Die Entdeckung der Erde
»worüber wir, schreibt Velho in seinem so naiven und doch überaus werthvollen Berichte, so entzückt waren, daß wir vor Freude weinten und Gott nur um Gesundheit baten, um das auch noch zu sehen, was wir so heiß herbeigewünscht hatten«.
Der Vicekönig Colyptam, der es mit Muselmanen zu thun zu haben glaubte, erschien mehrmals an Bord der Schiffe, wo man ihn auf das Beste bewirthete; er erwiderte diese Höflichkeiten durch verschiedene Geschenke und sandte Gama sogar zwei tüchtige Piloten; als er durch maurische Kaufleute, die in Europa gereist waren, aber erfahren hatte, daß diese Fremdlinge keineswegs Türken, sondern die schlimmsten Feinde der Mohammedaner seien, versuchte der Vicekönig, aus Aerger darüber, daß er sich so getäuscht habe, Alles, um sich jener zu bemächtigen und sie umzubringen. Gama mußte sogar Artillerie auf die Stadt richten und drohte, Alles in Grund und Boden schießen zu lassen, nur um das nöthige Wasser zur Fortsetzung der Reise noch einnehmen zu können. Es kam zum Blutvergießen, wobei Paolo da Gama zwei Barken eroberte, deren reiche Ladung unter die Matrosen vertheilt wurde.
Gama verließ diese ungastliche Stadt am 29. März und setzte seine Reise fort, wobei er die arabischen Piloten jedoch auf’s Schärfste überwachen und sogar peitschen lassen mußte.
Am 4. April bekam man die Küste in Sicht und erreichte am 8. Mombaca oder Mombaz, eine Stadt, welche nach Versicherung der Lootsen von Christen und Muselmanen bewohnt sein sollte.
Die Flotte warf vor dem Hafen derselben Anker, ging aber trotz der enthusiastischen Aufnahme, welche ihr zu Theil ward, nicht weiter hinein. Schon dachten die Portugiesen daran, mit den Christen der Insel die Messe zu hören, als sich dem Admiralschiffe in der Nacht eine von hundert Bewaffneten besetzte Zavra näherte, deren Insassen dasselbe mit aller Gewalt besteigen wollten, was ihnen jedoch verwehrt wurde.
Obwohl der König von Mombaz recht wohl wußte, was in Mombaz geschehen war, stellte er sich doch unwissend, sandte Geschenke an Gama, machte ihm das Anerbieten, in der Hauptstadt eine Niederlassung zu gründen, und versicherte, daß er eine Ladung Gewürze und aromatische Droguen einnehmen könne, wenn er in den Hafen einliefe. Ohne etwas Böses zu ahnen, schickte der
Capitam mõr
sofort zwei Mann ab, um sein Einlaufen für den folgenden Tag anzuzeigen. Schon lichtete man die Anker, ließ sie aber, da das Admiralschiff nicht wenden wollte, wieder herabfallen. In einer reizenden und hochpoetischen Dichtung sagt Camoëns, daß es die Nereïden, von Venus, der Beschützerin der Piloten, geführt, gewesen seien, welche die Schiffe abhielten, hier in den Hafen einzulaufen. In diesem Augenblick verließen alle Mauren, welche sich auf den portugiesischen Schiffen befanden, die Flotte, während die Lootsen aus Mozambique sich direct in’s Meer stürzten.
Bai von Mozambique. (Facsimile. Alter Kupferstich.)
Zwei Mauren, welche man der Tortur mittelst siedenden Oeles unterwarf, gestanden, daß man sich der Portugiesen, sobald sie in den Hafen gekommen wären, habe bemächtigen wollen. Im Laufe der Nacht versuchten die Mauren wiederholt an Bord zu klettern und die Ankertaue zu zerschneiden, um die Schiffe stranden zu lassen, wurden aber stets rechtzeitig entdeckt und vertrieben. Der Aufenthalt in’ Mombaz konnte unter diesen Verhältnissen nicht von langer Dauer sein; dennoch wurde er so lange ausgedehnt, bis alle Scorbutkranken genesen waren.
Acht Meilen vom Lande fing die Flotte eine mit Gold, Silber und Proviant reich beladene Barke ab. Am nächsten Tage kam sie in Melinde, einer reichen, blühenden Stadt, an, deren in den Sonnenstrahlen blinkende, vergoldete Minarets und blendend weiße Moscheen sich scharf von dem tiefblauen Himmel abhoben.
Die anfangs sehr kühle Aufnahme – man wußte hier von der vorhergegangenen Wegnahme der Barke – wurde bald eine recht herzliche, als die nöthigen Erklärungen über diese Angelegenheit gegeben worden waren. Der Sohn des Königs machte dem Admiral mit einem Gefolge seiner Frauen einen Besuch und brachte auch Musiker mit, welche verschiedene Instrumente spielten. Am meisten erstaunte derselbe über den Gebrauch und die Wirkung der Kanone, denn die Erfindung des Pulvers war zu jener Zeit auf der Ostküste Afrikas noch nicht bekannt. Ein feierlicher Vertrag wurde auf das Evangelium und den Koran beschworen und durch prächtige gegenseitige Geschenke besiegelt.
Karte der Ostküste
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