Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
achten«, grollte er.
»Vater?«
»Schau mich nicht so unschuldig an. Du wirst mit dem Mädchen zu vertraut. Wir haben ihren Eltern ein Versprechen gegeben, und unsere Ehre gebietet es uns, es zu halten. Niemand wird je sagen, dass die Bigods ihr Wort brechen. Wenn du Bedürfnisse hast, befriedige sie anderswo. Du weißt, was ich meine.«
Hugh lief rot an.
»Wir haben nichts Unrechtes getan«, gab er steif zurück.
Sein Vater hob die Brauen.
»Wie nennst du es denn, wenn ihr mit Stroh bedeckt aus dem Stall kommt?«
»Das war alles ganz…«
»Was noch schwerer wiegt – ich habe vor dem Essen nach
euch gesehen und die Abdrücke von zwei Körpern auf dem Bett entdeckt. Was sagt das denn über Benehmen und Absichten aus?«
»Sie ist meine Frau. Ich habe sie nicht angerührt, nur geküsst.« Hughs Stimme klang heiser vor Zorn. »Es wird mir ja wohl erlaubt sein, ein wenig um sie zu werben!«
Der Earl lockerte seinen Gürtel, um seinem Bauch Luft zu verschaffen.
»Das kannst du in der Halle tun oder wenn ihr in Begleitung ausreitet oder unter der Aufsicht deiner Mutter und ihrer Zofen, aber nicht im Stall und nicht allein in ihrer Kammer – schon gar nicht auf einem Bett. Ich möchte so ein Gespräch nicht noch einmal mit dir führen. Hast du mich verstanden?«
»Sehr gut, Vater«, sagte Hugh mit zusammengebissenen Zähnen. Er kam sich vor wie ein Kind, das ausgescholten worden war, weil es Kuchen aus der Küche gestohlen hatte.
Mahelt saß in Idas Kammer und flickte ihren zerrissenen Schleier. Es war kein Wort gefallen, aber Mahelt entging der tadelnde Ausdruck in den Augen ihrer Schwiegermutter nicht, und obwohl sie noch immer wütend und rastlos war, tat sie ihr Bestes, um die Kluft zu überbrücken. Als Hugh eintrat, befasste sie sich mit ihrer Arbeit und blickte kaum auf, obwohl ihre Wangen zu glühen begannen. Er begrüßte seine Mutter förmlich, setzte sich einen Moment zu ihr und sprach leise auf sie ein. Was er sagte, schien Idas Anspannung zu lindern, denn sie küsste ihn und tätschelte seine Wange. Nachdem der Friede wiederhergestellt war, kam er zu der Bank am Fenster, auf der Mahelt saß.
»Mein Vater ist der Ansicht, dass wir mehr auf unser Benehmen achten sollten.« Er seufzte. »Ich vermute, er hat nicht ganz Unrecht damit.«
Mahelts Zorn wallte erneut auf. Was hatte sich ihr Schwiegervater einzumischen? Sie fragte sich, ob der alte Earl je die süße Wonne des Verlangens gekannt hatte. Vorstellen konnte sie es sich nicht. Fest stand, dass er Idas Bett nicht mehr teilte, sondern es vorzog, in seiner Kammer über seinen Dokumenten und Listen zu brüten.
»Tust du immer, was er sagt?«, fragte sie herausfordernd.
»Ich tue meine Pflicht und gehorche ihm«, versetzte Hugh. »Gilt das für dich und deinen Vater nicht?«
Mahelt presste, von widersprüchlichen Gefühlen erfüllt, die Lippen zusammen. Sie hasste es, dass jeder sie scharf beobachtete und auf irgendeinen Fehltritt wartete. Ida hatte gesagt, sie wolle nicht, dass Mahelt sich in Framlingham wie eine Gefangene fühle, aber oft war genau das der Fall.
»Dann müssen wir uns wohl fügen«, meinte sie mit einem tiefen Seufzer, ehe sie ihm einen bösen Blick zuwarf. »Zumindest in der Öffentlichkeit.« Sie stand auf und ging zu Ida, weil sie ihr eine Frage bezüglich des Stickmusters stellen wollte. Dabei achtete sie darauf, dass ihr Bein im Vorübergehen seines streifte.
Froh, den Frauen und ihren Ränken entrinnen zu können, flüchtete Hugh sich zu seinen Brüdern und den weit weniger komplizierten Verwaltungsangelegenheiten.
13
Framlingham, September 1207
Bekleidet mit einer Leinenschürze und einem Tuch um den Kopf geschlungen tauchte Mahelt einen Schöpflöffel in den Kessel mit dem dicken Schweinefleischeintopf mit Bohnen und füllte die Schale, die die Frau eines Kuhhirten ihr hinhielt. Die Frau knickste, schenkte Mahelt ein schüchternes Lächeln und ging zu einem Tisch, auf dem kleine Weißbrotlaibe bereitlagen. Mahelt bediente die nächste Frau in der Schlange. Es war Michaelistag und Tradition, dass der Lord von Framlingham und seine Familie für die Pächter und Diener ein Fest ausrichteten. Während der Earl und seine Söhne die Männer mit Essen versorgten, taten die Countess und Mahelt dies für die Frauen und Kinder.
Mahelt machte die ganze Sache großen Spaß. Solche Tätigkeiten lagen ihr viel mehr als Nähen und Sticken. Sie belohnte die Leute für ihren Fleiß und ihre harte Arbeit und freute
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