Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
von Aufständen.«
Mahelt fühlte sich, als wäre sie zwischen zwei Räumen gefangen und laufe Gefahr, auf der Schwelle zerquetscht zu werden. Ihr Vater würde treu zu John stehen, egal was geschah, weil es ihm seine Ehre gebot. Er hatte ihm in guten wie in schlechten Zeiten die Treue geschworen. Man hatte ihr von Kindesbeinen an beigebracht, dass Versprechen unter allen Umständen gehalten werden mussten, aber was, wenn derjenige, dem man es gegeben hatte, ein eidbrüchiger Lügner war, der sich skrupellos alles nahm, was er haben wollte? Was war Recht, was Unrecht? Sie wusste es nicht mehr, und vermutlich wusste es auch sonst niemand.
»Wenn du dich von John lossagst, befindest du dich im Krieg mit meinem Vater.« Sie wusste, dass auch Will unter den Rebellen zu finden sein würde. Obwohl er und ihr Vater noch miteinander sprachen, vertraten sie in dieser Sache vollkommen gegensätzliche Standpunkte.
Hugh seufzte.
»Wenn wir John wenigstens ein paar Kompromisse abringen könnten, bestünde vielleicht noch Hoffnung. Niemand will es zu einem offenen Krieg kommen lassen.«
»Es sei denn, er ist ein Söldner oder verspricht sich mehr Macht davon.« Mahelt ging zum Fenster, schloss die Läden, durch die eine kalte Abendbrise hereinwehte, und entzündete mehr Kerzen.
»Dann müssen wir dafür sorgen, dass Frieden den Menschen mehr Vorteile bringt als Krieg. Genau dieses Ziel verfolgen dein Vater, ich und der Erzbischof, aber wir müssen
abwarten, was der Papst zu sagen hat.« Hugh betrachtete angelegentlich seine Fingernägel. »Ich erfuhr heute, dass Longespee freikommt. Der Austausch findet noch in dieser Woche statt.«
Mahelts Miene erhellte sich.
»Das sind gute Nachrichten für Ela und deine Mutter.«
Hugh wirkte jedoch nicht sonderlich glücklich.
»Das schon, aber Ralph ist immer noch ein Gefangener, und das schon seit neun Monaten. Dass er weitläufig mit dem König verwandt ist, zählt offenbar nur, wenn es um die Höhe der Lösegeldforderung geht, und dass ich zur Festnahme von Dreux beigetragen habe, wird völlig übergangen. Ich hoffe, Longespee fühlt sich, sobald er frei ist, verpflichtet, sich für Ralphs Freilassung einzusetzen, aber ich würde es nicht beschwören. Außerdem vermute ich, dass Longespee nur deshalb gerade jetzt ausgetauscht wird, weil John mit bewaffnetem Widerstand rechnet und seine Hilfe braucht.«
Mahelt wandte sich von den Kerzen ab und legte sich zu ihm auf das Bett.
»Du solltest dir wegen Longespee nicht den Kopf zerbrechen. Wir haben weiß Gott genug andere Sorgen.«
»Ich zerbreche mir seinetwegen nicht den Kopf«, sagte Hugh verärgert. »Ich finde es nur nicht richtig, dass er freikommt und Ralph nicht.« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich frage mich, wie er reagieren wird, wenn er herausfindet, was John Ela angetan hat.«
Mahelt schaute erschrocken auf.
»Du wirst es ihm doch nicht erzählen?«
Hugh gab ein verärgertes Grunzen von sich.
»Natürlich nicht. Es steht mir nicht zu, und selbst wenn ich es täte, würde er mir nicht glauben. Ich bin nur sein bäurischer Bigod-Bruder, der von noblesse oblige nichts versteht und nicht
weiß, wie sich ein Edelmann zu verhalten hat.« Er machte Anstalten, vom Bett aufzustehen, weil der Gedanke an Longespee ihn unruhig machte, aber Mahelt drückte ihn auf die Matratze zurück.
»Ich habe auch Neuigkeiten für dich.« Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihre Taille. »Ich bekomme wieder ein Kind.«
Wie sie gehofft hatte, war er sofort abgelenkt. Ein langsames Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, und seine Finger glitten über ihren Bauch. Sie war groß und in guter körperlicher Verfassung. Wenn sie ein Kind erwartete, machte sich dies erst ab dem fünften Monat bemerkbar, also ließ sich noch nicht sagen, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten war. Seit Weihnachten hatten sie keine Vorsichtsmaßnahmen mehr getroffen.
»Das ist wirklich eine gute Nachricht. Weißt du schon, wann es kommen wird?«
»Anfang November, denke ich.«
Er zog sie an sich und küsste sie zärtlich, und für eine Weile vergaß er seine Sorgen.
Am Morgen besuchte Mahelt Ida, die wie üblich vor dem Feuer döste. Was sie in der letzten Zeit aß, hätte kaum ausgereicht, um einen Vogel am Leben zu erhalten, doch heute wirkte sie lebhaft, und ihre Augen funkelten.
»Hast du schon die Neuigkeiten von meinem Sohn, von William gehört?«, rief sie. »Er kommt frei!«
Mahelt umarmte sie.
»Ja, Mutter, ich
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