Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
in Ordnung.
»Ich gehe jetzt besser und sage ihren Brüdern, dass sie einen kleinen Neffen haben.«
Sein Vater nickte, hob aber warnend einen Finger.
»Bleib nicht zu lange bei ihnen, und achte darauf, was du sagst, denn wir werden zweifellos beobachtet.«
»Ich weiß.« Hugh ließ sich seine Ungeduld nicht anmerken. Die Mahnungen seines Vaters zerrten an seinen Nerven, auch wenn sie der Sorge um ihn entsprangen.
Er fand Will und Richard in der Gesellschaft der beiden Johns: FitzRobert und de Lacey. Obwohl er damit gerechnet hatte, begann sein Nacken zu prickeln, denn diese Männer galten als schlechter Umgang. Richard schenkte ihm ein fröhliches Grinsen und rückte zur Seite, um Platz für ihn zu schaffen. Die vier saßen vor einem Haufen Pferdegeschirr, das sie scheinbar gerade säuberten.
»Möchtest du uns helfen?«, fragte Richard. »Hier wäre ein hübsches Zaumzeug für dich, das poliert werden muss – mit vielen Verzierungen und blinkenden Anhängern.«
Will hatte die Füße auf einen Klapptisch gelegt und sich in seinem Stuhl zurückgelehnt.
»Sei nicht so töricht, Richard«, sagte er mit schelmischem Gesichtsausdruck. »Unser lieber Schwager bleibt nicht. Sein Vater hat es ihm verboten.«
Hughs Augen verengten sich angesichts dieser unverschämten Bemerkung aus dem Mund eines gerade einmal Neunzehnjährigen, aber er schwieg, weil er es nicht gleich zu einem Streit kommen lassen wollte.
»Ich bin gekommen, um euch mitzuteilen, dass ich einen Sohn und ihr einen Neffen habt. Mahelt hat einen gesunden Jungen zur Welt gebracht.«
Richard stieß einen Freudenschrei aus, sprang auf und klopfte Hugh auf die Schulter.
»Das sind ja großartige Neuigkeiten!«
Auch über Wills Gesicht huschte ein Lächeln, die Wachsamkeit und Kampfeslust schwanden, und der dunkelhaarige junge Mann mit dem gewinnenden Wesen tauchte hinter der Maske des lebensüberdrüssigen Rebellen auf. Er nahm die Füße vom Tisch, trat zu Hugh und umarmte ihn.
»Ich freue mich für dich und Mahelt. Sag ihr, dass ich ihr und dem Kind alles Gute wünsche.« Er lachte. »Dieses Mädchen hat mich zum Onkel gemacht! Ich komme mir plötzlich alt und verantwortungsbewusst vor!«
»Nur merkt man noch nichts davon!«, spottete de Lacey, was ihm eine rüde Geste seitens Will eintrug.
Hugh beschloss, Richards Angebot anzunehmen und sich für eine Weile zu ihnen zu setzen, weil er ihre Gesellschaft trotz der damit verbundenen Gefahr als angenehm und erfrischend
empfand. Er trank einen Humpen hiesiges Ale, das ihm viel besser mundete als der weit gereiste Wein, und griff sogar nach dem Zaumzeug und bearbeitete es mit einem Tuch und Bienenwachs.
Nach einer Weile bemerkte Will:
»Du hast vermutlich schon gehört, dass der König Johns Vater seiner Sheriffämter entheben will?« Er wies auf den jungen de Lacey.
»Longespee hat es mir erzählt.« Hugh blickte auf. »Ich habe auch gehört, dass Mylord de Lacey andere Pflichten im Dienst des Königs übertragen werden. Er wird nicht ab-, sondern anderweitig eingesetzt. Der König hat das Recht, solche Entscheidungen zu treffen.«
De Lacey bedachte ihn mit einem höhnischen Blick.
»Er scheint sich viele Rechte herauszunehmen«, schnaubte er. »Es gab keinen Grund, meinem Vater diese Schmach zuzufügen.«
Will beugte sich zu Hugh.
»Was glaubst du, was er mit dem ganzen Geld anfängt, das er vom König von Schottland bekommen hat?«
Hugh zuckte die Achseln.
»Er kann es zu vielerlei Zwecken verwenden – zum Beispiel, um Schiffe zu bauen oder die Küste vor den Franzosen zu schützen.«
»Oder er könnte einen Feldzug in Irland finanzieren«, sagte Will.
»Schon möglich. Ich bin froh, dass die Schotten keine Raubzüge jenseits unserer Grenzen mehr durchführen, weil meine Ritterlehen in Yorkshire in bedenklicher Nähe liegen. Ich habe genug Ärger mit vierbeinigen Wölfen, da kann ich nicht noch zusätzlich zweibeinige brauchen.« Er trank sein Ale aus. Ihm war wohl bewusst, dass Will ihn scharf musterte. »Ich muss
gehen.« Er stand auf und legte das polierte Zaumzeug auf den Tisch. »Ich will noch anderen Leuten die freudige Nachricht bringen. Hoffentlich findet ihr bald einmal Zeit, Mahelt und euren Neffen zu besuchen.«
»Wäre ich denn willkommen?« Der zynische Ausdruck war auf Wills Gesicht zurückgekehrt.
»Das hängt von dir ab.«
Hugh duckte sich unter dem Zelteingang hinweg, trat in die Abendluft hinaus und stieß vernehmlich den Atem aus. Der Umgang mit dem jüngeren
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