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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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Abzweigung nahmen, sträubten sich mir die Haare. An die Dunkelheit und die Kälte hatte ich mich längst gewöhnt, aber der Gestank war neu. Es roch wie die Freaks, die uns in dem Metallgefährt umzingelt hatten, nur hundertmal stärker. Bleich legte eine Hand auf meinen Arm, um mir zu bedeuten, dass ich stehen bleiben sollte. Aus seinen Gesten las ich ab, dass wir uns nahe an der Wand halten und uns ganz langsam nähern würden. Ich widersprach nicht.
    Als Erstes erreichten wir die niedergerissene Tunnelsperre. Keine Wachposten. In der Siedlung selbst gingen die Freaks ohne Eile ihren Geschäften nach. Im Vergleich zu denen, denen wir unterwegs begegnet waren, waren diese hier geradezu fett. Blankes Entsetzen rollte über mich hinweg. Einen Moment lang konnte ich es nicht einmal begreifen. Die Stille, die über den Leichen hing, erstickte jeden Gedanken.
    Hier gab es niemanden mehr zu retten, und unsere Ältesten hatten den letzten Überlebenden von Nassau getötet. Das bedeutete, dass ab jetzt der nächstgelegene Handelsaußenposten vier Tagesmärsche in der entgegengesetzten Richtung lag. Bleich legte mir eine Hand auf den Arm und deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der wir gekommen
waren. Ja, es war Zeit zu gehen. Hier gab es nichts für uns zu tun, außer zu sterben.
    Ich war müde, aber der Schrecken gab meinen Muskeln neues Feuer. Sobald wir uns weit genug davongeschlichen hatten, begann ich zu rennen. Meine Füße trampelten über den Boden. Ich wollte rennen, bis ich den entsetzlichen Anblick vergessen hatte. Nassau war nicht vorbereitet gewesen. Sie hatten nicht geglaubt, dass die Freaks eine so große Bedrohung darstellen könnten. Ich versuchte, nicht an die Angst zu denken, die die Bälger empfunden haben mussten, oder an die Schreie der Zeuger. Nassaus Jäger hatten versagt.
    Das würde uns nicht passieren. Es durfte uns nicht passieren. Wir mussten nach Hause zurückkehren und die Ältesten warnen.
    Bleich führte uns auf einer anderen Route zurück. Die Tunnel hier waren schmaler, und ich sah keine Hinweise auf Freaks. Ich musste bisher unentdeckte Energiequellen anzapfen, und wir kamen zwar nur noch im Schritttempo vorwärts, aber zumindest bewegte ich mich noch. Als wir irgendwann stehen blieben, um eine Pause zu machen, zitterten meine Arme und Beine.
    Bleich bog in einen Nebenraum mit einer Treppe ab und ging ein paar Stufen hinauf. Ich verlangsamte mein Tempo noch mehr und spähte in die Dunkelheit. Jahre über Jahre war es mir eingebläut worden: Treppen sind schlecht. Sie führen nach Oben.
    »Komm schon«, sagte Bleich ungeduldig.
    Zitternd schluckte ich meine Bedenken hinunter und folgte ihm. Auf einem Treppenabsatz blieb er stehen und folgte dann einem schmalen Gang. Wir bogen um mehrere
Ecken und kamen schließlich in einen dunklen Raum, in dem nur undeutliche Umrisse zu erkennen waren. Bleich machte irgendetwas, und zu meiner großen Überraschung wurde es plötzlich hell. Natürlich hatten wir schon öfter Lampen gefunden, aber wir hatten nicht die richtigen Energiequellen, um sie zum Leuchten zu bringen. Diese hier hatte eine flackernde Flamme in der Mitte.
    »Wie hast du das gemacht?«
    »Das ist eine alte Sturmlampe. Brennt mit Öl.«
    Ich wünschte, wir hätten ein paar von denen in der Enklave gehabt. Die Fackeln, die wir benutzten, rauchten viel zu stark.
    Bleich schloss die Tür und drehte etwas daran herum, während ich den Raum begutachtete. Er war voller Relikte aus den alten Tagen, und es sah aus, als hätte hier seit Jahren niemand mehr etwas angerührt. Eine dicke Staubschicht bedeckte die Regale und den Tisch, trotzdem waren die Relikte gut zu erkennen. Ich sah vier hohe, schmale Bücher mit bunten Bildern auf dem Einband. Ich wollte schon nach einem greifen, dann hielt ich mitten in der Bewegung inne und warf Bleich einen schuldbewussten Blick zu.
    »Ist schon okay«, sagte er. »Ich werd’s niemandem sagen, wenn du einen Blick drauf wirfst, bevor du sie dem Worthüter gibst.«
    Das hier zählte nicht als Horten, legte ich mir zurecht, solange ich das Zeug nur übergab, sobald wir zurück waren. Ich schlug eines der Bücher auf und starrte mit ungläubiger Verwunderung auf die Bilder. Eines zeigte einen hell erleuchteten Tunnel und einen dieser Metallkästen. Mit mehreren anderen zu einer ganzen Kette verbunden, jagte er über die
Metallstangen auf dem Boden, und im Inneren saßen Menschen. Sie sahen fröhlich aus, manche lasen, andere unterhielten sich.
    »So ist

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