Die Entdeckung der Erde
Vespucci. (Facsimile. Alter Kupferstich.) (S. 278.)
Endlich ging er, nach einem Besuche der Karaïbeninseln, wo viele Gefangene gemacht wurden, die in Spanien verkauft werden sollten, am 5. September 1499 in Yaquimo auf der Insel Espagnola vor Anker.
Der Admiral, der die Kühnheit und den unruhigen Geist Hojeda’s sehr wohl kannte und davon nur neue Störungen der Ordnung in der Kolonie befürchtete, sandte Francisco Roldan mit zwei Caravellen ab, um die Ursachen seiner Hierherkunft zu erfahren und sich im Nothfalle einer Landung zu widersetzen. Des Admirals Muthmaßungen erwiesen sich nur zu richtig. Kaum am Lande, verständigte sich Hojeda mit einer Anzahl Unzufriedener, zettelte in Navagua einen Aufstand an und beschloß, Columbus einfach zu vertreiben. Nach einigen zu seinem Nachtheile ausgefallenen Scharmützeln mußten sich Roldan, Diego de Escobar und Juan de la Cosa in’s Mittel schlagen, um Hojeda zum Verlassen der Insel Espagnola zu bewegen. Er führte, sagt Las Casas, eine werthvolle Ladung Sklaven mit sich, die er auf dem Markte von Cadix für eine ganz enorme Summe verkaufte. Im Februar 1500 kehrte er nach Spanien zurück, wohin ihm die schon am 18. October 1499 angelangten A. Vespucci und F. Roldan zuvorgekommen waren.
Der von Hojeda bei dieser Reise erreichte südlichste Punkt ist der vierte Grad nördlicher Breite und es dauerte seine eigentliche Entdeckungsfahrt nicht länger als drei und einen halben Monat.
Wenn wir uns trotzdem über obige Expedition etwas ausführlicher verbreitet haben, so geschah es, weil jene die erste Reise Vespucci’s war. Verschiedene Autoren, vorzüglich Varnhagen, und in der letzten Zeit noch H. Major in seiner Geschichte Prinz Heinrichs des Seefahrers, behaupteten, Vespucci’s erste Reise falle in das Jahr 1497, er habe folglich das Festland Amerikas eher gesehen als Columbus. Uns kam es darauf an, das Datum des Jahres 1499 festzustellen, wobei wir uns sowohl auf die Autorität Humboldt’s stützen, der seiner Untersuchung der Geschichte der Entdeckung Amerikas so viele Jahre widmete, als auf Ed. Charton und Jules Codine, der diese Frage bei Gelegenheit des Major’schen Werkes im Bulletin der Pariser geographischen Gesellschaft vom Jahre 1873 eingehend behandelt.
»Doch wenn es auch wahr wäre, sagt Voltaire, daß Vespucci das eigentliche Festland zuerst entdeckt hätte, so gebührt der Ruhm ihm immer noch nicht: er kommt nur Dem zu, der das Einsehen und den Muth hatte, die erste Reise zu unternehmen, also Columbus. Der Ruhm ziert, wie Newton in seinem Streite mit Leibnitz sagt, nur den Erfinder, den Urheber einer Idee Wie vermag man aber, sagen wir mit Codine, an eine Expedition im Jahre 1497 zu glauben, bei welcher achthundertfünfzig Meilen der Festlandküsten entdeckt worden wären, ohne daß von derselben der mindeste Beweis auf uns gekommen wäre, weder in den Aufzeichnungen der zeitgenössischen Geschichtsschreiber, noch in den gerichtlichen Aussagen, in welchen, bei Gelegenheit des Processes der Erben Columbus’ gegen die spanische Regierung, im Gegentheil die Prioritätsansprüche jedes Expeditions-Führers auf jeden Theil der befahrenen Küste festgestellt wurden?«
Endlich beweisen authentische Documente aus den Archiven der
Casa de Contratacion
, daß Vespucci von Mitte August 1497 bis zur Abreise Columbus’ am 30. Mai 1498, in Sevilla und San-Lucar mit Ausrüstung der zu dessen dritter Expedition bestimmten Schiffe betraut gewesen ist.
Die vorhandenen Berichte über Vespucci’s Reisen sind alle sehr unklar, sowohl bezüglich der Darstellung der Thatsachen, als auch der Zeitfolge derselben; sie bezeichnen die Punkte, welche jener besuchte, so oberflächlich und unbestimmt, daß ihre Beschreibung fast auf jeden beliebigen Küstenpunkt paßt, und lassen auch über die Begleiter Vespucci’s so viele Zweifel übrig, daß sic dem Geschichtsschreiber keinerlei verläßlichen Anhaltspunkt bieten. Man findet keinen bekannten Namen und nichts als einander widersprechende Daten in jenen Schriftstücken, welche nur durch die große Menge Commentare, zu denen sie Veranlassung gaben, merkwürdig sind. »Es ist, sagt A. von Humboldt, als ob ein besonderes Verhängniß gewaltet habe, daß alle auf den florentinischen Seefahrer bezüglichen Documente sich nur durch eine seltene Unklarheit und Verwirrung auszeichnen.«
Wir erzählen die erste Fahrt Hojeda’s, mit der ja Vespucci’s erste Reise zusammenfällt, nach Humboldt, der die wichtigsten
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