Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Innenseite seiner Wange.
»Ich habe ein Dokument aus der Zeit deines Großvaters gelesen. Darin stand, es sei das Privileg der Marshals, alle gescheckten Pferde zu behalten, die während einer Schlacht erobert werden. In den Krieg bin ich zwar nicht gezogen – höchstens in den Kampf gegen ungerechte Steuern –, aber ich dachte, da du eine Marshal bist, wäre er ein höchst passendes Geschenk.«
Mahelt klatschte in die Hände und brach in Gelächter aus. »Ach, Hugh, du Schurke! Er ist bildschön!« Sie nahm eine Hand voll Hafer aus einem Getreidefass und hielt sie dem Tier hin. Das Pony machte sich gierig darüber her, und ehe sie Nachschub holen konnte, fand es plötzlich Gefallen an ihrem frisch gerichteten Schleier und schnappte danach. Kreischend vor Lachen versuchte Mahelt sich zu befreien. Auch Hugh musste losprusten, während er den verbissenen Kampf verfolgte. Als es Mahelt endlich gelang, den Stoff zwischen den Zähnen des Ponys hervorzuzerren, war der zerrissene Saum des Schleiers mit Schleim und halb zerkauten Körnern bedeckt, und Hugh krümmte sich hilflos vor Lachen. Sich den Bauch haltend taumelte Mahelt gegen ihn. Tränen rannen ihr über die Wangen. Er konnte nicht widerstehen, er musste sie noch einmal küssen, und als er innehielt, um Atem zu schöpfen, sah er einen Stallburschen mit gesenktem Blick zur Tür hinaushuschen. Erst jetzt wurde ihm klar, dass inzwischen das Horn zum Abendessen geblasen worden sein musste, ohne dass sie es gehört hatten. Hastig strich er seine Tunika glatt, dann half er Mahelt, ihren Schleier zurechtzurücken, obwohl sich der Schaden, den das Pony angerichtet hatte, nicht mehr beheben ließ.
Als sie endlich verspätet und nervös in der Halle erschienen, starrten sie alle gebannt an. Hugh hob den Kopf und schritt auf das Podest zu, als sei alles in bester Ordnung, und Mahelt schwebte würdevoll wie eine Königin neben ihm her, obwohl er spürte, dass sie zitterte, und sie nicht anzusehen wagte, weil er fürchtete, dann erneut in Gelächter auszubrechen.
Die Ritter und Gefolgsleute an der Tafel wechselten viel sagende Blicke, und hier und da ertönte ein leises, wissendes Lachen. Der Earl, dessen Wangen leicht gerötet waren, presste die Lippen zusammen, sagte aber nichts, als das Paar seinen Platz einnahm. Ida musterte Mahelt tadelnd.
»Am Rücken deines Kleides klebt Stroh«, flüsterte sie. »Was hast du getan?«
Mahelt errötete, als sie die Hände in der Fingerschale wusch. »Hugh hat mir aus Yorkshire ein Pony mitgebracht. Wir waren im Stall.«
»Habt ihr das Horn nicht gehört?«
Mahelt schüttelte den Kopf, berichtete, wie das Pony ihren Schleier zu fressen versucht hatte, und zeigte das angenagte Kleidungsstück als Beweis vor. Ida wirkte erleichtert, legte Mahelt aber dennoch warnend eine Hand auf den Arm. »Uns liegt nur dein Wohlergehen und die Ehre unserer Familien am Herzen, Liebes. Ein Versprechen sollte heilig sein.«
»Ja, Mutter«, erwiderte Mahelt schwach, obwohl sie sich ärgerte. Warum mussten die Leute immer das Schlechteste denken? Warum konnten sie sie und Hugh nicht in Ruhe lassen?
Das Hauptgericht bestand aus Lamm in einer scharfen Minzsauce – ein seltener Leckerbissen, denn Lämmer wurden für gewöhnlich nicht wegen ihres Fleisches getötet. Doch diesmal benötigten sie die Häute, um Pergament daraus zu fertigen, und ein Dutzend überzähliger Böcke war geschlachtet worden. Hugh und Mahelt tauschten lächelnde, verschwörerische Blicke,
als alle ihre Plätze einnahmen. Er schnitt das Fleisch auf ihrer gemeinsamen Platte an – außen braun und knusprig, innen rosa und saftig. Mahelt nahm ein Stück, tauchte es in die Minzsauce, biss die Hälfte ab und fütterte Hugh mit der anderen. Sie teilten sich auch einen Weinbecher. Mahelt entging nicht, dass ihr Schwiegervater sie missbilligend beobachtete. Verlangen und Aufbegehren brachten ihr Blut in Wallung, und sie reichte Hugh mit voller Absicht noch einen Bissen.
Die Mahlzeit war beendet, der Duft gerösteten Lamms hing noch in der Luft, und alle fühlten sich angenehm gesättigt. Ida forderte Mahelt auf, sie in die Nähkammer zu begleiten, wo sie sie beaufsichtigen konnte. Der Earl verfolgte ihren Abgang mit zynischem Blick und ließ seinen Ärger an Hugh aus, der mit ihm in der Halle zurückgeblieben war.
»Ich weiß, dass du gerade aus Yorkshire zurückgekehrt bist und dass eine Trennung die Gefühle verstärkt, aber du solltest trotzdem auf dein Benehmen
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