Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
aufbrechen.«
Hughs Gedanken überschlugen sich, als er zu Mahelt zurückkehrte. Sein Kopf schwirrte vor Bedenken und freudiger
Erwartung. Er war noch nie in Irland gewesen und hatte auch noch nie das alleinige Kommando über die Bigod-Truppen erhalten. Ein großer Teil seiner Beklommenheit rührte von der Befürchtung her, dass er womöglich dem Vater seiner Frau auf dem Schlachtfeld gegenübertreten musste. Nicht auszudenken, was dann geschehen würde.
Mahelt saß nicht mehr an ihrem Webstuhl, sondern stand am Fenster und blickte hinaus. Er betrachtete ihre schlanke Gestalt in dem roten Kleid.
»Hast du Lust, mit mir auszureiten?«
Sie musterte ihn forschend.
»Dein Vater muss dir etwas Schwerwiegendes mitgeteilt haben.«
»Komm mit. Ich brauche frische Luft.« Er hielt ihr bittend eine Hand hin, wohl wissend, dass sie sich nicht weigern würde, denn sie liebte es, über den Grundbesitz zu reiten.
Während sie ihr Reitkleid und ihre Stiefel anzog, ließ er ihre Pferde satteln: Hebon für ihn und für Mahelt eine schwarze Stute mit einem weißen Stern auf der Stirn. Seite an Seite ritten sie in Begleitung einiger Stallburschen und einer Meute begeistert hechelnder Hunde durch die Seitenpforte und an dem Garten und dem See vorbei, den sein Vater hatte anlegen lassen, um Framlingham bestmöglich zur Geltung zu bringen – nicht nur als Festung, sondern als prächtiges, elegantes Heim, erbaut dank des Geldes, das ihm der Weizenanbau eintrug. Bigod-Weizen wurde von den geschäftigen Häfen von Ipswich, Yarmouth und Hunstanton aus in das ganze Land exportiert. Hugh blickte über seine Schulter hinweg zu der Turmkrone empor. Nur hier konnten sie ein sorgloses, erfülltes Leben führen, wenn die Umstände es nur zuließen.
Sie gelangten in den Wildpark. Ihre Pferde trotteten über mit fast kniehohem saftigem Gras bewachsene Lichtungen und
durch Waldgebiete, wo die Baumkronen noch das zarte Blassgrün des Frühlings aufwiesen. Die Hunde jagten, die Nasen dicht am Boden, die Pfade entlang. In der Ferne verschwanden ein paar Rehe mit ihren Kitzen in einem Dickicht, und Hugh rief die Hunde mit einem scharfen Pfiff zurück. Dann ritten sie eine Zeitlang schweigend weiter. Seit der Schwangerschaft und der Geburt hatte Mahelt gelernt, ihre Ungeduld besser zu zügeln. Trotzdem war sie beunruhigt. Er konnte keine guten Neuigkeiten für sie haben, wenn er nicht im Haus mit ihr hatte reden wollen.
Nach einer Weile deutete Hugh nach links und meinte beiläufig:
»Nach meiner Rückkehr aus Irland könnte ich dort ein paar Linden anpflanzen, um den Bach umzuleiten.«
Mahelt fuhr zu ihm herum.
»Irland?«, sagte sie. »Was soll das heißen?«
Er schnitt eine Grimasse.
»Der König segelt dorthin, um seine Vasallen gefügig zu machen. Wir sollen uns am vierzehnten Mai mit allen verfügbaren Männern in Bristol einfinden.« Er zögerte. »Mein Vater wünscht, dass ich die Truppen anführe, da es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten steht.«
Mahelts Augen verdunkelten sich.
»Der König will seine Vasallen gefügig machen? Schließt das auch meinen Vater ein?«
»Das hängt von seinem Verhalten ab.«
»Werdet ihr euch dann als Feinde gegenüberstehen?«
Hugh verlagerte sein Gewicht im Sattel und wich ihrem zornentbrannten, angsterfüllten Blick aus.
»So weit wird es nicht kommen.«
»Warum werden dann Truppen zusammengezogen?«
»Als es Probleme mit Schottland gab, kam es auch zu keinem
Kampf. John will eine neue Verfassung für Irland ausarbeiten, aus der jedermann klar ersehen kann, wo seine Grenzen sind.«
Mahelt nahm die Zügel fester in die Hand und stieß ihrer Stute die kleinen silbernen Sporen in die Flanken. Das Tier schnaubte entrüstet, verfiel in einen schnellen Galopp und jagte über die Lichtung. Hugh fluchte leise, trieb Hebon an, holte Mahelts schwarze Stute ein, donnerte neben ihr her, griff nach den Zügeln und zerrte sie mit sich wie das Pferd eines überwältigten Turniergegners. Kurz vor der Baumlinie brachte er beide Tiere zum Stehen.
»Dein Vater ist klug, er versteht es, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen«, keuchte er. »Außerdem ist der König nicht hinter ihm her, sondern hinter de Braose und den de Laceys.«
»Wer weiß, wann er sich auch gegen meinen Vater wendet?«, fauchte sie. »Uns allen ist klar, warum John de Braose verfolgt – und zwar bestimmt nicht, weil er ihm Geld schuldet.«
»Nein, sondern weil seine Frau den Mund nicht halten konnte!«
»Wenn das in deinen
Weitere Kostenlose Bücher