Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
aus Lob und Kritik und nickte mit dem Eifer eines jungen, sich in der Ausbildung befindenden Hundes.
»Und wie bewertest du mich?«, wollte Hugh wissen.
»Du kämpfst defensiv und besitzt vielleicht nicht genug Tötungsinstinkt, um einen guten Kriegskommandanten abzugeben.«
Hughs Augen wurden schmal.
»Ich wusste nicht, dass wir uns in einem Krieg befinden. Vielleicht schlage ich Ralph ja beim nächsten Mal den Kopf ab, um dich zufriedenzustellen.« Er schob sein Schwert in die Scheide zurück und verschränkte gleichfalls die Arme. »Du zeichnest dich in allen Arten der militärischen Kampfkunst aus, und ich bewundere deine Fähigkeiten, aber sie sind nicht alles, was zählt, und man sollte daraus auch nicht schließen, dass Männer, die sich weniger … glanzvoll präsentieren, vollkommen
unfähig sind. Eine Tunika leistet einem Mann keinen besseren Dienst, nur weil sie mit Goldfäden bestickt ist – manchmal ist eine schlichtere sogar nützlicher.«
Longespees Nasenflügel bebten.
»Soll heißen?«
»Für einen Mann von deinem Scharfsinn sollte das doch auf der Hand liegen.«
Longespee verzog gekränkt das Gesicht.
»Ich weiß nicht, warum du einen so feindseligen Ton anschlägst, wo ich doch nur die Wahrheit sage.«
Hugh vermied es, seinem Halbbruder zu erklären, dass dessen Auslegung der Wahrheit nicht mit der seinen übereinstimmte. Daraus würde sich eine erbitterte Auseinandersetzung ergeben, und seiner Mutter zuliebe wollte er Frieden halten.
»Dann einigen wir uns darauf, dass unsere Ansichten von der Wahrheit voneinander abweichen. Wenn du mich jetzt entschuldigst …« Hugh wandte sich ab und ging auf den Mann zu, der gerade seinen beladenen Esel in den Hof führte. Es war Matthew, der Juwelenhändler, der diesmal eine Frau und einen etwa fünfjährigen Jungen bei sich hatte. Hugh begrüßte ihn erfreut, bedeutete ihm, sich zu erheben und klopfte ihm auf die Schulter.
»Ich freue mich, dich zu sehen, und aus dem Gewicht deines Gepäcks schließe ich, dass du hoffst, einen Teil davon hier loszuwerden.«
»Das liegt in der Tat in meiner Absicht, Sir«, erwiderte Matthew. »Dies sind meine Frau Godif und mein Sohn Edmund.« Die Frau knickste, und der flachshaarige kleine Junge vollführte eine so vollendete Verbeugung, dass Hugh lächeln musste.
»Bring deinen Esel in den Stall, und sag den Pferdeknechten, ich hätte das angeordnet. Dann such Simon, den Haushofmeister,
und lass dich in das Gemach meiner Mutter führen. Die Frauen sind sicher begierig darauf, den Inhalt deiner Bündel zu sehen – obwohl ich dich angesichts des Lochs, das dadurch in meine Börse gerissen werden wird, nicht so vorschnell zu ihnen schicken sollte.«
Matthew lächelte, dann sagte er:
»Sir, ich bringe nicht nur Juwelen, sondern auch Neuigkeiten. Der Papst hat König John exkommuniziert. Das Dekret wurde bereits erlassen, ist aber noch nicht in Kraft getreten.« Er spähte an Hugh vorbei zu Longespee, der sich, getrieben von der Neugier, was Hugh wohl mit einem Mann von so niedrigem Stand zu schaffen haben mochte, zu ihnen gesellt hatte.
»Woher weißt du das?«, erkundigte er sich.
»Ich habe es von einem meiner Kunden gehört, Sir.« Eine leichte Röte kroch an Matthews Hals empor.
»Hah!«, schnaubte Longespee verächtlich. »Als ob man jemandem wie dir solche Informationen anvertrauen würde!«
»Matthew beliefert auch die Kirchenobersten mit seinen Edelsteinen«, versetzte Hugh knapp. »Wie ich schon sagte, braucht ein Mann zum Zeichen seiner Bedeutung keine kostbare Tunika.« Er wandte sich an den Händler und seine Familie. »Geht nur. Ich komme gleich nach und überzeuge mich davon, dass du meine Truhen nicht zu erfolgreich geleert hast.«
»Einer deiner Spione, vermute ich«, stellte Longespee mit abfällig gekräuselten Lippen fest, als sich Matthew mit seiner Familie und dem erschöpften Esel in Richtung der Ställe entfernte.
»Ganz und gar nicht, nur ein Mann, der überall, wo er hinkommt, Informationen sammelt, den ich mag und dem ich vertraue.« Hugh bedeutete den Knappen, die Waffen und Ausrüstungsgegenstände fortzuräumen. Am Horizont zog die Abenddämmerung auf, und selbst wenn es nicht Zeit gewesen
wäre, Schluss zu machen, hätte er keinerlei Interesse mehr daran gehabt, die Waffenspiele fortzusetzen.
»Was geschieht, wenn der König exkommuniziert wird?«, wollte Ralph wissen.
»Es bedeutet zunächst einmal, dass er weniger sicher auf seinem Thron sitzt«, erklärte Hugh.
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