Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
nicht versprechen, dass wir niemals eine raue See erleben werden, aber ich kann Euch Liebe versprechen.«
»Kapitän Lasser«, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung sagen. »Es scheint, als hättet Ihr alle meine Einwände entkräftet. Was habe ich schon zu verlieren«, fuhr sie mit tränenerstickter Stimme fort, »außer einen weiteren anständigen und aufrechten Mann?«
Er zog sie an sich und küsste sie. Nachdem er sie wieder losgelassen hatte, hielt er sie auf Armeslänge von sich und sah sie mit demselben spöttischen Grinsen an, das sie zum ersten Mal durch ein eisernes Gitter im Fleet-Gefängnis gesehen hatte.
»Glaubt mir, Kate. Ich werde alles dafür tun, dass das niemals geschehen wird. Um unser beider willen.«
»Wann lauft Ihr aus?«, fragte sie. Offensichtlich hatte sie sich noch immer nicht ganz an diese Vorstellung gewöhnt.
»Wir, meine hübsche Kate, wir werden morgen auslaufen. Ich muss für die Hanse ein paar Fahrten in der Ostsee machen. Im Übrigen kenne ich in Lübeck einen reformierten Prediger, der uns trauen wird.«
»Morgen schon. Dann habe ich ja nicht einmal mehr Zeit, um …«
Er ging zu der Truhe und öffnete sie. Der Anblick verschlug ihr schier den Atem. Sie war bis zum Rand mit Kleidern gefüllt.
»Charlotte?«
»Mit Endors Hilfe.«
»Ihr scheint Euch Eurer Sache sehr sicher gewesen zu sein, Kapitän«, sagte sie.
»Ihr habt es doch selbst gesagt: Was habt Ihr schon zu verlieren?« Und dann küsste er sie noch einmal.
Am nächsten Tag, als die gelbbraunen Segel der Phoenix sich im Wind blähten und sie aus dem Hafen segelte, befand sich auch Kate Gough Frith, zukünftige Lasser, an Bord. Sie wurde begleitet von ihrer Tochter Madeline, einer Katze namens Krause, ihrer guten Freundin Endor und einer illuminierten Bibel, die ein Familienerbstück war. Sie reckte ihr Gesicht der Morgensonne entgegen, setzte ihren Glauben in Gott, ihre Hoffnung in Tom Lasser und ihr Vertrauen auf Endors Ingwertee.
Historische Anmerkungen
Die historischen Quellen geben über John Frith weit weniger Auskunft als über seinen Freund William Tyndale, dessen im sechzehnten Jahrhundert entstandene Übersetzung der Bibel ins Englische erheblich dazu beigetragen hat, die protestantische Reformation in England in Gang zu setzen. Diese Übersetzung war auch die Grundlage für die später entstandene King James Bible. Der Märtyrertod dieses außergewöhnlichen jungen Gelehrten, der keine dreißig Jahre alt wurde, und die Umstände seiner akademischen Laufbahn und seiner Hinrichtung wegen Ketzerei sind geschichtlich belegt. Die Aufzeichnungen erwähnen auch eine Ehefrau, von der außer der Tatsache ihrer Existenz jedoch nichts weiter bekannt ist. Dies war die Basis für die fiktionale Figur von Kate Frith. Die Aufzeichnungen berichten auch von einem Buchhändler und Drucker namens John Gough, der zu Beginn der heftigsten Verfolgungen von Protestanten in England außerhalb der Herrschaft von Mary Tudor verhaftet wurde.
Sir Thomas Mores Rolle bei diesen Verfolgungen sowie seine Auseinandersetzung mit Heinrich VIII . wegen dessen Heirat mit Anne Boleyn und der darauffolgende Bruch mit Rom sind umfangreich dokumentiert. Am 6. Juli 1535, zwei Jahre und zwei Tage, nachdem John Frith auf dem Scheiterhaufen starb, wurde More wegen Verrats hingerichtet. Er wurde angeklagt, die Rechtsgültigkeit des Erbfolgegesetzes zu bestreiten, weil es die Autorität des Papstes in religiösen Angelegenheiten in England nicht anerkannte. Es heißt, Margaret Roper habe den Constable des Tower bestochen, den gekochten Kopf ihres Vaters von dem Pfahl an der Tower Bridge abzunehmen, wo man ihn ausgestellt hatte. Sie habe den Kopf versteckt, sodass das Andenken ihres Vaters nicht weiter beschmutzt werden konnte. Seine letzten Tage im Tower wurden für More erträglicher, da er wusste, dass William Tyndale, der von Henry Phillips verraten und im Mai desselben Jahres verhaftet worden war, in einer Burg in Vilvoorde achtzehn Meilen von Antwerpen entfernt, gefangen gehalten wurde. William Tyndale wurde im Oktober 1536 durch Strangulation und Verbrennen hingerichtet.
Nachdem sie dem König keinen männlichen Erben zu schenken vermochte, wurde Königin Anne Boleyn am 19. Mai 1536 auf dem Tower Green geköpft. Sie wurde des Inzestes mit ihrem Bruder George, des Ehebruchs (Verrats) mit einem Musikmeister und der Hexerei beschuldigt. Kurz nach Annes Hinrichtung wurde Jane Seymour die dritte Ehefrau von Heinrich VIII .
Von Thomas
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