Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
verstrich, faszinierte sie. Hugh schlief noch neben ihr, sein Haar war zerzaust, seine Lippen leicht geschwungen und von Bartstoppeln umgeben. Sie betrachtete ihn liebevoll. Gestern Abend hatte er gesagt, es sei an der Zeit, nach Framlingham zurückzukehren. Sie wusste, dass er Recht hatte, war aber entschlossen, diese letzten Tage zu genießen und das Beste aus ihnen herauszuholen, denn wenn sie erst wieder in Suffolk waren, würden sie sofort von ihren jeweiligen Pflichten in Anspruch genommen werden. Sie wollte ihn gerade wachküssen, als sie unten im Hof Hufschlag, das Klirren von Pferdegeschirr und Stimmen hörte.
Sie streifte ihr Hemd über, band ihr Haar zusammen und eilte zum Fenster. Zu ihrem Erstaunen stiegen ihre Brüder Will und Richard von ihren Pferden und ein anderer junger Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Richard blickte zu ihr empor, grinste breit und winkte. Mahelt sprang zurück und lief zu Hugh, um ihn wachzurütteln.
»Wach auf!«, rief sie mit vor Erregung vibrierender Stimme. »Wach auf, meine Brüder sind hier!«
Hugh grunzte, schlug die Augen halb auf und langte nach seinem Hemd.
»Sie haben sich ziemlich viel Zeit gelassen«, murmelte er.
Mahelt hielt mit dem Überziehen ihres Kleides inne und starrte ihn an.
»Was meinst du damit? Du wusstest Bescheid?«
»Ich hörte, dass sie in Newcastle sind, also schrieb ich an ihren Bewacher Robert FitzRoger. Ich dachte, er wäre so verständnisvoll und würde ihnen erlauben, für ein paar Tage nach Settrington zu reiten.«
»Und du hast es nicht für nötig befunden, mir das zu sagen?« Geschickt schnürte sie ihr Gewand an den Seiten zu.
»Ich war mir nicht sicher, ob er sie wirklich gehen lassen würde, also habe ich es dir lieber verschwiegen und gehofft, dir eine Überraschung bereiten zu können.«
Mahelt beugte sich über das Bett und küsste ihn auf die Lippen.
»Ich liebe deine Überraschungen!«
»Ich erwarte natürlich eine Belohnung dafür«, erwiderte er und lachte.
Mahelt nahm seine Unterlippe zwischen die Zähne, und er gab ihr einen Klaps. Sie tat beleidigt, während sie ihr Haar in ein Netz bündelte und mit Goldnadeln einen Schleier darüber befestigte.
»Das wirst du büßen.«
»Ich kann es kaum erwarten«, sagte Hugh ungerührt und lachte leise in sich hinein, als sie wie ein Wirbelwind hinausstürmte. Doch nach und nach verblasste sein Lächeln, und seine Miene wurde nachdenklich. Er verdrängte die mahnende Stimme, die ihm zuflüsterte, dass sein Vater mit seinem Tun ganz und gar nicht einverstanden wäre, denn er hielt es für besser, wenn Mahelt sich in seiner Gegenwart über Regeln hinwegsetzte, so konnte er ein Auge auf alles haben und vielleicht selbst noch etwas lernen.
Mahelt eilte durch die Halle, um ihre Brüder zu begrüßen, schlang die Arme um sie und jubelte vor Freude. Dann knickste sie weit weniger überschwänglich vor John FitzRobert, dem ältesten Sohn des Mannes, unter dessen Aufsicht die beiden standen. Das Gesicht des jungen Mannes war mit Blatternarben übersät, und er schaute grimmig drein, aber er hatte gute Manieren und wusste sich gewählt auszudrücken.
Hugh erschien, seinen Gürtel umschnallend, gleichfalls in der Halle.
»Es tut mir leid, wir haben heute Morgen verschlafen«, begrüßte er seine Gäste lächelnd. Dann geleitete er sie zu einem Tisch, auf den die Diener Weinkrüge, frisches Brot, Käse und Honig stellten.
Beim Essen drehte sich die Unterhaltung zunächst um belanglose Dinge und Familienangelegenheiten. Will und Richard erzählten Hugh, wie ihre Schwester sie einst mit ranziger Salbe beworfen hatte, um ihre »Burg« zu verteidigen, und Mahelt hob das Kinn.
»Aber ich habe gewonnen«, beharrte sie.
»Allerdings.« Wills Lippen zuckten. »Mein Umhang war danach nie wieder so wie vorher.«
Mahelt rümpfte die Nase und setzte eine hoheitsvolle Miene auf. Das Gespräch wandte sich Irland und ihrem neuen kleinen Bruder Ancel zu. »Hoffentlich lernen wir ihn kennen, bevor er ein erwachsener Mann ist«, meinte Will seufzend.
»Und wir alle alt und grau«, fügte Richard hinzu.
Mahelt versetzte ihm einen leichten Stoß. »Sag so etwas nicht. Wir werden bald wieder alle zusammen sein.«
Will schüttelte trübselig den Kopf.
»Sei da nicht so sicher. Meilyr FitzHenry mag geschlagen sein, aber der König wird die Angelegenheit trotzdem nicht auf sich beruhen lassen.«
Mahelt musterte ihn fragend.
»Wie meinst du das?«
»John hasst es zu verlieren, und er ist
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