Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Augen das einzige Vergehen ist, dann habe ich dir nichts mehr zu sagen.« Sie riss die Stute herum und trabte zur Burg zurück.
Mit einer stummen Verwünschung auf den Lippen folgte Hugh ihr.
»Ich habe nicht gesagt, dass das ein strafbares Vergehen war. Es war der Auslöser für Johns Entschluss. Du verdrehst mir die Worte im Mund!«
»Aber dir ist bewusst, dass du dazu beitragen wirst, de Braose zu vernichten und den Mord an Prinz Arthur zu vertuschen. Findest du nicht, dass John dafür zur Rechenschaft gezogen werden sollte, bevor er sich anmaßt, andere zu verfolgen und zu bestrafen?«
»Gut, dass dich hier draußen außer mir niemand hören kann«, versetzte Hugh barsch. »Dein Vater weiß, wann er seine Zunge im Zaum halten muss. Ich hoffe um unser aller willen, dass du diese Eigenschaft geerbt hast.«
Mahelt ließ ihre Stute empört erneut angaloppieren, und diesmal unternahm Hugh keinen Versuch, sie daran zu hindern.
Hugh nahm seinen Sohn auf den Arm.
»Sei ein braver Junge, während ich fort bin, und mach deiner Mutter keinen Ärger.« Er küsste den kleinen Roger auf die Wange. Das Baby lachte und griff nach dem Hut seines Vaters. Hugh stülpte ihn grinsend über den kleinen runden Kopf.
Mahelts Magen krampfte sich zusammen, als sie die beiden beobachtete. Seit Hugh ihr mitgeteilt hatte, dass er nach Irland gehen würde, war das Verhältnis zwischen ihnen gespannt. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, wusste aber, dass sie nichts dagegen tun konnte. Sie war wütend auf ihn, den König und vor allem auf ihren Schwiegervater, der ihm diese Pflicht aufgebürdet hatte. Der Earl war weder zu alt noch zu krank, um den Trupp selbst anzuführen. Sie ärgerte sich auch über sich selbst, weil sie mit der Situation nicht umgehen konnte. Eine Entschuldigung kam nicht in Frage, denn sie wusste, dass sie Recht hatte. Was, wenn sie sowohl ihren Mann als auch ihren Vater verlor? Die Vorstellung löste nacktes Entsetzen in ihr aus. Sie hatte sich nie von anderen Menschen abhängig gemacht oder ein weinerliches Gebaren an den Tag gelegt, sondern allen Widrigkeiten immer mit hoch erhobenem Kopf getrotzt, und sie hasste die Gefühle, die jetzt von ihr Besitz ergriffen hatten. Diese Seite der Liebe und Loyalität war nur schwer zu ertragen.
Hugh nahm seinen Hut wieder an sich und reichte seinen
Sohn dem Kindermädchen. Das Baby verzog das Gesicht und machte Anstalten, in Geschrei auszubrechen, woraufhin die Frau ihn hastig beruhigte und zum Fenster trug, damit er in den Hof hinausblicken konnte.
Hugh trat zu Mahelt.
»Es wird Zeit.« Behutsam berührte er die Seite ihres Gesichts, dann beugte er sich vor und küsste sie auf den Mund.
Mahelt schloss die Augen, um sich diese letzte Berührung unauslöschlich einzuprägen.
»Lieber Gott«, flüsterte sie. »Ich will nicht, dass du gehst.«
»Ich will auch nicht gehen, aber ich muss. Es ist meine Pflicht.«
»Ja«, bestätigte Mahelt bitter. »Deine Pflicht.« Obwohl sie wusste, dass sie sich ungerecht verhielt, kam sie im Moment nicht dagegen an. Sie erhob sich, ging zum Fenster, nahm der Kinderfrau ihren Sohn ab und drückte ihn an sich. Sie küsste seine weiche Wange und starrte in den Hof hinab, bis ihre Augen brannten. Hinter ihr wurde die Tür leise geschlossen. Hugh war gegangen.
Mit zusammengepressten Lippen setzte sich Mahelt widerwillig in Bewegung, bevor sie dies nicht mehr vermochte. Mit dem Baby auf dem Arm ging sie in den Hof hinunter. Der Earl und Ida warteten bereits. Mahelt trat in den wolkenverhangenen Morgen hinaus und erfüllte nun ihrerseits ihre Pflicht.
Hugh kniete erst vor seinem Vater nieder, um dessen Segen zu empfangen, dann vor seiner Mutter. Dann umarmte er Mahelt erneut, diesmal ziemlich steif und formell, da sie nicht allein waren. Der kleine Roger quiekte und streckte die Arme aus, als Hugh auf Hebon stieg, woraufhin sein Vater ihn vor sich in den Sattel setzte, während die Männer ringsum ein letztes Mal ihre Waffen und ihr Gepäck überprüften. Dann beugte er sich zu Mahelt und gab ihr das Baby zurück.
»Ein Teil von dir und ein Teil von mir«, sagte er mit einem viel sagenden Blick, salutierte, griff nach den Zügeln und führte die Kolonne aus dem Hof von Framlingham, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Als das letzte Packpony hinter dem Burgtor verschwand, berührte Ida Mahelt an der Schulter.
»Ich weiß, wie dir zumute ist, Liebes«, sagte sie. »Geh zu Bett, und leg dir ein kaltes Tuch auf die Stirn. Ich passe auf den
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