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Die Enklave

Die Enklave

Titel: Die Enklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ann; Pfingstl Aguirre
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machte einen Schritt nach vorn und stellte sich vor mich, was zwecklos war, nachdem sie uns ohnehin umzingelt hatten. Also drehte ich mich um und behielt die Angreifer hinter uns im Auge. Wir würden Rücken an Rücken kämpfen. Er hatte mir hinreichend klargemacht, was passieren
würde, wenn sie mich in die Finger bekamen. Doch bevor das geschah, würde ich eher sterben.
    Ich besann mich auf mein Training und zählte unsere Gegner. Acht . Sie hielten ihre Waffen, als wüssten sie, wie man damit umgeht, und sie sahen stärker aus als ein durchschnittlicher Freak, ausgeruht und gut genährt. Es würde unser mit Abstand härtester Kampf werden. Bei dem Gedanken musste ich lächeln.
    »Wir sind nicht auf Ärger aus«, sagte Bleich. »Wir wollen dieses Gebiet nur durchqueren.«
    Der Größte von ihnen schüttelte den Kopf. »Genau das werdet ihr nicht.«
    Er war offensichtlich der Anführer, und die anderen warteten ab, was er sagte. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie flohen, sobald er tot war. Ihn würde ich mir als Ersten vorknöpfen. Mit einer schnellen Bewegung zog ich meine Dolche.
    Ich grinste, und über meine Schulter sagte ich zu Bleich: »Wollen mal sehen, wie viele von ihnen wir töten können.«

WIDERSTAND
    Ich ging in Kampfstellung. Das Gewicht meiner Keule gab mir Sicherheit. Auch wenn ich, um Bleich den Rücken freizuhalten, so nahe an ihm dranbleiben musste, dass ich sie wahrscheinlich nicht würde einsetzen können, beruhigte es mich, zu wissen, dass sie da war. Die Gangmitglieder beäugten uns, als fragten sie sich, ob wir wirklich so gut waren, wie wir vorgaben. Tja, wir würden es gleich herausfinden.
    Der Anführer stürmte auf mich los, und ich konterte seinen Schwinger mit einem Dolchstoß in sein Handgelenk. Schnell rein und schnell wieder raus, ich wollte meine Waffe nicht verlieren. Er stieß einen Schmerzensschrei aus und sprang zurück, die Augen weit aufgerissen. Damit hatte er nicht gerechnet. Dann hatte ich drei auf einmal am Hals, aber diesmal hatte ich keinen tagelangen Marsch durch die Tunnel hinter mir, ich hatte Fleisch in meinem Bauch und eine ganze Nacht durchgeschlafen.
    Mit geschmeidiger Schnelligkeit blockte ich ihre Angriffe ab. Ich hatte nie das Gefühl, ich wäre schön, außer wenn ich kämpfte. Und selbst dann war es eher etwas, das über den Körper hinausging, es hatte eher mit Freude an meiner Technik und der schnellen Abfolge von Bewegungen zu tun. Tritt,
Schlag, Stich. Ich machte mir keine Sorgen um Bleich hinter mir, und ich wich nicht zurück.
    Der Große ging als Erster zu Boden. Ich erledigte noch einen anderen, dann stellten sie ihre Angriffe ein und rannten davon. Das Geräusch ihrer trampelnden Schritte verhallte im Regen, und zurück blieben nur ein paar Leichen und Blut, das in dünnen, rötlichen Rinnsalen über den Boden floss. Ich drehte mich um zu Bleich, der lächelnd zu mir herunterschaute, seine Wimpern feucht und verklebt.
    »Ich glaube, um die brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen«, sagte ich.
    »Solange sie nicht mit mehr Leuten wiederkommen. Und das werden sie beim nächsten Mal.«
    »Auf was warten wir dann noch?«
    Als Antwort eilte er sofort los und gab das Tempo vor. So marschierten wir durch die dunkle Nacht, Bleich mit dem Kompass an seiner Uhr voraus. Die Nadel war mir bereits in den Tunneln aufgefallen, aber ich wusste nicht, wozu sie gut war, bis ich gesehen hatte, wie er sie benutzte. Ich hatte mich immer nur an der Zahl meiner Schritte orientiert. So klein war meine Welt gewesen.
    »Er zeigt mir, in welcher Richtung Norden liegt«, hatte Bleich mir erklärt.
    »Hat dein Zeuger dir jemals gesagt, wie weit nach Norden du gehen musst?« Die Weite und die Entfernungen Oben machten mir immer noch zu schaffen. Solange ich nur auf meine Füße schaute und nicht darüber nachdachte, funktionierte ich. Aber hier war alles so riesig, und ich fühlte mich kleiner denn je.
    »Nein. Er hat nicht viel geredet.«

    »Aber wenigstens kannst du dich an ihn erinnern. In der Enklave nahmen wir Zeuger und Zeugerinnen nie besonders wichtig, ich meine, manche haben sich um uns gekümmert, aber keiner wusste, wer seine eigentlichen…« Ich fragte mich, warum ich das überhaupt sagte, und verstummte. Es spielte keine Rolle.
    Laut Bleichs Uhr waren wir seit zwei Stunden unterwegs, als es aufhörte zu regnen. Alles um uns herum war sauber, aber es war nass und kalt. Die Gebäude wurden unvorstellbar hoch, geradezu verrückt, und dennoch waren

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