Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
frischem Fleisch auffüllen konnten.
Seit sie von der Rückkehr ihres Vaters nach England erfahren hatte, war Mahelt nur wenig über seinen Disput mit dem irischen Baron Meilyr FitzHenry zu Ohren gekommen. Die Auseinandersetzung zog sich hin, und ihr Vater war gezwungen, am Hof auszuharren, weil der König ihn in seiner Nähe wissen wollte.
Mahelt, die ihrer Stute eine Stunde lang Bewegung verschafft hatte, stieg gerade ab, als ein Hausierer eintraf. Sein Pferd sah aus wie Pie, das schwarz-weiße Pony, das Hugh ihr geschenkt hatte, nur dass es größer war. An seinem Packkorb hingen einige Katzenfelle, und seine Hose war zwar von einem kostbaren Scharlachrot, aber zerknittert und abgetragen. Er stank nach schalem Rauch und dem Schmutz, der sich in Haut und Kleider frisst, wenn man wochenlang umherreist. Mahelt wollte eine Begegnung mit ihm vermeiden und sich in die Halle begeben, aber er trat ihr in den Weg, nahm seinen schmierigen Hut ab und verneigte sich. Dann reichte er ihr ein zusammengefaltetes, versiegeltes Pergament, das unter der Hutkrempe verborgen gewesen war.
»Lady Bigod, ein junger Lord, den ich auf der Straße getroffen habe, bat mich, Euch dies zu geben. Ich soll Euch ausrichten, dass ein Löwe immer ein Löwe bleibt, vor allem, wenn er einem Marshal gehört.«
Mahelt schob das Pergament hastig in ihren Gürtel und blickte sich um, um sich davon zu überzeugen, dass niemand etwas mitbekommen hatte, aber der Hausierer hatte den Übergabemoment gut gewählt, der Stallknecht war mit ihrem Pferd beschäftigt.
»Danke«, keuchte sie. »Geh in die Küche, und lass dir Brot und Ale geben. Sag, Lady Mahelt Bigod hätte dich geschickt.«
»Mylady.« Er verbeugte sich erneut, wobei sie in den zweifelhaften Genuss des Anblicks der in seinem Haar herumkriechenden Läuse kam, und trottete in Richtung der Küche davon. Mahelt eilte in ihre Kammer, schickte Edeva mit einem ungeduldigen Fingerschnippen fort und ließ sich auf der Bank unter dem Fenster nieder, um die Nachricht zu lesen. Tripes sprang auf den Platz neben ihr. Mahelt starrte die verwischten Worte an, die offensichtlich in großer Eile hingekritzelt worden waren, und lachte, während sie sich zugleich Tränen abwischte. Doch als sie zu lesen begann, fing ihr Herz an zu rasen. Will, der sich in der Obhut von John FitzRobert, dem Sohn seines Bewachers, und eines Ritters vom Hof namens Robert Sandford befand, war auf dem Weg nach Norden, würde aber die morgige Nacht in Edmundsbury verbringen. Er bat sie, dorthin zu kommen und ihn zu treffen. Stirnrunzelnd nagte sie an ihrer Lippe. Das war leichter gesagt als getan.
Sie richtete sich ordentlich her, vergewisserte sich, dass ihr Schleier ihr Haar bedeckte und keine Hundehaare an ihrem Gewand hafteten und an ihrer Erscheinung nichts auszusetzen war. Dann holte sie tief Atem und machte sich auf die Suche nach ihrem Schwiegervater.
Roger Bigod diktierte seinen Schreibern in seiner Kammer einige Briefe, bedeutete ihr aber, einzutreten, und drehte sich zu ihr um.
»Meine Tochter?« Er hob die Brauen. »Ist etwas geschehen?«
»Ja, Vater.« Mit bis zum Hals klopfendem Herzen zeigte Mahelt ihm Wills Brief und bat um die Erlaubnis, auszureiten und ihren Bruder zu besuchen.
Ihr Schwiegervater musterte sie aus schmalen grauen Augen.
»Ich denke nicht, dass ich das gestatten kann«, sagte er endlich mit ruhiger Stimme, die aber keinen Widerspruch zuließ. »Es schickt sich nicht für eine Frau, in der Gegend herumzureiten, vor allem dann nicht, wenn sie so jung und unerfahren ist wie du. Ich kann weder die nötige Eskorte noch die Pferde für so eine Eskapade entbehren. Und von umherziehenden Vagabunden Briefe entgegenzunehmen ist gleichfalls ungehörig und nicht die Art von Betragen, die ich von der Frau meines Sohnes erwarte.«
Mahelt starrte ihn ungläubig an.
»Aber Will ist mein Bruder! Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er als Geisel genommen wurde!«
Der Earl ließ sich nicht umstimmen.
»Das ist bedauerlich, aber ich muss zuerst an die Sicherheit und die Interessen meiner Familie denken, und das bedeutet, dass ich die Zügel dieses Haushaltes fest in der Hand halten muss. Ich will nicht, dass wir in ein schlechtes Licht geraten. Wenn du deinen Bruder treffen willst, dann nur gemäß Anstand und Sitte in aller Öffentlichkeit. Dein Vorhaben riecht nach Geheimnistuerei. Du könntest in eine Falle geraten.«
»Bitte!«, flehte Mahelt. »Ihr könnt mir doch nicht verbieten, meinen Bruder zu
Weitere Kostenlose Bücher