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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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in die Knie, weit genug weg von dem gezackten Stück Metall in seiner Hand. Jetzt erst reagierte er und schlug unkontrolliert nach mir.
    Er zielte so schlecht, dass ich nicht einmal ausweichen musste. »Wir wollen dir nichts tun. Wir kommen, um dir zu helfen.«
    Er drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der meine Stimme kam. Selbst in dieser Dunkelheit konnte ich das unheimliche Weiß in seinen Augen sehen. Der Balg war vollkommen blind. Ein Schaudern durchzuckte mich. In unserer Enklave hätte er nicht einmal das Babyalter überlebt. Die
Ältesten verschwendeten keine Zeit mit denen, die sich nicht eines Tages selbst versorgen konnten.
    »Du bist ein Mensch!«, keuchte er.
    »Ja. Du bist ganz in der Nähe von College. So heißt unsere Enklave.«
    Der Balg ließ erleichtert den Kopf sinken und die Waffe fallen. »Ich muss mit euren Ältesten sprechen.«
    Ich war mir nicht sicher, ob es ihnen gefallen würde, dass wir unsere Befehle missachtet und die Seitentunnel verlassen hatten, um einen Streuner anzuschleppen, vor allem einen wie den hier. Aber ich konnte ihn auch nicht hierlassen und ihn dem sicheren Tod ausliefern. Bleich beobachtete mich stumm, als wollte er mich irgendwie testen. Ich traf meine Entscheidung und wusste, dass ich dafür wahrscheinlich Schlimmeres aufgebrummt bekommen würde als eine Patrouille durch die Seitentunnel.
    »Kannst du ihn tragen? Ich glaube nicht, dass er laufen kann.«
    »Er dürfte nicht allzu viel wiegen. Ich kann ihn tragen, aber wenn es unterwegs irgendwelchen Ärger gibt, wirst du dich darum kümmern müssen. Schaffst du das, Jungblut?«
    Mir gefiel der Anflug von Nervosität in seiner Stimme. »Ich schätze, wir werden es herausfinden.«
    Als Antwort legte Bleich sich den Balg über die Schulter und kletterte aus dem Metallkasten. Ich steckte einen Dolch zurück in die Scheide, klemmte mir den anderen zwischen die Zähne und folgte ihm. Glücklicherweise hatte ich die Abzweigungen und die Schritte dazwischen gezählt, also überholte ich ihn und gab ein Tempo vor, das er mit dem Balg über der Schulter schaffen konnte.

    »Wir werden ziemlich sicher Probleme bekommen«, sagte er leise über das platschende Geräusch hinweg, das unsere Füße in dem stehenden Wasser verursachten.
    »Freaks können Schwäche riechen«, stimmte ich ihm zu.
    Und wenn Bleich recht hatte und es der Hunger war, der sie zu unserer Enklave trieb, dann waren wir wandelndes Frischfleisch. Wenn sie viele waren, konnten sie ein Jagdteam überwältigen. Jäger starben – das gehörte zum Berufsrisiko –, aber niemals kampflos.
    An der Kreuzung brachen sie von allen Seiten über uns herein.

HINTERHALT
    Sie stürzten sich auf Bleich und den Jungen, den er mit seinem freien Arm und einem Messer zu verteidigen versuchte. Ich riss meine Keule von der Schulter. Diesmal waren es vier, also brauchte ich eine größere Waffe. Ich holte Schwung und zerschmetterte mit einem harten Schlag einen der vier Schädel.
    Die anderen drei wirbelten herum, nachdem sie mich korrekterweise als die größere Bedrohung erkannt hatten. Ich machte mich für den Angriff bereit und rollte mich im letzten Moment zur Seite. Dreck verschmierte mein Hemd, dann kam ich hinter ihnen wieder auf die Beine. Einem schlug ich von hinten in die Knie und machte gleichzeitig einen Sidekick.
    Aus der Nähe konnte ich sehen, dass die Freaks praktisch am Verhungern waren. Bleich hatte also recht gehabt. Im Vergleich zu ihnen war ich schnell, stark und gut ernährt. Es war ein ungleicher Kampf. Die Freaks kämpften nicht einmal gemeinsam. Sie griffen an, fletschten die Zähne und schlugen um sich. Ich beantwortete jeden Angriff mit einem Tritt oder einem gut gezielten Schlag mit meiner Keule. Blut spritzte in das dreckige Wasser, und Knochen brachen. Schließlich blieb nichts weiter übrig als ein Haufen Kadaver, den andere Freaks auffressen würden.

    Es war besser, gar nicht erst darüber nachzudenken.
    Der Balg auf Bleichs Schultern heulte. Wenn ich solche Geräusche hören würde, während ich hilflos kopfüber hing, würde ich wahrscheinlich auch heulen, dachte ich nur. Bleich klopfte dem Balg so lange auf den Rücken, bis er schließlich verstummte. Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich als Trost oder eher als Warnung gemeint war. Halt’s Maul. Halt endlich dein Maul!
    »Hast du gesehen, wie sie sich auf uns gestürzt haben?«, fragte er.
    »Ja, von allen Seiten.«
    Seinem besorgten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, teilte er meine

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