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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Vantrease
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skeptische Kapitän Tom Lasser war also doch ein Träumer. Wer hätte das gedacht? Sie lachte laut.
    »Das westliche Meer! Ich werde doch schon auf dem Ärmelkanal seekrank.«
    »Endors Vorräte sind schon alle verladen. Einschließlich einer stattlichen Menge Ingwer.«
    Es war ein Hirngespinst, sich überhaupt vorzustellen, dass es diese Möglichkeit gab. Nichts anderes als ein dummes, albernes Spiel. Aber sie würde es noch ein wenig mitspielen.
    »Im Frachtraum sind Ratten.« Sie schauderte. »Ich glaube nicht, dass ich die Ratten die vielen Wochen ertragen könnte, die wir auf See verbringen müssten.«
    »Wenn man dem Schnatterlieschen glauben kann, dann ist Krause ein sehr guter Mäusejäger.« Sein zuversichtliches Lächeln war schalkhaft – schalkhaft und unwiderstehlich. Seine Zähne strahlten weiß zwischen seinen geschwungenen Lippen. Wie mochten sich diese Lippen auf ihrer Haut anfühlen?
    Und plötzlich war es kein Spiel mehr. Es war Zeit, den Tagtraum zu beenden. Sie konnte ihn nicht ansehen. Stattdessen starrte sie unverwandt auf den Boden mit seinen blank gescheuerten Eichenplanken, so blank gescheuert wie ihr Herz. Er würde bereits mit der nächsten Flut auslaufen. Bis Michaelis würde ihr Gesicht in seiner Erinnerung verblasst sein, so wie Johns Gesicht zu verblassen begann.
    »Ich bin seit weniger als einem Jahr Witwe«, sagte sie. »Ich werde das Andenken an meinen Ehemann nicht dadurch entehren, dass ich schon so bald das Bett mit einem anderen Mann teile. Das ist das Letzte, was ich für ihn tun kann.«
    Er legte seine Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht sanft an. Ihre Blicke trafen sich, und sie sah in seinen dunklen Augen weder Spott noch Geringschätzung.
    »John ist fort, Kate. Aber wir beide sind noch da. Und wir bemühen uns nach besten Kräften. Hier und heute. Euer oder mein Glück zu opfern, wird ihn Euch nicht zurückbringen. Ihr seid wie ich. Wir sind keine Märtyrer und werden es niemals sein. Wir sterben nicht für unsere Überzeugungen – wenn wir die Wahl haben. Wir leben unsere Überzeugungen. Ich bin kein Heiliger wie John. Ich bin nur ein Mann. Aber Heilige sind bekanntlich auch keine guten Ehemänner.«
    »John war ein wunderbarer Ehemann.« Kate war verärgert.
    »Und jetzt ist er tot, und Ihr seid unglücklich. Überlegt doch, Kate. Wenn er tatsächlich ein so guter Ehemann war, wie Ihr sagt, dann würde er doch wollen, dass Ihr glücklich seid, und nicht, dass Ihr den Rest Eures Lebens damit zubringt, um ihn zu trauern. Einsam und abgeschieden wie eine Nonne im Kloster. Ich kannte ihn gut. Er liebte das Leben, und er liebte Euch. Aber Ihr habt es selbst gesagt: Er liebte Gott noch mehr. Wenn Ihr wieder glücklich seid, dann wird er wieder bei Euch sein. Sein Leben war erfüllt, und das Eure wird es dann wieder sein.«
    Kate sah plötzlich Johns ernstes Gesicht vor sich. So wie früher, voller Konzentration, saß er über seine Bücher gebeugt und war voller Freude in seine Arbeit vertieft. Ihrem Verstand gelang es zum ersten Mal seit Wochen wieder, sein Bild in aller Deutlichkeit heraufzubeschwören. Es war wie ein Geschenk. Sie sah den Mann an, der ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht hatte. Sein Gesicht war ebenfalls ernst, so ernst, wie sie es bei ihm nur höchst selten gesehen hatte. Im Grunde nur ein einziges Mal, damals, als er sein Schiff in den Hafen gesteuert hatte.
    Konnte eine Frau die Erinnerung an eine Liebe wie jene, die sie mit John verbunden hatte, in ihrem Herzen bewahren, ohne dass sie durch ihre Liebe zu einem anderen Mann geschmälert wurde?
    »Abenteuerfahrt«, sagte sie beinahe flüsternd.
    »Wie bitte?«
    »Ihr sagtet, wir würden auf Abenteuerfahrt gehen. Wonach suchen wir?«
    »Nun, günstige Winde, meine hübsche Kate, günstige Winde und weindunkle Meere.«
    Sie erkannte die Anspielung auf Homer aus dem Buch, das sie vor so langer Zeit bei dem Antwerpener Händler gekauft hatte. Kein Wunder, dass John sich mit dem Kapitän so gut verstanden hatte. Sie waren in vielerlei Hinsicht verwandte Seelen gewesen.
    »Ich werde keine Penelope für Euch spielen«, sagte sie. »Ich werde nie wieder zulassen, dass mich jemand verlässt.«
    Er warf den Kopf zurück und lachte laut. Dann berührte er zärtlich ihre Wange.
    »Wir werden nach der Wahrheit suchen, Kate, für die John gestorben ist. Und nach Liebe. Nach jener Art von Liebe, die Euch und John verbunden hat. Liebe ist das einzige Schiff, das selbst in rauer See niemals kentert. Ich kann Euch

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