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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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Blick zu, machte mich aber nicht vor den anderen herunter, und ich schickte ihr meinen stummen Dank. Ich hoffte, sie wusste, dass ich nicht vorhatte, ständig zu spät zu kommen. An jedem anderen Tag wäre ich unter den Ersten am Versammlungspunkt gewesen. Ich war so stolz, die Jägermale auf meinen Armen zu tragen.
    Seide ging die Aufgaben für den Tag durch. »Ich habe keine Ahnung, wo sie alle herkommen, aber obwohl wir die Patrouillen verstärkt haben, gibt es immer mehr Freaks auf unserem Gebiet.«
    Ich kannte noch nicht alle Namen der anderen Jäger, und ein ziemlich kleiner Junge sagte: »Vielleicht ist eine der Siedlungen in der Nähe gefallen.«
    Ein Rumoren ging durch die Gruppe, und Seide warf den Lautesten böse Blicke zu. Es waren schon lange Gerüchte im Umlauf, dass Freaks ansteckend waren und wir, falls etwas passierte – das Falsche passierte –, alle so enden könnten. Ich hielt das Gerede für abergläubischen Mist. Es waren schon öfter Jäger gebissen worden, und wenn sich die Wunde nicht infizierte, konnten sie ohne Probleme wieder auf Patrouille gehen, ohne sich in sabbernde Monster zu verwandeln.
    »Genug!«, bellte Seide. »Wenn du vorhast, wieder zu einem kleinen verängstigten Balg zu werden, gehst du besser zu den Zeugern.«
    »Da wollen sie ihn nicht mit seinem hässlichen Gesicht«, witzelte ein Mädchen.
    Alle lachten nervös, während der kleine Jäger feuerrot anlief. Er war nicht wirklich hässlich, aber er hatte auch nicht
die Qualitäten, die die Ältesten bei Zeugern sehen wollten. Sie wählten nur Bewohner aus, die entweder attraktiv oder intelligent waren, Ausnahmen gab es nicht, und bis jetzt schien ihr System zu funktionieren. Ich hatte jedenfalls nichts daran auszusetzen.
    Seide starrte so lange finster drein, bis alle verstummten. Zufrieden über ihren Erfolg sprach sie schließlich weiter: »Findet den Grund für die Freak-Invasion. Etwas in den Tunneln treibt sie in unsere Richtung.« Dann wandte sie sich an Bleich und mich: »Ihr beide seid von der Fleischbeschaffung befreit. Ein anderes Team wird eure Route übernehmen. Ich möchte, dass ihr stattdessen die Seitentunnel überprüft. «
    Da war sie also schon, die Strafe fürs Zuspätkommen. Selbst wenn Seide gute Laune hatte, mochte sie Bleich nicht besonders, aber das tat niemand. Er blieb immer allein, war nie ein vollwertiges Mitglied der Enklave geworden, selbst nachdem er einen Namen und die Male erhalten hatte.
    »Hat jeder seine Aufgabe für heute verstanden?«
    Ich nickte niedergeschlagen. Diese Änderung war eindeutig eine Abmahnung. Die Seitentunnel waren vollkommen verdreckt, manche davon überflutet, und andere konnte man mit Worten gar nicht mehr beschreiben. Ich hatte noch nie einen mit eigenen Augen gesehen, aber als Balg hatte ich mir angewöhnt, in Hörweite der Jäger herumzuhängen, und die Geschichten, die sie erzählten, regelrecht durchlebt. Ich versuchte mir genau vorzustellen, was sie gesehen und getan hatten.
    »Dann also gute Jagd.« Seide hüpfte von der Holzkiste herunter, die sie extra für die Besprechungen bei sich trug.
Sie mochte es nicht, wenn sie zu jemandem aufschauen musste.
    Während die Menge sich auflöste, kam Bleich zu mir. »Hattest du vorhin was Wichtigeres zu tun?«
    Also gab er mir die Schuld für unsere neue Aufgabe, und vielleicht hatte er sogar recht. »Der Worthüter hatte mich einbestellt, das konnte ich schlecht ignorieren.«
    Eine Missachtung hätte mir weit Schlimmeres eingebracht als eine Patrouille durch die Seitentunnel. Immerhin hatten wir eine Chance zu überleben. Andere Jäger hatten es auch geschafft. Sie kamen zwar völlig fertig und mit den Nerven am Ende zurück, aber ein Todesurteil war das nicht.
    »Wahrscheinlich nicht. Lass es uns hinter uns bringen.«
    »Wir suchen also nach Hinweisen, warum die Freaks immer weiter auf unser Gebiet vordringen?«
    »Hunger«, erwiderte Bleich. »Eine andere Antwort werden wir da draußen auch nicht finden. Aber ich bin ein guter Junge und tue, was mir gesagt wird.« Sein Ton klang spöttisch, als halte er Gehorsam für eine schlechte Eigenschaft.
    Ich wollte schon eine Diskussion anfangen, hielt mich dann aber zurück. Stattdessen folgte ich ihm schweigend. Es hatte keinen Sinn, es ihm zu erklären, wenn er es nicht schon längst begriffen hatte. Mit dieser Einstellung würde er niemals zu uns gehören. Alles, was ihn interessierte, waren er selbst und sein eigener Starrsinn.
    Bevor ich über die Barrikade kletterte,

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