Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
er mit gepresster Stimme hervor. »Johns gedungene Mörder haben sie getötet – dort, wo sie eigentlich sicher hätten sein sollen!«
Mahelt starrte ihn ungläubig an.
»Ermordet?«
»Man hat sie sterbend in ihrem eigenen Blut liegen gelassen. Jemand hat sie getötet, und Pembroke war so unzulänglich bewacht, dass die Mörder unerkannt entkommen sind. Alais befand sich in der Obhut unserer Eltern, und sie haben sie nicht beschützt. Sie haben die Gefahr ignoriert. John ist entschlossen, uns zu vernichten.« Er erzitterte unter ihrer Hand.
»Wie meinst du das?« Es entsetzte sie, dass er so von ihrer Mutter und ihrem Vater sprach. Die ganze Situation war unwirklich und unbegreiflich. »Mama und Papa sind immer auf der Hut. Du bist überreizt, du irrst dich.«
»Ich irre mich nicht. Ich habe ihre Leichen gesehen.« Er öffnete seine geballte Faust und zeigte ihr die kleine gestickte Blume, die er umklammert hatte. »Von Alais’ Hochzeitskleid«, krächzte er heiser. »Sie haben nicht Acht gegeben. Du magst sie in Schutz nehmen, aber dafür gibt es keine Entschuldigung.«
Mahelt fühlte sich innerlich leer.
»Woher weißt du, dass John die Mörder angeheuert hat?«
»Wer sollte es sonst gewesen sein?« Er entblößte die Zähne. »Wer sonst würde so etwas tun – unserer Familie ein solches Leid zufügen wollen? Er hat nie vergessen und verziehen, wie unser Vater ihn in Irland gedemütigt hat. Du hast doch keine Ahnung, was bei Hof passiert ist, als Richard und ich in seiner Gewalt waren. Er wird uns alle vernichten. Richard ist in der Normandie, außerhalb seiner Reichweite, aber wir anderen nicht.«
Seine Worte, sein Tonfall erschreckten Mahelt, und sie presste eine Hand auf ihren Leib. Sie wollte loslaufen, ihre Söhne suchen und sich vergewissern, dass sie in Sicherheit waren. Wenn jemand Alais mitten im Schoß ihrer Familie so etwas antun konnte, schwebte jedermann in Gefahr.
»Du kannst Mutter und Vater nicht dafür verantwortlich machen«, wiederholte sie.
Will achtete nicht auf sie.
»Sie waren mein Stolz und meine Freude«, flüsterte er erstickt. »Sie haben mein Leben erträglich gemacht. Jetzt muss ich mit diesem Grauen leben und dahinvegetieren, bis ich wie sie zu Staub zerfalle.« Seine Schultern bebten, und er begann erneut zu schluchzen.
Diesmal ließ er zu, dass Mahelt ihn in die Arme schloss, ihren großen Bruder, mit dem sie sich als Kind erbitterte Kämpfe geliefert hatte. Keiner von beiden hatte jemals aufgegeben oder nur ansatzweise einen Rückzieher gemacht, doch jetzt empfand
sie ein fast mütterliches Mitleid für ihn. Sie bedrängte ihn nicht, ließ ihn weinen, bis der Sturm abebbte und er den Kopf hob. Sie holte ihm ein Tuch, damit er sich das Gesicht abtrocknen konnte, und schenkte ihm aus der Karaffe neben dem Bett einen Becher Wein ein. Es gab wenig, was sie tun konnte, aber sie hatte wenigstens das Gefühl zu helfen.
»Was wirst du jetzt tun?«, fragte sie, als sie ihm den Becher reichte.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte er dumpf. »Lass mich ein paar Tage hierbleiben und nachdenken, dann gehe ich irgendwo anders hin. Ich habe Freunde.« Sein Blick wurde klarer. »Ich möchte nicht, dass du unseren Eltern sagst, wo ich bin … schwöre mir das!«
Mahelts Herz machte einen Satz.
»Sie müssen es erfahren, Will.«
»Ich verbiete es dir«, gab er verärgert zurück. »Ich habe alle Bande durchtrennt, und für mich gibt es kein Zurück mehr – nicht solange mein Vater auf der Seite dieses Tyrannen steht. Du musst es mir versprechen, du musst!«
Mahelt war sich nicht sicher, ob sie ihm dieses Versprechen wirklich geben sollte, aber als sie die Qual in seinen Augen und seinen verzerrten Mund sah, lenkte sie ein.
»Hugh und meinen Schwiegervater muss ich einweihen. Ich kann so etwas nicht vor ihnen geheim halten, und sie werden ohnehin mitbekommen, dass du hier bist.«
Will rieb sich erneut die Augen.
»Das macht nichts. Vielleicht sind sie sogar gewillt, mir zuzuhören und ihre Meinung zu ändern. Unser Vater hält zu dem König, komme, was wolle. Er pocht lieber auf seine kostbare Ehre, als einen Schritt von seinem Weg abzuweichen – wie ein Schaf auf einem ausgetretenen Pfad, den es um keinen Preis verlassen will, weil dann nichts mehr so ist, wie es war.«
Die Bitterkeit, die aus dieser Bemerkung sprach, ließ Mahelt zusammenzucken.
»So etwas darfst du nicht sagen!«
»Was darf ich denn überhaupt noch sagen?« Will sah sie entrüstet an. »Wurde
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