesen Worten endgültig ausgeräumt.
    Jetzt beobachtete sie mit einiger Genugtuung, wie Lady Margaret Lee versuchte ihre Überraschung zu verbergen.
    »Sollen wir Euch Eure Kleider herrichten, Mylady?«
    »Ja, s’il vous plaît . Ich sollte wohl besser gleich ein wenig Französisch üben. Packt auf jeden Fall das karminrote Kleid ein. Der König hat ausdrücklich danach verlangt, und auch den Umhang mit dem Hermelinfutter. Wir werden im Palast des Finanzministers zu Gast sein, und dort soll es ziemlich zugig sein. Außerdem brauche ich meine Ärmel und auch das Kleid aus Wildleder. Wahrscheinlich werden wir mit Francis auf die Jagd gehen.«
    Sie öffnete ihre Schmuckschatulle und nahm ein paar nicht sehr wertvolle Schmuckstücke heraus. Dann fiel ihr Blick auf ein silbernes Diadem. Zu anmaßend? Nein, entschied sie. Sie würde es zum karminroten Kleid tragen. Heinrich würde sich vielleicht darüber amüsieren. Und wenn nicht, dann würde sie es einfach abnehmen. Sie legte es zu den anderen Schmuckstücken auf den Haufen. Der Blick, den die beiden Frauen wechselten, entging ihr dabei keineswegs.
    »Ihr müsst die Sachen beim Einpacken vorsichtig übereinanderlegen. Der Samt kommt ganz nach oben, und zwischen die einzelnen Schichten müsst Ihr etwas Lavendel betten.«
    Lady Margaret Lee knickste gehorsam.
    »Werden wir Euch begleiten, Mylady?«, fragte die Seymour, deren Wangen vor Aufregung gerötet waren.
    »Nein, ich glaube nicht. Es wird nur eine kurze Reise werden. Meine Kammerzofe wird genügen. Es ist nicht nötig, Euch aus Eurer behaglichen Umgebung hier zu reißen.«
    Die Seymour sah enttäuscht aus. Sie machte einen flüchtigen Knicks.
    »Während Ihr zu tun habt, werde ich in den Hof hinuntergehen. Der König hat mich nämlich zu einer Runde Bowling herausgefordert.« Anne rauschte aus dem Zimmer. Angesichts des enttäuschten Ausdrucks, der sich bei der Seymour deutlich auf dem Gesicht abgezeichnet hatte, musste sie ein Lächeln unterdrücken. Ich frage mich, ob ich überhaupt noch glücklicher werden kann, wenn ich Königin bin? , dachte sie. Jetzt war es so gut wie sicher. Ihre letzte Periode war ausgeblieben. Aber selbst wenn es diesmal noch nicht so weit sein sollte, es würde geschehen.
    Heinrich hatte ihr ins Ohr geflüstert, dass der französische Botschafter ihm nebeneinanderliegende Zimmer zugesichert habe.
    Als John Frith auf die Docks von Southend zuging, dachte er nur daran, dass ihn bloß noch ein schmaler Streifen Meer von den Armen seiner Frau trennte. Schon heute Nacht würde er in seinem eigenen Bett schlafen – falls sein völlig erschöpfter Körper noch so lange durchhalten würde. Die Muskeln in seinen Beinen zitterten, und sein Magen knurrte. Er entschied, dass er zumindest einigen seiner körperlichen Bedürfnisse nachgeben musste, und kehrte deshalb in einer Schenke ein, um dort eine Fleischpastete zu essen und ein Pint Ale zu trinken. Er hatte den Krug erst zur Hälfte geleert, als er das Fox and the Hound schon wieder verließ. Die angebissene Fleischpastete nahm er mit.
    Wäre John weniger geistesabwesend

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