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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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überprüfte ich noch einmal meine Waffen. Für den Fall, dass Feinde es an unseren Fallen vorbeischafften, waren hier ständig Wachposten aufgestellt, Jäger, die kleinere Ordnungswidrigkeiten begangen hatten und dafür mit diesem todlangweiligen Auftrag
bestraft worden waren. Eine Freak-Invasion hatte es nicht mehr gegeben, seit ich auf der Welt war, aber die Leute erzählten Geschichten aus den alten Tagen, in denen Überfälle angeblich an der Tagesordnung gewesen waren.
    Bleich ist verrückt, dachte ich und starrte seinen Rücken finster an. Die Regeln dienten dazu, uns zu beschützen, und wenn wir sie befolgten, machte das das Leben für alle besser und sicherer.
    Anstatt unserer normalen Route zu folgen, die ich mir eingeprägt hatte, bog er nach links ab und ging einen halb überfluteten Tunnel entlang. Wie der, in dem wir auf die Freaks gestoßen waren, hatte er Risse in der Decke, aus denen Wasser in dreckigen Rinnsalen auf uns herabtropfte. Bleich umging den schmutzigen Wasserfall, und ich folgte seinen Schritten. Ein schmaler Sims führte ein Stück über dem Boden an der Tunnelwand entlang, und wenn ich es schaffte, darauf entlangzubalancieren, würde mir die hüftetiefe Brühe darunter erspart bleiben.
    Es stank bestialisch, und ich wandte den Blick ab von den Dingen, die darin trieben – schlimmer noch: von den Tieren, die darin schwammen . Der Tunnel stieg etwas an, und das Wasser ging zurück, bis der Boden nur noch feucht war. Es war düster, aber nicht so dunkel wie in manchen der anderen Tunnel. An der Mauer vor uns hing ein verblasstes Schild: ZUT ITT NR FÜ WA TU GSPERS NAL. Lesen war nicht gerade meine Stärke, und ich hatte keine Ahnung, wie der vollständige Satz ausgesehen haben mochte.
    Vor mir blieb Bleich stehen und lauschte. Ich konnte nicht das Geringste hören, verhielt mich aber still. Eine
gute Jägerin respektierte den Instinkt ihres Partners, auch wenn er eigentlich nicht tauglich für das Gemeinschaftsleben war.
    Ich blendete alle meine anderen Sinne aus, und dann hörte ich es ebenfalls: ein kaum wahrnehmbares Geräusch in der Ferne, als würde jemand gegen Metall trommeln. Bleich trabte, die Waffen gezückt, in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Ich zog meine Dolche und folgte ihm durch die schmierige Brühe.
    »Was ist das?«
    Er warf mir einen schnellen Blick zu. »Ein Notruf.«
    Nachdem er das gesagt hatte, bemerkte auch ich ein Muster in dem Klopfgeräusch. Aber hier unten breiteten sich Geräusche auf trügerische Art aus, und selbst in vollem Lauf brauchten wir länger, um zu seiner Quelle zu kommen, als ich geglaubt hatte. Gut, dass ich trainiert hatte, sonst wäre ich schnell zurückgefallen, aber so konnte ich mithalten. Die Richtung, die er vorgab, führte uns aus den Seitentunneln heraus, und wir legten eine lange Strecke zurück, bis wir einen der größeren Tunnel erreichten. Wegen des Umwegs, den wir genommen hatten, hatte ich keine Ahnung mehr, wie weit wir von unserer Siedlung entfernt waren.
    Wir kamen um eine Biegung und sahen eine dieser riesigen, auf der Seite liegenden Metallkisten. Das Geräusch kam von dort. Bleich signalisierte mir, ich solle mich vom anderen Ende her nähern, so dass wir aus verschiedenen Richtungen kommen würden und es uns nicht beide erwischen würde, falls es eine Falle war.
    Ich kletterte an dem verbeulten Metall hinauf, über zersplittertes Glas hinweg und passte auf, wohin ich meine
Hände und Füße setzte. Als wir beide in Position waren, ließen wir uns in die Dunkelheit des darunter liegenden Raums fallen. Es roch nach geronnenem Blut und Fäkalien. Meine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit, eine wertvolle Eigenschaft bei Jägern, die ich seit unserer letzten Patrouille verstärkt trainiert hatte. Und es zahlte sich aus.
    Ich suchte den Raum ab. Ich war noch nie in einem solchen Notunterschlupf gewesen. Metallstangen spannten sich vom Boden zur Decke, und auf dem Boden waren Sitzbänke angeschraubt. Keine Monster, nur ein kleiner, halb verhungerter Menschenjunge. Ein Balg wie dieser durfte die Enklave nicht verlassen, und ich konnte mir nicht vorstellen, was er hier draußen zu suchen hatte. Dass er auf der Jagd war, war ausgeschlossen. Er hielt ein Stück Metall in der Hand, das er sowohl als Waffe als auch zum Klopfen benutzen konnte. Er lag auf der Seite und schlug es mit offensichtlich letzter Kraft nach einem sich wiederholenden Muster auf den Boden. Er schien uns nicht einmal zu bemerken.
    Ich ging

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