Die Entdeckung der Erde
und ihre Waaren ausgeschifft, so wäre der Admiral schon längst zu seiner Flotte zurückgekehrt.« Gama ertheilte sofort Befehl dazu und richtete ein Comptoir unter Leitung Diego Diaz’, des Bruders vom Entdecker des Caps der Guten Hoffnung, ein und ging darauf an Bord zurück.
Die Muselmanen suchten jedoch dem Verkaufe der Waaren allerlei Hindernisse dadurch in den Weg zu legen, daß sie dieselben zu niedrig schätzten, so daß Gama seinen Vertreter Diaz zu dem Zamorin sandte, um sich über die Perfidie der Mauren und über die schlechte, ihm zu Theil gewordene Behandlung zu beklagen. Gleichzeitig verlangte er die Verlegung seines Comptoirs nach Calicut, wo er für seine Waaren reichen Absatz hoffte. Das Gesuch fand entgegenkommende Aufnahme und es entwickelten sich, trotz der Angriffe der Mauren, recht leidliche Verhältnisse, die bis zum 10. August 1498 anhielten. An diesem Tage begab Diaz sich zum Zamorin, um die bevorstehende Abreise Gama’s zu melden, sowie ihn an sein Versprechen wegen der nach Portugal zu schickenden Gesandtschaft zu erinnern und erbat er sich gleichzeitig je eine Probe aller Erzeugnisse des Landes, die aus dem Erlöse der ersten nach Abfahrt der Flotte verkauften Waaren bezahlt werden sollten, denn die Beamten des Comptoirs beabsichtigten, auch während der Abwesenheit Gama’s, in Calicut zu bleiben.
Der Zamorin, den die arabischen Händler noch fortwährend aufhetzten, verweigerte nicht nur die Erfüllung seines Versprechens, sondern verlangte auch noch 600 Seraphin Zollgebühren. Gleichzeitig ließ er die vorhandenen Waaren mit Beschlag belegen und führte die Beamten der Factorei als Gefangene weg. Ein solcher Schimpf, eine solche Verletzung alles Völkerrechtes forderte strenge Vergeltung. Gama wußte sich aber zu beherrschen; doch als er an Bord den Besuch mehrerer reicher und angesehener Kaufleute empfing, hielt er diese zurück und verlangte vom Zamorin die Auswechslung der Gefangenen. Da die Antwort des Königs über die vom Admiral bestimmte Zeit ausblieb, so ging dieser unter Segel und warf vier Meilen von Calicut Anker. Nach einem wiederholten fruchtlosen Angriff der Hindus kamen die beiden Beamten der Factorei an Bord zurück und Gama wechselte dagegen einen Theil der in seiner Gewalt befindlichen Geiseln aus. Diaz brachte einen von dem Zamorin selbst an den König von Portugal auf ein Pergamentblatt geschriebenen Brief mit. Wir geben diesen hier mit all’ seinem auffallenden Lakonismus wieder, der von dem gewöhnlichen Pomp des orientalischen Styls so bemerkbar abweicht:
»Vasco da Gama, ein Mitbewohner Deines Palastes, kam in mein Land, worüber ich mich freute. In meinem Reiche giebt es viel Zimmet, Nelken und Pfeffer, sowie zahlreiche Edelsteine, und was ich aus Deinem Reiche wünsche, besteht in Gold, Silber, Korallen und Scharlach. Leb’ wohl!«
Am anderen Tage suchte Moucaïda, der Maure von Tunis, der den Portugiesen als Dolmetscher Dienste bei ihren Verhandlungen mit dem Zamorin geleistet hatte, Obdach auf den portugiesischen Schiffen. Da die Waaren nicht zur festgesetzten Frist freigegeben worden waren, beschloß der
Capitam mõr
, mit den als Geiseln zurückbehaltenen Personen abzusegeln. Einige Meilen von Calicut aber wurde die Flotte durch eine totale Windstille aufgehalten, wo sie eine Flottille von zwanzig bewaffneten Barken nochmals zu überfallen suchte, so daß die Artillerie Mühe hatte, jene in angemessene Entfernung zurückzuweisen, bis ein heftiger Sturm sie nöthigte, nahe dem Lande Schutz zu suchen.
Der Admiral segelte längs der Küste von Dekkan hin und hatte einigen Matrosen Erlaubniß ertheilt, an’s Land zu gehen, um Früchte zu holen und Zimmet zu sammeln, als er acht Boote bemerkte, welche auf ihn zuzusteuern schienen. Gama rief seine Leute an Bord zurück und fuhr den Hindus entgegen, welche nichts Eiligeres zu thun hatten, als die Flucht zu ergreifen, wobei sie eine mit Cocosnüssen und Lebensmitteln beladene Barke in den Händen der Portugiesen zurückließen.
Zusammenkunft des Zamorin mit Gama. (S. 236.)
Im Archipel der Lakediven angelangt, ließ Gama den »Berrio« am Boden reinigen und einfetten und sein eigenes Schiff an’s Land legen, um es auszubessern. Die Matrosen waren mit dieser Arbeit beschäftigt, als sie noch einmal, doch auch jetzt nicht mit besserem Erfolge, angegriffen wurden. Da sahen sie am nächsten Tage einen einzelnen Mann von etwa vierzig Jahren auf sich zukommen, der zwar in der Tracht der
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