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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von Afrika. (Facsimile. Alter Kupferstich.)
     
    Der böse Wille, die Nachstellungen und Schwierigkeiten jeder Art, welchen die Flotte bisher begegnet war, verschwanden nun wie durch Zauberschlag, was nur der Offenherzigkeit und Generosität des Königs von Melinde und der Hilfe, die er den Portugiesen gewährte, zuzuschreiben war.
    Treu seinem Vasco da Gama gegebenen Versprechen, sandte der König diesem einen Lootsen aus Guzara, Namens Malemo Cana, einen in der Seefahrt gut bewanderten Mann, der sich der Karten, des Compasses und Quadranten zu bedienen wußte und der Expedition die wichtigsten Dienste leistete.
    Nach einem Aufenthalte von neun Tagen lichtete die Flotte die Anker, um nach Calicut zu gehen.
    Jetzt mußte man auch auf die Gewohnheit der Küstenfahrer, immer längs des Ufers zu segeln, verzichten. Nun galt es, auf dem unendlichen Ocean der Gnade des Höchsten zu vertrauen, ohne jeden anderen Führer, als einen unbekannten Lootsen, der von einem König geschickt worden war dessen Wohlwollen das Mißtrauen der Portugiesen nicht ganz zu besiegen vermocht hatte.
    Dank der Geschicklichkeit und Treue des Lootsen jedoch, wie der Freundlichkeit des Meeres und des Windes, der fortwährend ein günstiger blieb, landete die Flotte nach einer Fahrt von dreiundzwanzig Tagen und warf am folgenden Tage zwei Meilen unter Calicut Anker.
    Groß war die Freude an Bord. Endlich hatte man die reichen Wunderländer vor sich; Anstrengung, Gefahr und Krankheit, Alles ward vergessen; das Ziel so vieler und so langer Anstrengungen war ja errungen!
    Wenigstens schien es doch so, denn noch galt es ja, sich der Schätze und reichen Erzeugnisse Indiens auch wirklich zu bemächtigen.
    Kaum faßte der Anker den Grund, als schon vier Lootsen vom Ufer abstießen und um die Flotte herumglitten, als wollten sie die Matrosen einladen, an’s Land zu gehen. Durch die Erfahrungen in Mozambique und Mombaz aber gewitzigt, sandte Gama einen der miteingeschifften Verbrecher gewissermaßen als Plänkler voraus. Dieser sollte die ganze Stadt durchstreifen und sich von den Verhältnissen der Einwohner unterrichten.
    Umringt von einer Unmasse Neugieriger und bestürmt mit Fragen, auf welche er nicht zu antworten vermochte, wurde dieser vor einen Mauren Namens Moucaïda geführt, welcher Spanisch sprach und dem er mit kurzen Worten den Zweck der Expedition auseinandersetzte.
    Moucaïda begleitete ihn nach der Flotte zurück, und seine ersten Worte, als er die Fahrzeuge betrat, waren: »Gute Aussicht! Gute Aussicht! Viel Rubinen und Smaragde!« Von Stund an wurde Moucaïda als Dolmetscher der Flotte angestellt.
    Da der König von Calicut damals fünfzehn Meilen von seiner Residenz entfernt wohnte, sandte der
Capitam mõr
zwei Leute, um ihn zu benachrichtigen, daß ein Gesandter des Königs von Portugal angelangt sei und Briefe von seinem Souverän mitbringe. Der König beorderte sofort einen Lootsen, die portugiesischen Schiffe nach der sicheren Rhede von Pandarany zu führen, und antwortete, daß er am nächsten Tage in Calicut zurück sein werde. Er beauftragte auch seinen Intendanten oder Catoual, Gama nach dem Lande einzuladen, um daselbst über seine Sendung zu verhandeln. Trotz der flehentlichen Bitten seines Bruders Paul da Gama, der ihm die Gefahren vorstellte, denen er sich selbst und im Falle eines Unglücks die ganze Expedition aussetzte, begab sich der
Capitam mõr
an’s Land, wo ihn eine zahllose Volksmenge erwartete.
    Der Gedanke, daß sie sich unter einem christlichen Volke befänden, wurzelte bei den Theilnehmern der Expedition so fest, daß Gama, als er einer Pagode ansichtig wurde, sogar eintrat, um daselbst seine Andacht zu verrichten. Einer seiner Begleiter, Juan de Saa, dessen Glauben die häßlichen auf die Mauer gemalten Bilder einigermaßen erschüttert hatten, sagte jedoch mit lauter Stimme, indem er niederkniete: »Wenn das auch ein Teufel ist, so vermag ich dabei doch nur zu dem einzigen, wahren Gott zu beten!« eine Bemerkung, welche bei dem Admiral eine auffallende Heiterkeit hervorrief.
    Nahe den Thoren der Stadt wurde die Volksmenge immer dichter. Gama und die Portugiesen hatten, trotz der Führung des Catoual, große Mühe, bis zu dem Palaste zu gelangen, wo der König, der in den Berichten den Titel »Zamorin« hat, sie mit äußerster Ungeduld erwartete.
    Die Portugiesen wurden in einen mit Seidenstoffen und Tapeten prächtig geschmückten Saal geführt, in dem auserwählte, wohlriechende Harze glimmten, und fanden

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