Die Entdeckung der Erde
Juan de la Cosa, während Amerigo Vespucci wahrscheinlich das Amt des Astronomen der Flotte vertrat.
Vor der auszugsweisen Erzählung der Geschichte dieser Reise geben wir einige Details über jene drei Männer, deren Letzterer in der Geschichte der Entdeckung der Neuen Welt eine um so hervorragendere Rolle spielt, als diese selbst später seinen Namen erhalten hat.
Hojeda, geboren in Cuenca gegen 1465, und erzogen in dem Hause der Herzöge von Medina-Celi, hatte sich die Sporen in den Kriegen gegen die Mauren verdient. Als einer der Abenteurer, welche Columbus für seine zweite Reise angeworben hatte, fand er Gelegenheit, sich wiederholt durch sein kaltes Blut und die Gewandtheit in der Auffindung aller möglichen Hilfsmittel auszuzeichnen. Welche Ursachen führten nun zwischen Columbus und Hojeda zu einem so vollständigen Bruche, trotz der hochwichtigen Dienste, welche der Letztere, vorzüglich im Jahre 1495, geleistet hatte, wo er die Schlacht von La Vega entschied, in der die ganzen verbündeten Karaïben vernichtet wurden? Man weiß das nicht. Jedenfalls aber fand Hojeda bei seiner Rückkehr nach Spanien in Fonseca eine Stütze und einen mächtigen Beschützer. Der Minister für Indien soll ihm sogar, wie man behauptet, das Journal der letzten Reise des Admirals und dessen Karte der neuentdeckten Gebiete ausgeantwortet haben.
Der erste Steuermann Hojeda’s war Juan de la Cosa, wahrscheinlich aus Santona in Biscayen gebürtig. Er war oft längs der Küste Afrikas gesegelt, bevor er Columbus auf der ersten und zweite Reise begleitete, wobei ihm die Functionen des Kartographen (
maestro de hacer cartas
) oblagen.
Als Zeugnisse der kartographischen Geschicklichkeit La Cosa’s besitzen wir zwei sehr merkwürdige Karten: die eine enthält alle Angaben über Landungen in Afrika bis zum Jahre 1500; die auf Pergament gezeichnete und sorgfältig colorirte andere aber die Entdeckungen Columbus’ und seiner Nachfolger.
Der zweite Steuermann war Barthelemy Roldan, gleichfalls ein Theilnehmer an Columbus’ Reise von Paria aus.
Amerigo Vespucci’s Obliegenheiten schienen etwas unbestimmt gelassen zu sein; er sollte ganz im Allgemeinen »entdecken helfen« (
ajutore a discoprire
lautet der italienische Text seines Briefes an Soderini).
Geboren zu Florenz am 9. März 1451, gehörte Amerigo Vespucci einer vornehmen und sehr wohlhabenden Familie an. Er hatte Mathematik, Physik und Astrologie, wie man sich damals ausdrückte, mit gutem Erfolge studirt, wogegen seine Kenntnisse in der Geschichte und Literatur nur oberflächlicher und untergeordneter Art gewesen zu sein scheinen. Gegen 1492 verließ er Florenz ohne bestimmten Zweck und begab sich nach Spanien, wo er zuerst Handelsgeschäfte betrieb. So findet man ihn in Sevilla als Geschäftsführer in dem bedeutenden Hause seines Landsmannes Juanoto Berardi. Da Columbus von eben diesem Hause die Mittel zu seiner zweiten Reise erhielt, darf man wohl annehmen, das Vespucci den Admiral zu jener Zeit gekannt habe. Mit dem 1495 erfolgten Tode Juanoto’s trat Vespucci auf Wunsch der Erben überhaupt an die Spitze des Hauses.
Entweder müde einer Stellung, die in keinem rechten Verhältnisse zu seinen Fähigkeiten stand, ergriffen von dem herrschenden Reisefieber, oder in dem Glauben, sich in den neuen, als so reich geschilderten Ländern schnell ein Vermögen erwerben zu können, schloß sich Vespucci 1499 der Expedition Hojeda’s an, wie die gerichtliche Aussage des Letzteren in dem von dem Fiscus gegen Columbus’ Erben angestrengten Processe bestätigt.
Die aus vier Fahrzeugen bestehende Flottille ging am 20. Mai von Santa-Maria aus unter Segel, steuerte nach Südwesten und gebrauchte nur siebenundzwanzig Tage, um den amerikanischen Continent, und zwar an einem Punkt zu erreichen, der den Namen Venezuela erhielt, weil die auf Pfählen erbauten Wohnhäuser am Strande unwillkürlich an Venedig erinnerten. Nach wiederholten vergeblichen Versuchen einer mündlichen (Verständigung mit den Wilden, deren er sich vielmehr einige Male mit Waffengewalt erwehren mußte, fand Hojeda die Insel Margarita und kam nach einer Fahrt von achtzig Meilen östlich des Orinoco im Golfe von Paria in einer Bai an, welche den Namen las Perlas erhielt, weil deren Uferbewohner lebhafte Fischerei auf Perlenmuscheln betrieben.
Gestützt auf Columbus’ Karten, segelte Hojeda dann durch den Drachenmund, der Trinidad vom Continent trennt, und gelangte im Westen bis zum Cap la Bela.
Amerigo
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