Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
oft genug Blut floss.
»Wir sind nicht sie.« Seine Miene wurde weicher, er beugte sich vor und nahm mit einer versöhnlichen Geste ihr Gesicht in seine Hände.
Sie schloss die Augen.
»Ich möchte dir vertrauen können.«
»Ich dir auch… aber kann ich das? Es ist ein zweischneidiges Schwert, Liebes.«
»Du kannst mir blind und bedenkenlos vertrauen«, erwiderte sie hitzig, »aber du musst mir dasselbe schwören …« Sie fesselte ihn einen Moment lang mit ihrem eindringlichen Blick. Ihre Atemzüge beschleunigten sich, als sie die Glut in seinen Augen sah.
»Bei meiner Seele«, sagte er heiser, zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich.
Mahelt erwiderte seinen Kuss mit gleichem Feuer, und im gegenseitigen Einvernehmen gingen sie zum Bett hinüber, um dort ihren Pakt zu besiegeln.
19
Framlingham, Juni 1209
Mahelt legte eine Hand auf ihren Leib, als sie spürte, dass das Baby strampelte. Ihre Taille war noch relativ schmal, doch ihr Bauch wies jetzt, Anfang des sechsten Monats, schon eine stolze Wölbung auf. Nachdem ihre Monatsblutung zum zweiten Mal ausgeblieben war, hatte sie beim Lichtmessfest ihre Schwangerschaft verkündet, was von ihrer angeheirateten Familie mit Stolz und Freude aufgenommen worden war. Ihr Schwiegervater zeigte sich ihr gegenüber umgänglicher und nachsichtiger und war sehr um ihr Wohlbefinden besorgt, weil sie ihre Pflicht als Begründerin einer neuen Generation erfüllte. Mahelt hatte ihrerseits einen stummen Waffenstillstand mit ihm geschlossen. Die Schwangerschaft hatte sie ruhiger werden lassen, sie saß jetzt oft lieber bei Ida und nähte, statt ständig in Bewegung zu sein. Sie konnte an keiner Wiege mehr vorbeigehen, ohne einen Blick hineinzuwerfen, und entwickelte ein Interesse für Babys und Kleinkinder, das sie nie bei sich vermutet hätte. Als Idas Tochter Marie mit Ranulf und ihren Sprösslingen zu Besuch kam, betrachtete Mahelt die Kleinen mit ganz anderen Augen als zuvor. Der Gedanke, dass sie bald ein eigenes Kind – Hughs Kind – zur Welt bringen würde, dass sie Mutter wurde und Hugh zum Vater und ihre Eltern zu Großeltern machte, jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken.
Sie und Hugh hatten endlich über der alten Halle eine eigene
Kammer bezogen, wo sie miteinander allein sein konnten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Mahelt empfand dies als Segen. Nach ihrer Rückkehr aus Yorkshire hatte der Earl auf einer offiziellen Zeremonie bestanden, und die rosenbestickte Bettdecke war formell über ihr neues Bett gebreitet und von Michael, dem Kaplan, gesegnet worden, der immer noch sein Amt ausübte, obgleich das Interdikt verschärft worden war. Die Burgbewohner besuchten trotzdem die Messen und gingen zur Beichte in die Kapelle von Framlingham, wurden mit dem Segen der Kirche getraut und in geweihter Erde bestattet.
Von Mahelts Brüdern und aus Irland trafen gelegentlich Nachrichten ein, die aber alle harmloser Natur waren. Will hatte sich Hughs Warnung zu Herzen genommen, und seit ihrer Schwangerschaft war Mahelt weniger erpicht darauf, sich mit anderen Dingen als Haushaltsangelegenheiten zu befassen.
»Geht es dir gut?« Ida berührte Mahelt am Ärmel. Ihre Stimme klang besorgt.
Mahelt riss sich aus ihren Gedanken und lächelte Ida an.
»Ja, Mutter. Das Baby ist heute morgen nur besonders lebhaft – ein richtiger kleiner Wirbelwind«, fügte sie amüsiert hinzu. Seit das Kind sich bewegte, war sie kaum noch zur Ruhe gekommen. Sie war sicher, dass es fast nie schlief; er oder sie schien bereits die Anlagen zu einem Turnierchampion zu besitzen.
Ida lachte freudig und mitfühlend zugleich.
»Komm, leg dich ein wenig hin. Ich massiere dir die Füße.«
»Du bist so lieb zu mir.« Mahelt ging zum Bett und streifte ihre weichen Schuhe ab. Es tat so gut, verhätschelt zu werden. Ida, die Talent für so etwas hatte, massierte ihre Füße mit festem Griff. Mahelt schloss halb die Augen und entspannte sich. Wäre sie eine Katze gewesen, hätte sie geschnurrt. Sogar das
Kind hörte auf zu treten, als würden Idas weiche Stimme und sanften Hände es beruhigen.
Ida sang leise vor sich hin, hielt aber nach ein paar Strophen eines Schlafliedes inne.
»Ich bin froh, dass du dich bei uns gut eingelebt hast, meine Tochter.«
»Jetzt, wo ich die traditionellen Pflichten einer Frau erfülle, meinst du?«
Ida sah sie entschuldigungsheischend an.
»Als du zu uns kamst, habe ich dich sofort geliebt wie eine Tochter, aber ich kannte
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